POLITIK
Travemünde 17.11.2008
Travemünder Veranstaltungen:
Bereich Recht findet Halbedels Alleingang OK
Wirtschaftssenator Wolfgang Halbedel hatte im August 2008 die Travemünder Veranstaltungen vom Kurbetrieb Travemünde an die Lübeck- und Travemünde Marketing (LTM) übergeben. Der Bereich Recht bezieht sich nun in einer nicht leicht lesbaren Stellungnahme (siehe Kasten unten) auf einen Bürgerschaftsbeschluss vom 28. Februar 2002. Demzufolge hätten damals schon alle Veranstaltungen an die damalige LTS (heute LTM) übertragen werden sollen. Ausgenommen die »Kurveranstaltungen«, zu denen das Sportprogramm und die Kurkonzerte gehören (die nun aber ebenfalls übertragen wurden). Es wird sich dabei allerdings nicht auf das Protokoll des Beschlusses bezogen (siehe Info-Kasten unten), welches über Veranstaltungen nichts aussagt, sondern nur auf eine Bürgerschaftsvorlage, die als Teil des Beschlusses ausgelegt wird.
Eine Rolle spielt das alles nicht mehr, denn es sind längst Fakten geschaffen worden. Selbst wenn Senator Halbedel die Entscheidung nicht hätte treffen dürfen, kann die hinterher durch Bürgerschaftsbeschluss noch abgesegnet werden. TA
Aus dem Protokoll der Bürgerschaftssitzung vom 28.02.2002 (bei einer Stimmenthaltung einstimmige Empfehlung)
11.3 Änderung der Organisationsstruktur der Lübeck und Travemünde
Tourismus-Zentrale (LTZ) und der Lübeck und Travemünde Tourist-Service
GmbH (LTS)
Drucksache Nr. 624
Der Bürgermeister beantragt, die Bürgerschaft möge beschließen:
3. Die Lübeck und Travemünde Tourismus- Zentrale (LTZ) und ihre Organtochter Lübeck und Travemünde Tourist-Service GmbH (LTS) werden mit Wirkung zum 01.01.2002 personell, organisatorisch, finanziell und wirtschaftlich getrennt und üben ihre Geschäftstätigkeit als städtischer Eigenbetrieb »Kurbetrieb Travemünde« und städtische Gesellschaft »Lübeck und Travemünde Tourist-Service GmbH« aus.
4. Der zwischen LTZ und LTS geschlossene Ergebnisabführungsvertrag ist zum nächstmöglichen Zeitpunkt aufzulösen. Die Beteiligung der LTZ an der LTS in Höhe von DM 70.000,– (= 70 % des Stammkapitals) ist rückwirkend zum 01.01.2002 in das allgemeine Finanzvermögen der Hansestadt Lübeck zu überführen. Gemäß § 20 Abs. 1 des Gesellschaftervertrages der LTS GmbH übernimmt die Hansestadt Lübeck die Verlustabdeckung der LTS GmbH.
5. Nach erfolgter Beschlussfassung über die Vorlage wird aufgrund des erweiterten Aufgabenspektrums der städtischen Gesellschaft »Lübeck und Travemünde Tourist-Service GmbH« die Personalunion der/des 1. Werkleiters/in des Eigenbetriebes als Geschäftsführer/in der LTS GmbH aufgehoben.
6. Der bisherige Eigenbetrieb Lübeck und Travemünde Tourismuszentrale wird unter der Bezeichnung »Kurbetrieb Travemünde« als Rechtsnachfolger der LTZ fortgeführt. Die Werkleitung des Eigenbetriebes besteht aus einem/einer Werkleiter/in, der/die die Bezeichnung Kurdirektor/in führt.
7. Die Mitarbeiter/innen des Eigenbetriebes LTZ, die im Rahmen ihrer bisherigen Aufgaben in der Lübeck und Travemünde Tourist Service GmbH eingesetzt werden, sind der LTS im Rahmen eines Personalgestellungsvertrages zwischen dem Kurbetrieb Travemünde und der LTS zur Dienstleistung zur Verfügung zu stellen.
8. Der Gesellschaftsvertrag der LTS GmbH (Anlage 4) wird gemäß des beigefügten Entwurfes geändert. Die Betriebssatzung des Eigenbetriebes LTZ, die Hauptsatzung der Hansestadt Lübeck sowie die Zuständigkeitsordnung sind den Beschlüssen zu den Punkten 1-5 entsprechend zu ändern.
Hierzu legt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache Nr. 735 einen
Änderungsantrag vor:
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragt, die Bürgerschaft möge beschließen:
Der Beschlussvorschlag der Drucksache Nr. 624 wird in Ziffer 2 wie folgt geändert:
Die Verlustabdeckung erfolgt entsprechend dem Stammkapital der Gesellschafter.
Bestimmungen in den Verträgen und Vereinbarungen sind dem gemäß zu ändern.
Stellungnahme des Bereichs Recht der Hansestadt Lübeck vom 13.10.2008 im Wortlaut:
Nach Mitteilung des Fachbereichscontrollings, Fachbereich 2 vom 17.09.2008 hatte der Fachbereichsleiter mündlich entschieden, die Verantwortlichkeit für Veranstaltungen ab dem 01.01.2009 vom Kurbetrieb auf die LTM zu übertragen. Die budgetmäßige Ordnung über ein Veranstaltungsbudget von rund 90.000 Euro soll und wird im Zuge der jeweiligen Wirtschaftspläne erfolgen. Ein eventueller Übergang von Personal ist noch zu regeln.
Nach Prüfung des zugrunde liegenden Sachverhalts ist die Entscheidung von Herrn Senator Halbedel rechtlich nicht zu beanstanden. Er ist hierzu aufgrund der geltenden Beschlusslage der Bürgerschaft sowie der verwaltungsinternen Entscheidungsdelegationen ermächtigt.
Mit Beschluss der Bürgerschaft vom 28.02.2002 wurde die Organisationsstruktur der Lübeck und Travemünde Tourismus-Zentrale (LTZ) und der Lübeck und Travemünde Tourist-Service GmbH (LTS) neu geordnet:
In diesem Zeitpunkt bestand die 1997 gegründete LTZ als Eigenbetrieb der Hansestadt Lübeck, die als Tochtergesellschaft 1999 die LTS gegründet hatte. Bereits mit Beschluss der Bürgerschaft vom 07.09.2000 war die Aufgabenverteilung zwischen LTZ und LTS dergestalt vorgenommen worden, dass die Bereiche Marketing und Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der LTS übertragen und die LTZ nur noch die »hoheitlichen« Teile der Marketingaufgaben wahrnehmen sollte.
Da aber die Aufgabenverteilung aus Sicht der Betroffenen nicht zufriedenstellend war, sah die Beschlussvorlage vom 28.02.2002 in der Begründung vor, die gesamte Marketing, Tourist- und Event-Service Aufgaben eigenverantwortlich bei der LTS zu konzentrieren. Der Kurbetrieb sollte dazu der LTS eigenes Personal zur Verfügung stellen. Der Gesellschaftsvertrag und die Betriebssatzung sollten entsprechend geändert werden. Dem Beschlussvorschlag waren auch die Organigramme zur Soll-Aufgabenstruktur beigefügt, welche wir dieser Stellungnahme als Anlage 2 und 3 beifügen.
Hieraus ergibt sich, dass der Veranstaltungsbereich künftig ausschließlich von der LTS wahrgenommen werden solle. In der Anlage 2 ist für das Eventbüro vorgesehen, dass die LTS für Großveranstaltungen in Lübeck und Travemünde zuständig ist und auch für Veranstaltungen für den Kurbetrieb. Der Kurbetrieb soll somit keine Aufgabenzuständigkeit für Veranstaltungen mehr haben, was auch in der Begründung deutlich wird, wonach ausdrücklich eine eindeutige Aufgabentrennung gewollt ist.
In Anlage 3 ist für den Kurbetrieb die Aufgabe »Kurveranstaltungen« aufgeführt, ohne dass dieser Begriff näher konkretisiert ist. Nach dem Wort- und Regelungssinn ist davon auszugehen, dass damit den Voraussetzungen nach der Landesverordnung über die Anerkennung als Kur- oder Erholungsort genüge getan werden sollte: Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 und 4 der Verordnung hat ein Kurort einen entsprechenden Kurortcharakter aufzuweisen und u.a. Einrichtungen zur Unterhaltung, Betreuung sowie zur sportlichen Betätigung der Kurgäste zu betreiben. Das bedeutet, dass zum Beispiel Kurkonzerte stattfinden oder Sportkurse angeboten werden. Nur diese unmittelbar dem Charakter als Kurort dienenden Veranstaltungen sollten dem Kurbetrieb verbleiben.
Auch die Änderungen im Gesellschaftsvertrag der LTS im Jahr 2005 (Stammkapitalerhöhung und Aufnahme neuer Gesellschafter) bzw. im Jahr 2007 (Umfirmierung in LTM und struktureller Neuordnung) hat die Zuständigkeit für Veranstaltungen im weiteren Sinne für die jetzige LTM nicht beseitigt oder verändert.
Mithin ist durch den Beschluss der Bürgerschaft vom 28.02.2002 die Zuordnung dem Grunde nach an die jetzige LTM im Hinblick auf die Veranstaltungsverantwortlichkeit erfolgt.
Die Umsetzung des Beschlusses ist übergangsweise dergestalt erfolgt, dass der Kurbetrieb gegenüber der LTS bzw. LTM quasi entscheidungsbefugt blieb hinsichtlich des »Ob« einer Veranstaltung, die Durchführungsverantwortung oblag der LTS bzw. LTM. Diese Kooperation hat sich jedoch als langfristig nicht praktikabel erwiesen, so dass nunmehr ab dem 01.01.2009 Veranstaltungen in die alleinige Zuständigkeit der LTM fallen sollen.
Die entsprechende Anordnung von Herrn Senator Halbedel stellt deshalb inhaltlich die Umsetzung des Bürgerschaftsauftrages von 2002 dar.
Herr Senator Halbedel war hierzu auch formal berechtigt. Nach § 65 Abs. 1 Nr. 2 GO hat der Bürgermeister die Beschlüsse der Bürgerschaft auszuführen. Hierfür bedarf es entsprechender Erklärungen gegenüber der LTM als Gesellschaftervertreter sowie nach Eigenbetriebsrecht gegenüber dem Kurbetrieb.
Zur Ausführung der Bürgerschaftsbeschlüsse bedient sich der Bürgermeister der Verwaltung, soweit nicht bestimmte Erklärungen oder Handlungen (z.B. als Dienstvorgesetzter) ihm persönlich vorbehalten sind. Nach der dezentralen Ressourcenverantwortung tragen die Fachbereichsleiter die Verantwortung für die Umsetzung von Beschlüssen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten. Die Aufgaben des Gesellschaftervertreters in der LTM werden danach vom Fachbereich 2, also Herrn Senator Halbedel wahrgenommen.
Entsprechendes gilt für die Zuständigkeiten für den Kurbetrieb. Nach der »Geschäftsanweisung über die Delegation von Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnissen des Bürgermeisters nach Eigenbetriebsrecht auf die Fachbereichsleistungen« vom 19.08.2004 hat der Bürgermeister seine Zuständigkeiten auf die jeweils zuständigen Fachbereichsleiter delegiert. Auch für den Kurbetrieb ist Herr Senator Halbedel danach zuständig.
Externe Links zum Thema: Protokoll der Bürgerschaftssitzung vom 28.02.2002 (pdf)
1 http://www.luebeck.de/stadt_politik/rathaus/buergerschaft/dokumente/db_files/bsNi280202.pdf