SCHULE 5 258
Travemünde 27.11.2018
Eltern sorgen sich um die Sicherheit ihrer Kinder
Politik spricht mit Betroffenen über die Pläne für das Stadtteilbüro in der Stadtschule
Politiker holen jetzt nach, was Innensenator Ludger Hinsen (CDU), so jedenfalls die Vorwürfe, versäumt hat: Über die Pläne für das Stadtteilbüro in der Stadtschule auch mit den Betroffenen, nämlich dem Schulbetrieb, zu sprechen. Travemünder Eltern fürchten um die Sicherheit ihrer Kinder.
Am Montag besuchten zunächst Jochen Mauritz (CDU) und kurz darauf André Kleyer (Grüne) und Ali Alam (Die Partei) die Stadtschule. Travemündes Grundschule ist weit über die Ortsgrenzen hinaus bekannt: Sie ist Modellschule für digitales Lernen im Land. Jeden Monat würden 40 bis 50 Lehrkräfte aus der ganzen Republik die Schule besuchen, berichtete Rektor Michael Cordes bei einer kurzen Führung. Das sei etwas, wo man als Stadt stolz drauf sein könne.
Doch seit die Stadtteilbüro-Pläne auf einer Stadtteilkonferenz im Oktober öffentlich wurden (TA berichtete), wachsen die Sorgen der Eltern. Erste Berichte dazu waren Anfang November erschienen (TA berichtete). »Die treibende Kraft ist die Elternschaft«, stellt Rektor Michael Cordes jetzt im Gespräch mit den Politikern aus Lübeck und Travemünde klar.
Die Ursprünge der heutigen Probleme liegen schon etwas zurück: Im Jahre 2012 gab es auch in der Stadtschule sinkende Schülerzahlen. Und daraus folgend die Pläne, die Schule abgeschottet vom Rest des Gebäudes im hinteren Bereich stattfinden zu lassen. Und zur Straße hin Räume für den Kurbetrieb, Bücherei, Stadtteilbüro und Politessen zu nutzen. Doch daraus wurde nichts, nur der Kurbetrieb und später die Politessen zogen ein. Dann stiegen die Schülerzahlen massiv auf jetzt über 200 Kinder. Die Aula im vorderen Bereich der Schule, ursprünglich Bücherei werden sollte, wird inzwischen intensiv von den Kindern genutzt, sei es für Theater- oder Musikunterricht. So nutzen jetzt schon Schüler, Politessen sowie Mitarbeiter und Besucher der Kurverwaltung den Flur beim Haupteingang: Wer ins Gebäude kommt, steht erst einmal im Vorraum zwischen den Kindern.
Dazu kommt die Raumnot der Nachmittagsbetreuung, der offenen Ganztagsschule mit etwa 100 Kindern. »Die haben einen einzigen Raum«, erklärt Rektor Michael Cordes. Dazu nutzen die Kinder die Bücherei der Schule. Wobei es aber nicht ideal sei, wenn Kinder dort spielen würden, wie der Rektor erklärte: »Weil dann »die Systematik der Bücherei nicht zwingend erhalten bleibt.« Zurzeit werden Kinder von 11:30 bis 15:00 Uhr in der offenen Ganztagsschule betreut, im nächsten Jahr sogar bis 16:00 Uhr. Aufgrund der Raumnot nutzen sie auch den Flur. »Das klappt jetzt, weil wir herausragend gute Mitarbeiter haben. Nur deswegen«, sagte Rektor Cordes im Gespräch mit den Politikern. Die Mitarbeiter seien natürlich auch »massiv unzufrieden« mit den Arbeitsbedingungen, ergänzte er.
Wobei Cordes, stets im Konsens bemüht, auch nachvollziehen kann, dass es Nutzungskonflikte mit dem Kurbetrieb gibt: »Wenn die oben ihren Jahresabschluss machen müssen und hier unten ist Halligalli mit vierzig Mann.«
Gingen die bisherigen Einrichtungen noch mit vergleichsweise wenig Publikumsverkehr einher, soll nun auch noch ein Stadtteilbüro in die Schule einziehen. Das Problem: Wie soll verhindert werden, dass Menschen, die dort ihre Verwaltungsangelegenheiten regeln wollen, mit den Kindern in Kontakt kommen? Bei Büros mit Meldeangelegenheiten, erinnerte Rektor Cordes an entsprechende Medienberichte, würden ja auch mal Leute auftauchen, »die ein bisschen Krawall machen.« Da stellt sich die Frage: Wer soll das verantworten?
Ein Lösungsvorschlag ist eine Glaswand, die den Haupteingang zum Schulflur hin abtrennt. Nächstes Problem dabei: »Im Moment sind die Toiletten mitten im Schulgebäude«, erläuterte Rektor Cordes. »Auch für die Mitarbeiter.« Und die Besucher des Stadtteilbüros?
Zur jetzt bereits bestehenden Raumnot der Schule kommt noch hinzu, dass Travemünde sowohl im Tourismus als auch bei der Bevölkerung durch die zahlreichen Neubauprojekte wachsen soll. Da liegt nahe, dass Schule, Kurverwaltung und Stadtteilbüro in Zukunft wachsen werden. Für die Schule kann Rektor Cordes sogar eine Prognose zitieren, die die Stadt in Auftrag gegeben habe: Demnach soll die Zahl der Grundschüler in vier Jahren von jetzt 200 auf dann 315 Kinder ansteigen. Die Folgen sind ebenfalls bereits jetzt zu spüren: Gut zehn Kinder hätten dieses Jahr abgelehnt werden müssen, berichtete der Rektor den Politikern.
Die Schule hat aufgrund der Situation schon seit Jahren einen Mehrbedarf an Räumlichkeiten angemeldet. Würde die Kurverwaltung ausziehen, könnten die Räume im Erdgeschoss ohne große Umbauten für die Schulverwaltung genutzt werden, die oberen Räume des Kurbetriebs würden zu Klassenzimmern. Eine (noch kleine) Dreizügigkeit (drei Parallelklassen für jeden Jahrgang) wäre möglich, es müssten keine Kinder mehr abgelehnt werden. Und der Stadt bliebe vielleicht ein kostenintensiver Neubau einer weiteren Schule erspart, wenn die neuen Baugebiete umgesetzt sind.
Nicht beantwortet werden konnte am Ende die Frage von Ali Alam zu den Plänen für das Stadteilbüro: »Muss man nicht den Schulleiter auch in die Gespräche mit einbeziehen?«, fragt er. Die Frage kann wohl nur der Senator beantworten. TA
»Aus einem Stadtteilbüro in der Stadtschule würden gravierende Probleme entstehen:
1 – Alle Besucher müssen durch die Schule gehen.
Sie mischen sich mit den Kindern, haben Zugriff auf Eure Kinder und deren Wertsachen sowie persönliche Daten. Es könnten Fotos gemacht werden. Es kann etwas entwendet werden.
2- Toiletten gibt es nur im Untergeschoss für Schüler und Besucher zusammen! Auch hier haben Fremde Zugriff auf Eure Kinder.
3 – Es sollen Parkplätze auf dem Schulhof errichtet werden. Die Zufahrt soll über den engen Hirtengang erfolgen. Hier besteht eine hohe Unfallgefahr.
4 – Ein Stadtteilbüro ist ein öffentlicher Raum, zu dem jeder Zugang hat. Auch wer nur mal schauen kommen möchte oder Zugang zum kostenfreien Wlan sucht, kann einfach in die Schule und zu den Kindern. Und die Kinder haben Zugang zum ungeschützten Internet.
Wir sind der Meinung, dass die Schule ein geschützter Raum für Kinder sein und bleiben soll. Wir finden ein Stadtteilbüro in der Stadtschule unzumutbar. Die Profilierung einzelner Politiker wird auf dem Rücken unserer Kinder ausgetragen.«
Quelle: Rundbrief Elternbeirat