POLITIK
Travemünde 26.03.2011
6 Millionen Euro für 10.000 statt für 70.000 Quadratmeter:
Conplan-Entwickler Volker Spiel rechnet Grundstückspreise nach BiP-Konzept vor
Die »Bürgerinitiative behutsame Priwall-Entwicklung« hatte am Freitag zu ihrer 8. Bürgerversammlung in die Passathallen geladen. Referent war diesmal Volker Spiel von der Firma Conplan, der das Projekt der BiP begleiten soll und Fragen zur Finanzierung beantwortete. Siegbert Bruders, stellvertretender Vorsitzender der BiP, forderte die Teilnehmer ausdrücklich auf, Fragen zu stellen, denn das Konzept der BiP sei ein Entwicklungskonzept und kein »in Beton gegossenes Endprodukt.«
Eckhard Erdmann, 1. Vorsitzender der BiP, ging zunächst auf die aktuellen Entwicklungen beim Aqua-Top-Glände ein. Die Stadt gehe da von einem Quadratmeterpreis von 730 Euro aus. »Ich möchte nur noch einmal betonen, dass der Bereich des Waterfront-Projektes mit 76 Euro der Quadratmeter veräußert wurde. Nur als Größenvergleich«, sagte Erdmann. Der Stadt ginge es beim Aqua-Top ja darum, möglichst viel Geld einzunehmen. Da wolle er das doch noch einmal vergleichend darstellen. Erdmann ging auch darauf ein, dass der Bausenator keinen zusätzlichen Bedarf für 1.000 Hotelbetten in Travemünde sähe (TA berichtete). »Er sieht keinen Bedarf für 1.000 Betten in Travemünde; dann haben wir 3.000 Betten hier auf dem Priwall. Auch da zeigt sich wieder, dass es keine konzeptionelle Grundausrichtung zum Thema Tourismus in Travemünde gibt. Jeder agiert so, wie er es grade möchte, wie es passt oder wie es politisch opportun ist«, meinte Erdmann.
Siegbert Bruders warf sowohl der Lübecker und Travemünder Politik als auch Projektplaner Hollesen vor, dass keiner konzeptionell irgendetwas zu bieten hätte. »Wenn wir nach Konzepten fragen, dann heißt es, wir wollen dreitausend Betten. Das ist kein Konzept, das ist eine quantitative Angabe«, sagte Bruders. Alles was die BiP an konzeptionellem auf die Beine gestellt habe, werde aber beiseite gewischt. Auch das touristische Entwicklungskonzept der Stadt selbst, das Fachleute erarbeitet hätten, »auch das wird beiseite getan zugunsten irgendwelcher Besserwisserei.« Auch was an Vorschlägen von der TWG oder sonst woher käme: »Es sind immer nur Zahlen. Es wird nicht gesagt, wir wollen ein bestimmtes Segment an Touristen. Oder wir überlegen, das und das auszubauen. Sondern immer nur: Wir müssen so ähnlich wie Timmendorfer Strand sein, wir müssen ähnlich wie Boltenhagen sein, und das war es dann«, geriet Bruders ein wenig in Wallung.
Dann wurden noch einmal in Kürze die BiP-Pläne, vor allem für den Bereich Passathafen, vorgestellt. Laut BiP würden für 10.000 Quadratmeter Land im Passathafen, die bebaut würden, 6 Millionen Euro an die Stadt fließen. Im Vergleich zum Waterfront-Projekt würden dabei 60.000 Quadratmeter Land im Besitz der Stadt bleiben. Bei annähernd gleichem Erlös für die Stadt wie beim ganzen Waterfront-Projekt (siehe Bericht vom 14.10.2010) Das Konzept sei mit allen Nutzern abgestimmt, alle, die seit 50 oder 60 Jahren auf dem Priwall seien würden auch auf dem Priwall bleiben. »Das wird mit Waterfront nicht mehr sein. Die Camper sind dann weg und der Wassersport wird sich hier auch verabschieden. Es wird kein Hafenleben mehr stattfinden«, prognostizierte Siegbert Bruders. Die BiP will das alles erhalten und auch wieder eine Jugendherberge in Travemünde. Es gäbe eine Kooperation mit Gemeindediakonie und dem Deutschem Jugendherbergswerk. Die Häuser, die nach BiP-Konzept im Passathafen errichtet werden, sollen von Eigentümern in einer Gemeinschaft finanziert werden. Die Menschen würden auch in der Gemeinschaft dort leben. Also keine leerstehenden Ferienwohnungen. Zum BiP-Konzept gehört auch Umweltbildung für Lübecker Schulen und Touristen. Und eine »weitsichtige Steigerung der Bettenzahlen«, so Bruders. »Wir haben wirklich ein Konzept erarbeitet, wie wir die Betten auch füllen, die wir hier hinstellen. Das haben andere noch nicht«, meinte er. Die Anwohner könnten weiter durch die Eigentümergemeinschaften und die BiP als Verein die Entwicklung beeinflussen.
Den Passathafen plant die BiP als Wohn- Sport- und Erlebnishafen. 22 Häuser a 3 Stockwerke sollen auf dem Gelände der Halle 1 und 4 entstehen. Der Erlebnishafen soll eine attraktiver Promenade bekommen, Gastronomie und Kultur sollen Touristen anziehen. Ein Drittel der Häuser sei für die touristische Nutzung vorgesehen, also etwa 250 bis 300 Betten für den Tourismus am Passathafen. Der Campingplatz soll in Absprache Naturnähe und Naturschutz in den Vordergrund stellen mit entsprechenden Siegeln, so ebenfalls mit neuem Konzept Touristen locken. Die »Travemünder Woche« bliebe nach BiP-Konzept erhalten. Bei Waterfront, hieß es, ginge das nicht, mangels Campingmöglichkeiten der Möglichkeit, Boote zu lagern.
Die Kosten für die Stadt gibt die BiP mit 3 Millionen Euro an: Davon für den Neubau einer Halle für den SVH etwa 1 Million. Für die Promenade 4 Millionen wobei das Land die Förderung zurückfahre und statt 30 Prozent Eigenanteil inzwischen 50 Prozent selber aufgewendet werden müssten, erläuterte Siegbert Bruders. Auch die Entschädigung für ein Pachtverhältnis sei berücksichtigt. Und eine Reserve für Altlasten, »die die Stadt nicht hat, wir haben sie drin.«
Hauptredner Volker Spiel von der Firma Conplan, der schon den Aegidienhof in Lübeck als Mehrgenerationenprojekt entwickelt hat, stellte sich als dann kurz vor. Er sei Projektentwickler und Baubetreuer, kein Investor. Er führe Baugemeinschaften zusammen. »Das heißt wir sind manchmal in der Entwicklung nicht ganz so schnell, weil wir eben nicht sagen können, wir kommen mit dem schwarzen Köfferchen und haben zehn Millionen dabei«, sagte Spiel. »Haben die anderen im Übrigen auch nicht, die das sagen, die sagen es immer nur.« Aber dadurch, dass die Finanzierung auf viele kleine Schultern in den freien Baugemeinschaften verteilt werde, sei man in der Regel »verlässlicher und solventer als die sogenannten Investoren.« Da würden am Anfang meist schöne Konzepte vorgestellt. Unter dem Druck der Wirtschaftlichkeit und der vermeintlichen Rentabilität »und der Margen, die die nämlich auch machen wollen, schmelzen diese schönen Konzepte in aller Regel dann ziemlich schnell zusammen. Ein Investor hat dann häufig eine solche Macht, dass die Politik klein beigibt und von den ganzen schönen Ideen, die da mal präsentiert wurden, bleibt am Ende nicht mehr so viel übrig« erklärte Volker Spiel weiter. »Wenn unsere Projekte umgesetzt werden, dann ist das in aller Regel andersrum. Wir fangen bisschen kleiner an, suchen unsere Baugemeinschaften zusammen, bauen die auf und dann sind die auch zuverlässig.«
Das Publikum sollte nun Fragen stellen. »Worauf begründen Sie Ihre Einschätzung, dass Sie mit 10.000 Quadratmetern 6 Millionen Euro erzielen?«, wollte ein Zuhörer wissen.
Volker Spiel rechnete die Finanzierung vor: »Wir haben zufällig 10.000 Quadratmeter Grundstück. Wenn man das auf 6 Millionen umlegt, sind das 600 Euro pro Quadratmeter Grundstück. Das ist sozusagen der Grundstückswert«, meinte er und erinnerte an die Forderung beim Aqua-Top-Gelände von 730 Euro pro Quadratmeter. Das Gelände im Passathafen sei einfach eine Top-Lage. »Wenn man das möchte, kann man diese Grundstückspreise auch erzielen.«
Zufällig ergäben sich nun aus der Bebauungsdichte, wie die BiP sie sich vorstellt, auch 10.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche. Das ist die bebaute Fläche über alle Etagen zusammengezählt. Wände und ähnliches abgezogen ergibt sich dann die reine Wohn- und Nutzfläche von ungefähr 7.500 Quadratmetern. »Was man dann kaufen kann, mieten kann, was man bewohnen kann.« Bei 6 Millionen Grundstückspreis kommt man so auf 800 Euro pro Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche. Dazu müsse man noch die Erschließungskosten rechnen, die wohl auch nicht so niedrig sein würden. Setzt mit die mit 200 Euro an, kommt man auf 1.000 Euro Grundstückskosten pro Quadratmeter Wohn-/Nutzfläche. Da kommen dann die normalen Bau- und Baunebenkosten für die Erstellung des Gebäudes drauf, die sich danach richten, ob man günstig oder mit höherem Standard baut. Volker spiel rechnet mit 1.500 Euro. »Dafür kriegen wir normalerweise einen vernünftigen, sogar ökologischen Standard gebaut. Gedämmt, mit vernünftigen Baustoffen.« Weiter kämen noch ein paar Baunebenkosten dazu, weil Architekten und Ingenieure bezahlt werden müssten. Dazu bräuchte man ein wenig Geld für Marketing und für die Außenanlagen. »Und dann ist man auch bei den Gesamtkosten pro Quadratmeter Wohnen oder Bürofläche, Ladenfläche von knapp unter 3.000 Euro«, meinte Volker Spiel. Das ginge, aber man selektiere dabei vom Preis her schon ein bisschen. »Aber das lässt sich nicht ändern in solchen guten Lagen.«
Mit einem vernünftigen Konzept würde man im Durchschnitt 2.800 bis 2.900 Euro pro Quadratmeter bekommen. »Und da ist ja noch nicht mal eine Gewinnmarge drin«, meinte Volker Spiel. Weil wir nicht als Bauträger oder als Investor agieren. Wir müssen da ja nichts draufschlagen.« Wenn er das Projekt betreuen und entwickeln würde, würde er ein Honorar wie ein Architekt oder Ingenieur bekommen. Aber keine Gewinnmarge. »Das halten wir hier für vermarktbar. Und in diesen Kosten ist dieser Grundstückskostenanteil ganz sauber kalkuliert enthalten.«
Ein Markt dafür sei da. »Wir hätten da gar keine Not«, betonte Volker Spiel. Ihm würde dann sehr am Herzen liegen, dass Menschen, die etwas weniger Geld hätten, kleinere Einheiten nehmen könnten, und sich das so auch leisten könnten. Er hätte seltener auch Projekte in vergleichbaren Preisklassen, mit 60 oder 70 Quadratmeter-Einheiten. »Da krieg ich allein erziehende mit einem Kind finanziert, im Eigentum, dass die sich so was dann leisten können.« Ihm sei es ein Anliegen, dass so ein Projekt sozial und altersdurchmischt realisiert werde. »Das klappt. Da kann mir auch keiner sagen, das geht nicht«, schloss Spiel. TA