Interview Heino Haase von der Wählergemeinschaft »Die Unabhängigen«
Heino Haase (Die Unabhängigen) plant für Mitte Februar eine öffentliche Veranstaltung zum Thema »Bauen und Wohnen in Travemünde«. Dabei will die Wählergemeinschaft besonders über aktuelle Baugebiete mit Mietwohnen, über Ferienwohnungen sowie Gewerbeflächen sprechen. Ein Mitarbeiter der Bauverwaltung soll für fachkundige Auskünfte dabei sein.
TA: Herr Haase, wieviel Mietwohnungen und wieviel Ferienwohnungen gibt es eigentlich in Travemünde?
Heino Haase: Die Lübecker Statistik 12/2018 weist für Travemünde 7.989 Wohnungen aus. Anhand der Bevölkerungsstatistik sind darin 704 Zweitwohnungen enthalten. Internetrecherchen haben für Travemünde fast 1.500 Ferienwohnungen ergeben. Ohne BeachBay und Feriendorf. Sehr viele Wohnungen werden nicht im Internet angeboten, so dass die Zahl noch höher sein dürfte.
TA: Was ist so schlimm daran, wenn Urlauber und Einheimische nebeneinander wohnen?
Heino Haase: Wir Unabhängigen sprechen seit geraumer Zeit mit Travemünder Bürgern über die Entwicklung im Bereich Ferienwohnungen, die im Allgemeinen keine Begeisterung auslöst. In Travemünde wurden immer von Privatwohnungen an Feriengäste vermietet. Das muss auch so bleiben. Mittlerweile ist es jedoch so, dass die Unmengen von Ferienwohnungen und – Häusern dazu geführt haben, dass es in vielen Straßen keine Nachbarschaften mehr unter Einheimischen gibt. Das soziale Gefüge hat sich aufgelöst, Mietwohnungen sind Mangelware. Dem wollen wir nicht tatenlos zusehen.
TA: In Lübeck läuft dazu ja ein Streit um Gäste in den Ganghäusern. Wird so etwas auch in Travemünde Thema? Touristen raus aus den Quartieren?
Heino Haase: In Lübeck gibt es seit 1979 eine Satzung, die die Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zum Ziel hat. Die Vermieter haben sich nicht darum gekümmert. Deswegen wird es eine neue, erweiterte Satzung geben . Auch für Travemünde wird eine Satzung kommen. In vielen B-Plan-Gebieten in Travemünde sind aktuell Ferienwohnungen untersagt. Wir sind mit der Verwaltung im Gespräch, um einvernehmliche Lösungen zu bekommen.
TA: Wer eine Wohnung kauft, wird vielleicht nicht einsehen, dass der Staat ihm vorschreibt, was er mit seinem Eigentum zu tun und zu lassen hat. Sprich an Urlauber oder eben fest zu vermieten.
Heino Haase: Das Baurecht ist sehr detailliert. Im B-Plan und der Baugenehmigung ist die Nutzungsart eines Hauses oder Wohnung genau festgelegt. Das Gesetz gilt für alle Menschen. Grundsätzlich muss eine Nutzungsänderung beantragt werden. Da immer mehr Wohnungen und Häuser an Feriengäste vermietet werden, verknappt sich das Angebot an Mietwohnungen erheblich und die Miet- und Immobilienpreise steigen. »Sylter Verhältnisse« wollen wir in Travemünde nicht.
TA: Es gibt ja auch gewachsene Strukturen, angefangen bei der berühmten »ausgebauten Garage«. Trifft so eine Satzung nicht auch den kleinen Bürger, der sich mit Vermietung etwas dazuverdient?
Heino Haase: Wir gönnen Jedem ein Zuverdienst. Ein Rentnerpaar, deren Kinder aus einer angebauten Wohnung ausgezogen sind, diese an Feriengäste vermietet, stört nicht die »Zusammensetzung der Wohnbevölkerung«. Es wohnt weiterhin in dem Haus in eigener Wohnung. Das Gleiche gilt für Einliegerwohnungen. Etwas anderes ist es, wenn jemand ein Haus oder Wohnung erbt oder sich ein Haus kauft, umbaut und an Feriengäste vermietet.
TA: Wie reagieren ihrer Erfahrung nach die Travemünder Vermieter?
Heino Haase: Tja, das ist eine schwierige Frage. Auf alle Fälle hat sich die Problematik in Travemünde herumgesprochen. Es werden verstärkt Umwidmungen beantragt. Mit einer Erhaltungs-, Milieuschutzsatzung ist beabsichtigt, die gewachsenen Wohnstrukturen zu schützen, beziehungsweise zu erhalten und der Wohnungsverknappung entgegen zu wirken. Wir werden zu dem Themenkomplex Mitte Februar einen Infoabend veranstalten.
TA: Haben Sie sich im Urlaub schon mal privat eingemietet? Über Airbnb, Housetrip oder Couchsurfing vielleicht?
Heino Haase: Ja, habe ich. In einer »amtlich zugelassenen« Ferienwohnung. Da in dem Ferienort die Ferienwohnungen kontrolliert wurden, mußte ich die vom Vermieter ausgestellte Quittung bereit halten. Und natürlich auch eine »Kurtaxe« zahlen. Es erfolgte tatsächlich eine Kontrolle.
TA: Mit den B-Plänen für Baggersand/Fischereihafen und Neue Teutendorfer Siedlung sind die Grundlagen für den Bau von ca. 900 Wohneinheiten (Miet- und Eigentumswohnungen) geschaffen. Gibt es auch Grundlagen zur Schaffung von Gewerbeflächen?
Heino Haase: Leider Nein. Das Handwerk und Serviceunternehmen in Travemünde können sich wegen fehlender Gewerbeflächen nicht fortentwickeln. Das ist ein wirtschaftlich unhaltbarer Zustand. Vor dem Hintergrund, dass Travemünde in den nächsten Jahren per Einwohner und Fläche um ca. 12% wachsen wird, kann ein damit einhergehender gesteigerter Bedarf an Leistungen nicht mehr befriedigt werden. Die Lübecker Verwaltung täte gut daran, nicht weiter auf der Bremse zu stehen.
Hinweis: Dieses Interview ist (in Auszügen) zuerst in der Februar-Ausgabe (2020) von »Travemünde Aktuell« erschienen.
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Kommentare
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Kommentar von Ernst Weise am 03.02.2020[3,7/90]
Wie gut, dass wir "Experten" haben. Sie wissen eigentlich nichts, können aber trotzdem alles erklären.
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Kommentar von David Kidon am 04.02.2020[4,5/38]
Die mehrdimensionale Interessenlage in Travemünde zeigt sich auch am Beispiel der ambivalenten Baupolitik.Da wird politisch verkündet, dass eine weitere Tourismusexpansion - konsequent keine weiteren Ferienwohnungen- beendet werden.Dies soll auch mit Rücksicht auf die Rechte und Interessen der nicht nur älteren Einwohner „nachhaltig“ verhindert werden.Dagegen stehen die wirtschaftlichen Interessen mancher Tourismusprofiteure, welche einige frustrierte Jugendliche der „z-generation“ gegen die Rentner manipulieren. So sagte eine Vertreterin von Protourist zu dem jugendlichen Demonstranten: „Ich bin bei Euch, dass das Leben in Travemünde nicht von zugezogenen Rentnern bestimmt werden darf.“ Aber eben diese Rentner plädieren für bezahlbare Mietwohnungen für junge Familien!Wer wird noch erreichen,dass in den Neubaugebieten überwiegend Mietwohnungen anstatt Eigentumswohnungen gebaut werden? Die „Unabhängigen“?
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Kommentar von Hein Fleetenkieker am 05.02.2020[4,5/25]
@David Kidon - der Stadtteil Travemünde, als Wohnort von Bürgern, wird langsam aber sicher aussterben. Auch neue Wohngebiete machen Travemünde nur zur Schlafstadt. Bleiben wird in der Saision der industrielle Tourimus und dazu Wochenendbesetzungen meist aggressiver Tagestouris. Die Turbo-Veranstaltungen bisheriger Art dreschen auf die Bevölkerung ein und machen das maritime Flair kaputt. Die Betonhardware ist geschaffen und das nunmehrige Umstellen auf Qualität statt Qunatität im Tourismus ist heuchlerisches Geschwätz der Tourisverantwortlichen und auch von Tourismusprofiteuren wie von Kidon genannt. Von Letzteren zur Förderung der Jugend etwas zu erwarten, ist ein Witz - denn damit kann man kein Geld verdienen. Bleiben werden vorerst bedingt durch diese Politik die Gehäuse für die Alten - egal wie werbeveredelt man diese Behausungen nennt. Ob in einigen Jahren die noch "vom Markt" angenommen werden, wenn Travemünde zum touristischen Produktionsstandort verkommt, darf man rätseln.