ORTSGESCHEHEN
Travemünde 07.02.2021
Ordentlich durchlüften
Spaziergang über den Priwallstrand und durch die Wochenendhaussiedlung
Manchmal reicht es nicht, die Fenster zu öffnen. Manchmal muss es Meer sein. Der breite Priwallstrand bietet genug Möglichkeiten, bei einem Spaziergang frische Luft zu schnappen und trotzdem Abstand zu halten. Auch auf dem Rückweg gibt es viel zu sehen.
Los geht es mit der Norderfähre, die an der Travepromenade etwa in Höhe des Alten Leuchtturms ablegt. 1,50 Euro kostet die einfache Fahrt für Fußgänger. Wann die »Fußgängerfähre« fährt, wird zurzeit ein wenig von der Pandemie beeinflusst. Im Januar gab es wenig Nachfrage, so dass sie nur am Wochenende (Samstag und Sonntag) von 12:00 bis 18:00 Uhr pendelte. Bei der kurzen Überfahrt ist Maske zu tragen.
Auf dem Priwall angekommen, geht es dann geradeaus weiter direkt am Strand entlang. Nichts erinnert mehr daran, dass hier einmal das riesige Areal der »SandWorld« lag. Und von 2002 bis 2007 jeden Sommer hunderttausende Besucher anlockte. Stattdessen knistern Muscheln unter den Füßen, Wasservögel kreischen und auch der ein oder andere Algenberg gehört zum Bild.
Die meisten Spaziergänger gehen gern direkt am Wassersaum. Die Hundeleute sind eher bei den Dünen unterwegs.
Vorbei geht es am weißen Turm der Wasserwacht, dessen Fenster im Winter verbrettert sind, bis etwa zur Landesgrenze nach Mecklenburg. Hier erinnert seit Sommer 2018 eine Stele an die Grenzöffnung zur ehemaligen DDR. Auf dem Priwall war es im Februar 1990 soweit.
Die Stele bietet Bilder und geschichtliche Infos. Aber auch einen Gedenkpunkt für die Menschen, die es nicht über die Grenze geschafft haben. Manchmal liegt eine Rose davor.
Am letzten Strandzugang auf Travemünder Seite (kurz vor der Stele) geht es dann rechts ab in Richtung Wochenendhaussiedlung. Naturwissenschaftlich interessierte sollten sich einen Kompass einstecken. Wenn man am Strand vor dem Weg auf und ab geht, lässt sich beobachten, wie das sogenannte »Ostseekabel« die Kompassnadel beeinflusst. Die Hochspannungsleitung ist direkt am Strandzugang vergraben. Es verläuft auf dem Meeresgrund weiter bis nach Schweden.
Geht man den Strandzugang entlang sieht man links im Gebüsch noch graue Betonpfähle, zwischen denen einst Stacheldraht gespannt war. Tiefer im Gebüsch verbergen sich aus noch älterer Zeit einige verwitterte Grenzsteine. Von einer Erkundung ist allerdings abzuraten, da der Zugang abschüssig und mit Dornengestrüpp bewachsen ist. Auch steht das Dünengelände unter Naturschutz.
Zurück in Richtung Fähre geht es nun über den Seeweg, quer durch die Wochenendhaussiedlung. Die winzigen Ferienhäuschen sind fast alle unterschiedlich gebaut. Mit Holzverkleidung, Rotklinker oder weiß verputzt, manchmal mit maritimen Symbolen wie einem Anker oder einem Segelschiff geschmückt. Manche wirken neu, ja geradezu luxuriös, andere erinnern in ihrer Schlichtheit an die Anfänge der Siedlung vor mehr als hundert Jahren.
Der Weg führt immer geradeaus, vorbei am lange geschlossenen ehemaligen Restaurant »Porto«, das mit seinen freistehenden Säulen ein wenig an eine römische Ruine erinnert.
Bald ist die Fußgängerfähre wieder erreicht, der Fährkartenautomat verlangt erneut seinen Tribut und der Rundgang ist beendet. HN
1 https://t.me/travemuende