VERBRAUCHER
Travemünde 28.09.2008
Klimafreundliche Heizung immer unattraktiver: Weiterhin explodierende Fernwärmepreise
Pressemitteilung des Bund der Energieverbraucher e.V., Regionalgruppe Lübeck
Zum wiederholten Male wird die Fernwärme ab 1. Oktober teurer. In den letzten 18 Monaten ist der Arbeitspreis für Fernwärme um 66 Prozent exorbitant erhöht worden. Im gleichen Zeitraum stiegen die Erdgaspreise mit 30 Prozent zwar ebenfalls sehr kräftig, aber doch deutlich moderater im Vergleich zur Fernwärme (siehe beigefügte Grafik mit Fernwärme- und Gaspreisen für die letzten 18 Monate).
Die Voraussetzungen für stets überzogene Preise haben sich die Stadtwerke mit unbilligen Basiswerten in der neuen Preisänderungsklausel geschaffen. Außerdem wird, betriebswirt-schaftlich nicht erforderlich, der Arbeitspreis für Fernwärme regelmäßig – anders als beim Erdgas – immer noch alle 3 Monate erneut »angepasst«. Seit 2006 wird der Arbeitspreis mit einer sogenannten »automatischen Preisgleitklausel« nach den statistischen Heizölpreisen ermittelt. Dabei haben die Stadtwerke stockfinster übersehen, dass die Fernwärme gar nicht mit Heizöl, sondern mit 95 bis 100 Prozent Erdgas als Primärenergie erzeugt wird. Durch die Verwendung des realitätsfremd eingesetzten Energiefaktors »Öl« in die Preisänderungs-klausel, kommen als Folge astronomische Arbeitspreise zustande.
Auf diese Art und Weise haben die Stadtwerke den bereits um 15 Prozent verteuerten Wärmepreis ab Juli, schon wieder ab Oktober um 10,3 Prozent auf unangemessene 79,92 €/MWh (Brutto 95,10 €/MWh) erneut hoch katapultiert. Das geschieht ganz simpel ohne Kalkulationsprüfung, indem nur der Heizölpreis der letzten drei Monate ermittelt und dieser plus einem minimalen Lohnwert mit der Preisklausel automatisch fortentwickelt wird.
Dabei ist gesetzlich vorgeschrieben und auch rechtlich ausgeurteilt, dass die Stadtwerke bei der Ermittlung des Arbeitspreises die »Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme angemessen berücksichtigen« müssen. Erzeugt wird die Fernwärme aber hier nicht mit Öl, sondern fast ausschließlich mit Erdgas als Primärenergie. Der Arbeitspreis wird aber regelmäßig nur nach dem – auf den Weltmärkten gesteuerten – Ölpreis angepasst. Eine nach wirklichen Verhältnissen (Wärmeerzeugung mit Erdgas) vorzunehmende Kalkulation für den Fernwärmepreis und auch eine rechtlich vorgeschriebene Überprüfung auf Einsparmöglichkeiten bei den Stadtwerken findet hier überhaupt nicht mehr statt.
So werden die Fernwärmekunden von den Stadtwerken bereits jahrelang über Gebühr abgezockt. Denn nach Berechnungen des Bundes der Energieverbraucher, dürfte der angemessene Netto-Arbeitspreis höchstens 62,60 €/MWh betragen. Aus diesem Grunde darf bei der Ermittlung des Wärmepreises keine Heizölenergie, sondern folgerichtig nur der Primärenergieeinsatz des Erdgases und dessen preislicher Entwicklung zum Tragen kommen. Der bisherige Faktor ›Öl’ in der Preisformel ist durch einen Faktor ›Gas’ zu ersetzen. Hier gilt in der Preisformel der »aktuelle Gaspreis der Stadtwerke« als Folgewert. Dementsprechend werden die Fernwärmepreise künftig auch nicht mehr vierteljährlich automatisch nach Ölpreisen, sondern zeitgleich mit den allgemein festgesetzten neuen Gaspreisen der Stadtwerke angepasst. Das verlangt das Transparenzgebot, denn der Fernwärmepreis braucht ja erst dann angepasst werden, wenn auch der Gaspreis sich verändert. Die Anpassung einer gesetzlich vorgegebenen transparenten Preisgestaltung bei der Fernwärme wäre dann für die Verbraucher der Stadtwerke endlich nachvollziehbar. DN
Quelle: Pressemitteilung Bund der Energieverbraucher e.V., Regionalgruppe Lübeck
TA-Lesetipp zum Thema: Unangemessene Heizpreise bei Gas und Fernwärme? (13.07.2008)
1 http://www.energieverbraucher.de/seite1600.html