ORTSGESCHEHEN 7 402
Travemünde 10.10.2016
Schwarzbuch und Schadenersatzforderungen
Management der Travemünder Flüchtlingsunterkünfte sorgt seit Jahren für Negativ-Schlagzeilen
Das muss man erstmal hinkriegen: Mit den Unterkünften für Flüchtlinge in Travemünde schaffte es die Hansestadt Lübeck gleich zweimal hintereinander ins bekannte »Schwarzbuch der Steuerzahler«. Vergangenes Jahr mit der Wiekstraße und jetzt mit der Ostseestraße. Doch damit ist es noch nicht genug.
Travemündes größte Gemeinschaftsunterkunft entsteht derzeit in der Ostseestraße. Schon der Auftrag zum Bau des 8,3-Millionen-Projektes lief nicht seriös ab: Der amtierende Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) überging die politischen Gremien (TA berichtete).
Kürzlich wurde Richtfest gefeiert (TA berichtete), im Dezember sollen die ersten Bewohner einziehen. Die Betreuung der Anlage übernehmen DRK und Johanniter.
Jetzt wird das Projekt auch noch von einem Eintrag im »Schwarzbuch der Steuerzahler« überschattet. Dort wird moniert, dass die für Millionen Euro errichteten Bauten in zehn Jahren schon wieder abgerissen werden. Auch die hohe Miete wird angeprangert. Ob das Objekt überhaupt jemals voll belegt sein wird, wurde schon bei mehreren Gelegenheiten in Frage gestellt. »Das Risiko einer Unterbelegung trägt der Steuerzahler«, heißt es im Schwarzbuch.
Auszug aus dem »Schwarzbuch der Steuerzahler 2016
»Und so baut die KWL jetzt für mindestens 8,3 Mio. Euro 6 neue Holzhäuser, die nach 10 Jahren wieder abgerissen werden müssen. Damit sich das finanziell rechnet, kalkuliert man mit einer Kaltmiete von 16,40 Euro je m2, die von der Stadt zu tragen ist. Das Risiko einer Unterbelegung trägt der Steuerzahler. Zum Vergleich: Der Mietspiegel für die Hansestadt Lübeck legt eine Höchstmiete von 12 Euro pro m2 fest. Für geförderte Wohnungen werden 7 Euro verlangt, für Sozialwohnungen sind es maximal 5,60 Euro pro m2«
Quelle: Auszug »Schwarzbuch der Steuerzahler« 2016
Im Vorjahr hatte es das ehemalige Wohnheim in der Wiekstraße ins Schwarzbuch geschafft (TA berichtete). Das städtische Gebäude war ohne Ausschreibung verkauft worden, obwohl es mehrere Interessenten gab. Vom Kaufpreis zog die Stadt noch die Abbruchkosten ab, obwohl gar nicht abgerissen werden sollte. Die Verwaltung wollte die Immobilie ja als Flüchtlingsunterkunft zurückmieten. Der »Priwall-Deal« hätte Fachbereichsleiter Sven Schindler (SPD) fast die Wiederwahl gekostet. Nur eine politische Ungeschicklichkeit der damaligen GRÜNEN rettete ihn in die nächste Amtszeit.
Auszug aus einem nicht-öffentlichen Protokoll des Wirtschaftsausschusses:
»Herr Reinhardt erkundigte sich nach dem letzten Sachstand zur Immobilie in der Wiekstraße auf dem Priwall. Herr Schindler verweist hierzu auf die bestehende Beschlusslage der Bürgerschaft. Diese ist dem Eigentümer der Immobilie als Verhandlungsangebot vom Bereich Wirtschaft und Liegenschaften zugleitet worden. Eine Nachzahlung auf den Kaufpreis und Nachweis der Investition wurden vom Anwalt des Eigentümers abgelehnt. Der Anwalt hat nunmehr seine Schadenersatzforderung gegen die HL in Höhe von 67.000 Euro erhoben. Der Vorgang ist dem Bereich Recht der HL zur weiteren Prüfung übergeben worden.«
Quelle: Auszug Protokoll Kurbetriebs- und Wirtschaftsausschuss
Dabei beschäftigt das Wohnheim-Thema noch heute die Ausschüsse: Der Anwalt des Käufers fordert von der Stadt 67.000 Euro Schadensersatz. Nicht bekannt ist, auf welcher Grundlage diese Forderung erhoben wird. TA
Kommentare
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Kommentar von F.Kaehler am 10.10.2016 [3,0/95]
... das Risiko der Unterbelegung trägt der Herr Saxe und nicht der Steuerzahler!! »Sorry«, aber da sollten doch die Mitglieder der Lübecker Bürgerschaft endlich einmal ihren trägen ... bewegen. Wie lange wollen sich CDU, Grüne & Co. noch dieses klebrige SPD – gibst Du mir, geb ich Dir – Theater anschauen ? Hallo ihr politisch überaus aktiven Lübecker CDUler, wir nähern uns wichtigen Wahlterminen. Diese ganze Lübecker – incl. Travemünder – SPD Gesellschaft wirkt zunehmend unverdaulich für ein weiteres sozial ausgeglichenes Miteinander in Lübeck sowie auch in Travemünde.
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Kommentar von Ira Quaestio am 10.10.2016 [1,9/76]
Was der Bund der Steuerzahler immer in seinem Schwarzbuch in die Welt der braven Bürger schmettert, ist Labsal für die Seele unserer guten Menschen, die in einem Bürgermeister natürlich immer den sehen, der mal wieder was verbockt hat. Oder statt dessen auch mal wieder bewiesen wurde, wie blöde die Verwaltung sei, ersatzweise auch die Politiker natürlich. Und zahlen muss natürlich immer der Bürger. Dabei frage ich mich, wer zahlt denn eigentlich den Bund der Steuerzahler? Sind das auch die Steuerzahler? Und wer prüft denn, ob das was der so von sich gibt, auch immer stimmt? Oder kann – sorry – darf es gar nicht sein, dass der irrt ? Und wenn ich annehmen muss, dass der sich auch mal irren kann, über was kann ich mich denn dann noch aufregen?
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Kommentar von Justus Oekonomicus am 10.10.2016 [1,8/58]
Hallo Quaestio, Sie machen sich aber Sorgen. Gäbe es ein Schwarzbuch über die Wirtschaft, so könnten Sie sich über den VW-Konzern aufregen. Während der Bund der Steuerzahler in 2016 lediglich über ein paar hundert Milliönchen zum Fenster hinausgeschmissenes Geld lamentiert, hat der VW-Konzern mit seiner Abgaskatastrophe wahrscheinlich tausende Milliönchen (= Milliarden) in den Sand gesetzt. Bezahlt haben das die VW-Käufer – wer sonst? Und wenn Ihnen Ihr Handwerker beim letzten Besuch zur Anfahrt eine Fahrpauschale berechnet, als er mit seinem VW-Lasterchen anreiste, dann haben Sie auch dem Konzern Geld gegeben, von dem demnächst in den USA und auch bei uns jede Menge gebraucht wird, um Strafen und Schäden zu zahlen. Aber irgendwie regt sich da keiner auf – jetzt sind Sie dran Herr/Frau Quaestio. Das ist doch ein herrlicher Aufreger! Viele Travemünder sind voll betroffen!
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Kommentar von Hermann am 11.10.2016 [2,5/61]
Der Bund der Steuerzahler ist ein Verein und wird von Mitgliederbeiträgen und Spenden bezahlt! Somit werden KEINE Steuergelder hier verschwendet! Es ist gut, dass es diesen Verein gibt – oft Ausgezeichnet – damit die Verschwendung der politischen Fehlentscheidungen einmal dem Steuerzahler angezeigt wird! Jeder Unternehmer der so wirtschaftet überlebt nicht lange und wird zur Rechenschaft gezogen! Wer haftet in der Politik für die Fehlentscheidungen? Auch wenn die Themen des Steuerzahlerbundes manchmal überspitzt dargestellt sind, so sind sie doch wahr. Was in Lübeck passiert, ist zum Haare raufen schlimm – diese Fehler bezahlen die Steuerzahler!!!
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Kommentar von F.Kaehler am 11.10.2016 [2,1/52]
@ Ira Q. > ... einmal »googlen« > Wikipedia aufrufen >...steuerzahler.de ... >BdSt.
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Kommentar von Klaus Palte am 13.10.2016 [1,5/31]
Hallo Herr Hermann, ja was in Lübeck Passiert ist schlimm. War denn das Millionengrab an Steuergeldern, nämlich der Flughafen Blankensee schon im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler? Nein? Dagegen aber diese Peanuts vom Wohnheim auf dem Priwall. Warum eigentlich das Wohnheim und nicht auch der Flughafen? Vielleicht hängt das mit der Zusammensetzung der Mitglieder des Bundes der Steuerzahler zusammen. Googeln Sie doch mal! Und vielleicht auch mal unter »Kritik am Bund der Steuerzahler«. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus.
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Kommentar von Hermann am 14.10.2016 [1,3/29]
Hallo Herr Palte, natürlich haben Sie recht – es gibt für alles 2 Seiten. Ich kenne auch die Kritik am Bund der Steuerzahler, dennoch finde ich es wichtig, dass – auch wenn man sich fragt, warum das Eine und nicht das Andere erwähnt wird – die Bürger einmal sehen was für Unsinn mit den Steuereinnahmen passiert. Als Lübecker/Travemünder sind die derzeitigen Veränderungen ( Flüchtlingsunterkunft für 8 Millionen und mit nur 10 Jahren Bestandszeit, Investoren die den Himmel versprechen und die Hölle bauen usw. ) schwer zu verdauen. Auch hier kann man – wenn man die Mietpreise für das Flüchtlingsheim sieht, von großer Steuerverschwendung sprechen. Aber Herr Palte, kann jeder sich ein eigenes Bild vom Steuerzahlerbund machen. Ich finde es gut, dass einiges vor Augen geführt wird und sehe natürlich die Dinge von beiden Seiten. Mit besten Grüßen
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