POLITIK
Travemünde 19.01.2010
SPD zu mimosenhaft fürs politische Tagesgeschäft?
Zahn will Petersen wegen fieser Pressemitteilungen abwählen – aber dann doch lieber nicht
Eigentlich hätte der Kurbetriebsausschuss mit seiner Sitzung am Dienstag in fünf Minuten durch sein können: Die Vorlagen zum Flächenmanagement wurden zur Kenntnis genommen, die Sanierung der Strandpromenade auch mit »nur« 75prozentiger Förderung befürwortet. Doch dann kam doch noch eine dieser lokalpolitischen Perlen, bei denen man sich wahlweise entsetzt oder amüsiert zurücklehnen kann: Die SPD wollte den Ausschussvorsitzenden Klaus Petersen (CDU) abwählen lassen – wegen seiner Pressemitteilungen als stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion in der Lübecker Bürgerschaft; und wegen unkommentierter Leserbriefe.
Ausschussmitglied Frank Zahn (SPD) bat, die Tagesordnung erweitern zu lassen um den Tagesordnungspunkt: »Abwahl des Vorsitzenden Kurbetriebsausschuss Travemünde«. Petersen wirkte nicht überrascht und ließ die Tagesordnung ergänzen. »Das bin ich gewohnt«, meinte er. Grade von der SPD. »Auch von ihrem Herrn Thieß. Davon lebt man ja«, frotzelte Petersen.
Das Publikum musste sich dann bis zu Tagesordnungspunkt 7 gedulden, dass die Geschichte weiterging. Frank Zahn durfte nun seinen Abwahl-Antrag begründen und verwies erstmal auf die eigentlich gute und vernünftige Zusammenarbeit im Ausschuss, die Klaus Petersen in der Presse zerstöre, wo er sich unqualifiziert zu Wort melde. Zahn verlas dann Petersens Pressemitteilung »SPD ist auf dem Irrweg«. Auf Petersens Nachfrage »Was ist denn sachlich falsch daran?« antwortete er nicht. Stattdessen wurde noch die Petersen-Pressemitteilung verlesen »Waterfront – SPD ist schuld«.
Weiter ging es mit dem Spiegel-Bericht vom Februar 2009, wo eine Hotelgesellschaft 100.000 Euro an die CDU gespendet habe. Zahn warf Petersen vor, auf einen Leserkommentar zu dem Artikel, der auch auf HL-live.de (nur noch im Archiv verfügbar) erschienen war, nicht geantwortet zu haben. Nun reagierte Petersen doch ein wenig verärgert: »Fangen Sie nicht so einen Quatsch hier an«, forderte er Zahn auf. Bei dem SPIEGEL-Bericht sei es um Gelder aus Zypern gegangen, die nach Berlin überwiesen wurden. Er hätte sich dazu auch in der Presse geäußert, Zahn das aber wohl nicht gelesen.
Überraschend zog Frank Zahn etwas später dann seinen Antrag auf Abwahl von Klaus Petersen zurück.
Und nun ging die Sache für die SPD irgendwie nach hinten los: Meinhard Wichmann (CDU) meinte, der Antrag sei sowieso völlig unzulässig gewesen. Politische Äußerungen gehörten außerdem zum Tagesgeschäft und er könne nicht erkennt, was das mit dem Kurausschuss zu tun habe.
Karl Erhard Vögele, seit heute für die FDP auch in der Bürgerschaft, wollte unterschieden wissen, wenn Petersen seine Äußerungen als Vorsitzender des Ausschusses, als Politiker oder als Bürgerschaftsmitglied tätigt. Den Antragstellern warf er einen »Missbrauch dieses Ausschusses« vor. Wenn man politisch angegriffen werde, müsse man zurückschießen, das sei politisches Tagesgeschäft. Und Meinhard Wichmann ergänzte, »da sollte man nicht so mimosenhaft sein«. TA