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Travemünde 20.09.2020
Jubiläum für Travemündes Strandkörbe
Als Erfinder gilt Korbmacher Wilhelm Bartelmann aus Rostock. Bei ihm bestellte Elfriede von Maltzahn im Frühjahr 1882 für ihren Sommeraufenthalt in Warnemünde eine Sitzgelegenheit, die sie am Strand vor starker Sonne, Wind und Sandstürmen schützen sollte.
Meister Bartelmann fertigte der von Rheuma geplagten alten Dame aus Weidenruten und Rohr einen Schutzstuhl an, den er mit Markisenstoff überspannte. Freunden gegenüber bezeichnete er das neue Sitzmöbel als aufrecht stehenden Wäschekorb. Natürlich war die Herstellung dieses »Strandkorbes« nicht billig.
Für ein breites Publikum lohnte sich der Kauf nicht für zwei oder drei Wochen in der Sommerfrische. Die Erfindung lohnte sich erst, als findige Menschen auf die Idee kamen, Körbe zu kaufen und an Gäste zu vermieten. Aus dem Einsitzer wurde bald eine Sitzgelegenheit für zwei Personen. Als Komfort kamen Armlehnen, Klapptischchen und Fußkästen hinzu.
Travemünde gilt als drittältestes Seebad an Deutschlands Küsten; das erste allerdings, das privatwirtschaftlich gegründet und betrieben wurde. Die Stadt übernahm die Regie erst im Jahre 1898. Als ältestes deutsches Seebad gilt Heiligendamm (1794), zweitältestes ist Norderney (1797).
Travemünde erhielt anno 1802 den Titel eines Seebades. Berühmt waren damals die Badekarren, die ins Wasser geschoben werden konnten. An Land benutzte man auch sogenannte Strandzelte zum Schutz vor Wind. Alte Abbildungen zeigen das ebenso wie die Badebekleidung zu Kaisers Zeiten.
So stolz Wilhelm Bartelmann 1882 auf seine Erfindung auch sein mochte – er war beileibe nicht der Erste, der auf diese Idee gekommen war. Schon Ende des 16. Jahrhunderts sind in den Niederlanden ähnliche Sitzmöbel gebaut worden. Sie wurden im Winter in den zugigen Dielen der Kaufmanns- und Bürgerhäuser aufgestellt, um Schutz vor Kälte und Zugluft zu bieten.
Auf alten Gemälden ist das zu sehen, zum Beispiel vom flämischen Barockmaler Jacob Jordaens (1593–1676), von dem in der Lübecker St. Lorenzkirche ein Bild hängt. Auch vom Goethe-Maler Johann Heinrich Wilhelm Tischbein gibt es ein Gemälde »Großvater im Korbstuhl«. Es stammt aus dem Jahre 1811.
Eine heitere Episode rankt sich um die bekannte Verfilmung der »Buddenbrooks« von Heinrich Breloer, sein Weihnachtsgeschenk an ein großes Publikum aus dem Jahre 2008. In einer Szene, in der Tony Buddenbrook mit dem Studenten Morten Schwarzkopf am Strand von Travemünde spazieren geht, sind im Hintergrund Strandkörbe zu sehen.
Thomas Mann schrieb »Buddenbrooks« Ende des 19. Jahrhunderts in München. Die Szene mit Tony und Morten spielt bereits im Jahre 1845, und da waren die deutschen Strandkörbe noch nicht erfunden. Die Szene ist deshalb in die Liste der gesammelten Filmfehler aufgenommen worden. TD – Fotos Karl Erhard Vögele, Archiv Pamperin