MARITIMES
Travemünde 31.03.2019
Hilfe für Ersthelfer
»Travemünder Protokoll« unterstützt bei der Rettung auf See

»Die DGzRS macht hauptsächlich technische Hilfeleistung«, erklärt Dr. Jörg Sandmann aus Travemünde. Geht es darum, Verletzte oder Kranke zu versorgen, fehlt den Ersthelfern deshalb oft die Praxis. An Bord sind ehrenamtliche SAR-Rettungshilfen. »Das entspricht fast dem Rettungssanitäter«, erklärt Dr. Sandmann. Die bisher üblichen Protokolle hätten die gar nicht ausfüllen können, weil sie dafür sehr viel wissen müssten. Es fehlte ein Leitfaden, an dem man sich »entlanghangeln« kann. Zumal es auf See nicht unbedingt Empfang gibt, die Helfer also völlig auf sich gestellt sind in einer Extremsituation. Dr. Sandmann und die Travemünder Seenotretter haben deshalb etwas entwickelt, »was der Rettungsmann von oben nach unten runterdekliniert«. Es wird direkt am Verletzten ausgefüllt, wobei ein Helfer vorliest und der andere die Untersuchung durchführt. Ist beispielsweise die Person ansprechbar, wird ein Häkchen gemacht und es geht weiter nach unten in der Liste. Ist sie bewusstlos, geht es in der rechten Spalte weiter mit »Kinn anheben/ggf. Seitenlage«.

»Sie haben immer das Schema: Was soll ich untersuchen, was habe ich für ein Ergebnis, was soll ich machen?«, erklärt Dr. Sandmann. So braucht man in einer Stresssituation nicht einmal nachdenken, sondern kann einfach die Liste abarbeiten. Das »Travemünder Protokoll« wurde so lange geübt und geändert, bis alle damit zurechtkamen. Inzwischen wird auf der Rettungsdienstschule der DGzRS in Neustadt im Kreis Ostholstein damit ausgebildet, die ganze Flotte hat es an Bord.
Die Checkliste hilft aber nicht nur den Patienten, sondern auch den ehrenamtlichen Rettern: Die sollen sich hinterher nicht Vorwürfe machen, etwas falsch gemacht zu haben. So etwas kann zu posttraumatischen Belastungsstörungen führen mit dem Ergebnis, dass die Leute nie wieder auf See fahren. »Das darf bei einer freiwilligen Sache nicht passieren«, sagt Dr. Sandmann. Die Checkliste soll den Rettern die Gewissheit geben, dass sie alles richtig gemacht haben.

Beim Travemünder Notärzte-Kongress wurde die Checkliste auch ausgestellt in der Hoffnung, dass das Menschen mit Einfluss sehen und das System in andere Lebensbereiche tragen. »Im Grunde muss man sich fragen: Muss das nicht auch der Schulsanitäter haben?«, nennt Dr. Sandmann ein Beispiel. Was ist, wenn der Patient verstirbt und der Schulsanitäter macht sich zuhause Vorwürfe, weil er den Blutdruck nicht gemessen hat? »Wir lassen ganz viele Leute allein«, sagt Dr. Sandmann. Man müsse auch an die denken, die auf Rettungshelfer-Niveau sind. Und ihnen die richtigen Tools an die Hand geben. TA