ORTSGESCHEHEN
Travemünde 29.11.2018
»Schmalspur-Bürgerservice?«
»Neues Stadtteilbüro« für Travemünde wird nur Außenstelle von Kücknitz
Von einem »stadtteilbezogenen Modellprojekt« hatte die Verwaltung gesprochen, als im Jahre 1997 das Travemünder Stadtteilbüro eröffnet wurde. Am 20. Dezember 2013 war es dann wieder vorbei mit dem Bürgerservice vor Ort (TA berichtete), Folge eines Beschlusses von SPD, Grünen und Freien Wählern. Im Bürgermeisterwahlkampf 2017 wurde die Rückkehr des Stadtteilbüros dann zum großen Thema und im kommenden Jahr soll es soweit sein.
»Gerade auch die Wählerinnen und Wähler aus Travemünde werden sich entscheiden müssen, ob sie zukünftig einen Bürgerservice aus dem Koffer möchten, ein paar Stunden die Woche, oder ob sie tatsächlich einen Bürgerservice vor Ort in festen Einrichtungen wollen«, hatte Bürgermeisterkandidat Jan Lindenau (SPD) vor einem Jahr mitten im Bürgermeister-Wahlkampf gesagt (TA berichtete). Mancher Travemünder mag da etwas anderes erwartet haben als das, was jetzt kommt: »Schmalspur-Bürgerservice« hatte Heino Haase von der Wählergemeinschaft »Die Unabhängigen« das kürzlich in einem Kommentar auf »Travemünde Aktuell« genannt.
Das Thema »Stadtteilbüro« rückte im Oktober diesen Jahres wieder in den Fokus der Öffentlichkeit, als Senator Ludger Hinsen (CDU) auf einer Stadtteilkonferenz (TA berichtete) ankündigte, das Büro werde im kommenden Jahr in einem Konferenzraum des Kurbetriebs eingerichtet. »Es wird nicht mehr das alte Stadtteilbüro wie früher sein, es wird ein besseres Stadtteilbüro sein«, hatte Hinsen verkündet. Mit Meldewesen, Zulassungs- und Führerscheinwesen. »Möglicherweise demnächst auch Gewerbeangelegenheiten.«
Wie das neue Travemünder Stadtteilbüro gestaltet wird, das erklärte Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) diese Woche noch einmal im Hauptausschuss: »Wir gehen organisatorisch nicht davon aus, dass wir sozusagen einen laufenden Betrieb haben, sondern wir reden über eine Außenstelle eines eigentlich größeren Stadtteilbüros in Kücknitz.«
Die Öffnungszeiten stehen noch nicht ganz fest. In den letzten Jahren des alten Büros waren sie auch schon nicht üppig, besser werden sie wohl kaum: An ein bis zwei Tagen »je nachdem wie der Bedarf ist«, sagte Senator Ludger Hinsen im Hauptausschuss, solle das neue Büro geöffnet haben. Wahrscheinlicher sei ein Nachmittag. Nach Elternprotesten aufgrund von Sicherheitsbedenken dürfen sich Stadtteilbüro-Besucher und Kinder auf den Fluren nicht begegnen (TA berichtete). Bis alle Kinder raus sind aus der Schule (inklusive offene Ganztagsschule) ist es aber 16:00 Uhr. Will man die Servicezeiten von früher wieder erreichen, müsste das Büro dann bis 20:00 oder 22:00 Uhr geöffnet haben.
Allzuviel Zukunft wird das Stadtteilbüro in der Stadtschule ohnehin nicht haben: Sollte sich die Stadtschule erweitern und der Kurbetrieb deshalb ausziehen müssen, womit in den nächsten zwei Jahren zu rechnen ist, soll das Stadtteilbüro automatisch mit umziehen. Kein Problem für die Verwaltung: »Wir sind da innerhalb von einer Stunde raus«, hatte Senator Hinsen versprochen. »Wir müssen nur unsere Laptops zuklappen und da wieder rausgehen.«
Das klingt, zumindest für Travemünde, kurioser Weise ziemlich genau nach dem Konzept der unterlegenen Bürgermeister-Kandidatin Kathrin Weiher (parteilos). Die wollte den Bürgerservice in den Schulen anbieten. »Dass die Leute da ein bis zweimal die Woche ihre Papiere beantragen können«, hatte Weiher im Wahlkampf gesagt. TA
TA-Lesetipps zum Thema:
Statement von Jan Lindenau (SPD) im Bürgermeister-Wahlkampf zum Thema Stadtteilbüro (15.11.2017)