ORTSGESCHEHEN
Travemünde 25.03.2021
»Isolierung aus Teer und Papier«
Weil eine veraltete Stromleitung vor seinem Haus kaputtging, sitzt ein Travemünder auf 12.000 Euro Schaden

Es passierte am 22. Februar 2021, erzählt Oliver Josteit. »Mittags fing das Licht an zu flackern«, erinnert er sich. Dann hörte er laute Geräusche aus dem Zählerschrank. Fünf Minuten später drang Qualm aus dem noch nie benutzten Backofen. Die Sicherungen brauchte er dann nicht mehr rausdrehen: »Die gingen schon von allein aus«, sagt der Travemünder.
Oliver Josteit machte sich auf die Suche nach der Ursache. Schaute beim Nachbarn im Schuppen nach, da ging das Licht auch nicht. Schaute vor die Tür, draußen ging die Ampelschaltung auch nicht. »Da war für mich klar, dass der Fehler außerhalb des Hauses liegt«, sagt er. Also rief er den Störungsdienst von TraveNetz an, bekam auch schnell jemand ans Telefon. Nach einer Stunde war ein Mitarbeiter da, bald folgten die Tiefbauer, machten den Bürgersteig auf, fingen an zu reparieren. Abends um elf sagte jemand, dass er das Licht wieder einschalten könne. So weit, so gut, der Geburtstag seines Sohnes musste eben bei gemischten Platten und Kerzenlicht gefeiert werden.
Ursache des Schadens waren vermutlich veraltete Stromleitungen des Versorgers. Die Leitung unter dem Gehweg, erzählt der Anwohner, sei noch aus den 1970er Jahren gewesen. »Die war noch mit Papier und Teer isoliert.« Im Internet hätte er eine Empfehlung gefunden, solche Leitungen nach 40 Jahren auszutauschen. Da war die Stadt schon zehn Jahre drüber. Gelegenheit zum Austausch sei in den letzten Jahren gewesen, da sei der Weg schon ein paarmal aufgemacht worden, erzählt der Anwohner. Weil auf dem kurzen Weg bis zum Trafo nun drei Leitungsfehler gefunden worden seien, hätte man nun gleich ein größeres Stück des Wegs aufgemacht. Sonst wäre es wohl irgendwann bei den Nachbarn losgegangen.

Was den Travemünder vor allem ärgert, ist die weitere Schadenregulierung. Denn nach dem Stromstoß funktionierten der gefüllte Kühlschrank und Backofen seiner erst im November eingebauten Küche nicht mehr. An der nagelneuen Heiztherme blieben die Lichter ebenso aus wie am Lichtpanel im Badezimmer. Auf gut 12.000 Euro schätzt Oliver Josteit den Schaden.
»Zwei Wochen später«, erzählt er weiter, hätte er dann Post von der TraveNetz bekommen, Abteilung Recht. »Wir haben den Schaden dem Versicherer gemeldet«, hätte es in den Brief geheißen. Mehr nicht. Keine Schadensnummer, kein Ansprechpartner bei der Versicherung, nichts. Am 17. März hätte er die ersten Rechnungen eingereicht. Der Eingang der Rechnungen sei bestätigt worden, mehr nicht. Inzwischen hat er den Austausch der Heiztherme, immerhin mehr als 6.000 Euro, aus eigener Tasche bezahlt. Immerhin ist Winter.
Erwartet hätte er, dass vielleicht gefragt wird, wie man helfen könne angesichts der Minusgrade. Vielleicht gefragt wird, ob man ein Heizgebläse reinstellen könne. Oder der Versicherer vorbeikommt und schon mal den ersten Teil überweist. Da nichts davon passiert ist, hat er jetzt einen Rechtsanwalt beauftragt.
Oliver Josteit glaubt nicht, dass seitens der Stadtwerke ein großes Interesse da ist, seinen Schaden schnell zu regulieren. Und zieht daraus seine Lehren: »Ich würde das sofort in juristische Hände geben. Da würde ich mich nicht mehr selber drum kümmern, weil es einfach nichts bringt.« Dabei denkt er auch an ältere Mitbürger, denen so etwas passieren könnte, und die sich vielleicht nicht mehr so wehren können wie er. HN