UMWELT & NATUR 2 71
Travemünde 03.02.2021
Jetzt wird es aber Zeit
Weltkriegs-Munition im Meer muss endlich geborgen werden

Günter Wosnitza stützt sich auf Gespräche mit Zeitzeugen und Berichte. »Sobald keiner mehr gucken konnte, alles raus. Die Kisten schwammen rum. Wenn es nicht unterging, haben sie drauf geschossen. Das ist alles irgendwo verstreut«, meint er. Die Angst war offenbar berechtigt: »Mir hat ein Zeitzeuge erzählt, dass hier vor Travemünde zwei Schuten explodiert sind«, sagt Günter Wosnitza.
Welche enormen Mengen im Meer versenkt wurden, weiß Experte Dr. Stefan Nehring. Mit ihm sprach Ende letzten Jahres Klaus Splieth von »Radio Travemünde«. Die Munition sei entweder vor den Küsten über Bord geworfen oder weiter draußen mitsamt den Schiffen versenkt worden, erzählte Nehring im Radio über die Zeit nach dem Krieg. »Alle vier Besatzungsmächte waren sich damals schnell einig, dass Deutschland schnellstmöglich entmilitarisiert werden musste.« Versenken im Meer war aus damaliger Sicht die die einfachste Lösung. »So wurden Güterwaggonweise die ganzen Munitionsbestände an die Küste transportiert«.
Die rostenden Bomben stellen heute eine mehrfache Gefahr dar: »Man spricht da nicht gerne drüber, aber jedes Jahr kommt es zu Unfällen«, sagt Dr. Nehring. Weiter gefährden austretende Schadstoffe die Umwelt, gelangen in die Nahrungskette. Es sei dringend notwendig »sofort aktiv zu werden«, meint der Experte.

Klaus Splieth sprach in seiner Sendung auch mit Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau (SPD). »Also ich glaube es gibt keine andere Möglichkeit als eine Bergung entsprechend sicherzustellen«, sagte Lindenau. Und »Ich glaube, das darf nicht auf die lange Bank geschoben werden.« TA
- Wer mehr zum Thema wissen möchte, kann sich einen interessanten Filmbeitrag auf arte.TV ansehen. Noch bis zum 18. April 2021 ist dort in der Mediathek der Beitrag »Zeitbomben am Meeresgrund – Weltkriegserbe in Nord- und Ostsee« zu sehen. In der Doku wird gezeigt, wie der Meeresboden mit modernster Technik nach den 75 Jahre alten Kampfmitteln abgesucht wird.
- Klaus Splieth von »Radio Travemünde« sucht weiterhin Zeitzeugen zum Thema. »Mich interessiert besonders, ob es noch jemanden gibt, der etwas von Unfällen oder Ereignissen im Zusammenhang mit Senfgas-Munition oder ähnlichem in der Lübecker Bucht weiß«, sagt er. Darüber, ob in der Lübecker Bucht auch chemische Munition versenkt wurde, gäbe es einander widersprechender Angaben. Auch andere Zeitzeugen im Zusammenhang mit Munitionsversenkungen können sich gern bei ihm per E-Mail unter ksplieth@aol.com melden. Die nächste Sendung zum Thema ist für Februar geplant.
Externer Link zum Thema: TV-Beitrag in der Arte Mediathek
1 https://www.arte.tv/de/videos/093707-011-A/re-zeitbomben-am-meeresgrund/