ORTSGESCHEHEN 9 1003
Travemünde 09.09.2019
Kuriose Konstruktion:
Spaziergänger quetschen sich zwischen die Rückenlehnen der Bänke, weil sie aufs Wasser gucken wollen
Entlang der Trave ist zwischen Ostpreußenkai und Priwallfähre eine neue kleine »Promenade« entstanden, die sich viele Travemünder noch gar nicht so richtig angesehen haben. Dabei gibt es dort ein kleines Kuriosum zu bewundern: Passanten, die sich zwischen die Lehnen der Sitzbänke quetschen, damit sie aufs Wasser gucken können.
Ein Teil der neuen Sitzbänke wurde offenbar mit Rücksicht auf die Sportboote mit der Rückenlehne zum Wasser hin aufgestellt. Im Ortsrat hatte es deshalb vor einigen Monaten eine rege Diskussion gegeben, weil die Sportskipper sich nicht aufs Deck gucken lassen wollten.
Doch die Spaziergänger lassen sich keine Blickrichtung aufzwingen: Statt wie von der Bauverwaltung vorgesehen auf die Häuser der Vorderreihe zu gucken, quetschen sich die Ruhesuchenden zwischen die Rückenlehnen der neuen Bänke. Und sitzen dann »falschherum«, aber glücklich, aufs Wasser guckend an der Trave.
Ein Travemünder Bürger schrieb nun an den Ortsrat (kompletter Text unten): »Ich denke, lieber würden die Travemünder und unsere Gäste auf die Trave schauen. Und dieses nur, weil ein paar wenige Bootsbesitzer sich beobachtet fühlen«, heißt es darin. Er bittet, die Rückenlehnen von den Bänken zu entfernen. Dann kann jeder sitzen, wierum er möchte ... TA
Der Brief an den Ortsrat im Wortlaut
Sehr geehrte Damen und Herren,»Auf einer Ihrer Versammlungen zu Anfang des Jahres wurde u.a. über den Ausbau der Kaianlagen an der Priwallfähre, die dortigen Liegeplätze sowie etwaige Sitzgelegenheiten mit Blick auf die Trave diskutiert.
Von Seiten einer Motorbootsbesitzerin wurde der Vorschlag gemacht, die Bänke oder Steinblöcke so mit den Rückenlehnen zu versehen, dass die Sitzenden mit dem Rücken zu den Booten und somit zur Trave sich dort niederlassen können.
»Man fühle sich auf den Motorbooten sowieso von den Passanten belästigt und beobachtet«.
Ich schlug daraufhin vor, einen 2 m hohen Sichtschutzzaun an der Kaikante aufzustellen.
Grundsätzlich hielt ich diesen, von Bootseignern vorgebrachten Vorschlag, für äußerst anmaßend.
Nun musste ich feststellen, dass genau dieses in die Tat umgesetzt worden ist. Bei den Bänken in Richtung Ostpreußen Kai und Priwallfähre (außerhalb der Bootsliegeplätze) wurden die Rückenlehnen so angebracht, dass man einen ungehinderten Blick auf die Trave und die vorbeifahrende Schifffahrt, die Jachten und den Priwall hat. Die mittleren Bänke haben die Rückenlehnen zum Wasser, so dass man gezwungen ist, die nicht sehr attraktiven Rückseiten der Kneipen, Wohnhäuser und Restaurants anzusehen.
Ich denke, lieber würden die Travemünder und unserer Gäste auf die Trave schauen.
Und dieses nur, weil ein paar wenige Bootsbesitzer sich beobachtet fühlen.
Ich möchte Sie bitten, sich ernsthaft dafür einzusetzen, zumindest die Rückenlehnen von diesen sehr schön gelungenen Bänken zu entfernen.
Eine Minderheit von Bootsbesitzern sollte nicht bestimmen, ob wir Travemünder bzw. unserer Travemünder Gäste die Rückwände der Häuser oder die vorbeifahrenden Schiffe bewundern.
In der Hoffnung, dass dieser Brief bei Ihnen positiv aufgenommen wird und Sie sich für die Belange aller Travemünder einsetzen, verbleibe ich ….
Quelle: Brief eines Travemünder Bürgers an den Travemünder Ortsrat von 20.08.2019
Die nächste Ortsrats-Sitzung:
- Die 11. Sitzung des Travemünder Ortsrates findet am Mittwoch, 11. September 2019, um 19:00 Uhr im Travemünder Gesellschaftshaus, Torstraße 1, statt. Dort dürfte nun die Sitzbänke-Diskussion erneut geführt werden. Auch an weiteren Themen mangelt es nicht, immerhin hat Innensenator Ludger Hinsen (CDU) seine Teilnahme zugesagt. Zum Thema Sicherheit bietet sich da einiges an, von der toten Birke am Wohnmobilplatz (TA berichtete) über das Starkstromkabel unterm Priwallstrand (TA berichtete) bis zur Munition in der Ostsee (TA berichtete). Und wo der Senator schon mal da ist, wird sicher jemand nach dem Stadtteilbüro fragen. Auch die Travemünder Gerüchteküche brodelt: Derzeit geht rum, das Restaurant »Hein Mück« (auch bekannt als »Pappschachtel«) sei unter Denkmalschutz gestellt worden. Und eine andere unbestätigte Flurfunk-Geschichte besagt, Beach-Bay-Investor Sven Hollesen hätte die Faxen mit den Fährkosten dicke und wolle dem Stadtverkehr eine Priwallfähre abkaufen … TA
Zum damaligen Zeitpunkt sah die Entwurfsplanung eine Sitzmauer aus Beton mit Durchwegung zum Wasser, ohne Rückenlehne, vor. Zudem sollte eine Treppenanlage errichtet werden. Die grundsätzliche Ausstattung mit einer Lehne wurde nach den Anregungen der Bürger bei der der o. g. Ortsratsitzung in die weitere Ausführungsplanung aufgenommen.
Sowohl die Treppenanlage als auch die Sitzbänke wurden hergestellt. Die Treppenanlage sowie zwei von den Sitzbänken bieten einen freien Blick auf das Wasser. Die anderen drei Sitzbänke im Bereich der Liegeplätze wurden mit Blickrichtung Marktplatz aufgestellt. Grundsätzlich sind die Lehnen bei den Sitzbänken aber nicht durchgehend, so dass eine freie Wahl der Sitz- bzw. Blickrichtung stets möglich ist. Diese Lösung stellt einen Kompromiss dar, mit dem Ziel den Interessen der Passanten und Liegeplatzinhaber gerecht zu werden.
Insofern liegt keine Änderung der Planung vor, sondern vielmehr eine Weiterentwicklung im Abstimmungsprozess.«