ORTSGESCHEHEN
Travemünde 03.02.2019
Familien im zweiten Stock, aber keine Feuerwehrzufahrt
Anwohner am Mühlenberg protestieren gegen geplanten Wohnblock zwischen Einzelhäusern

Bald werden Baufahrzeuge die schmale Zufahrt vorbei an den Terrassen von Christine Flöter nehmen. Später werden die neuen Nachbarn auf dem Weg zu ihren Tiefgaragenstellplätzen hin- und herfahren. Christine Flöter befürchtet Einbußen aus ihrer Ferienvermietung, aber das ist nur die geringste Sorge.
Die Anwohner haben Angst um ihre Häuser: Der Baugrund, berichtet die Gruppe, die sich um Informationen über das Projekt bemüht, sei ein Endmoränengrundstück. Früher sei dort eine Gärtnerei gewesen. Schon bei normalen Hausbauten hätte man Findlinge aus der Erde geholt, »fast so groß wie der Möwenstein.« Beim viel größeren Bauaushub für Tiefgaragen werden nun Schäden an den Häusern befürchtet. Ein Bauingenieur hätte schon gewarnt, dass es Risse geben werde. Anwohner überlegen nun, vor Baubeginn per Gutachten den Bauzustand ihrer Häuser zu dokumentieren. Damit sie später beweisen können, dass Risse durch die Bauaktivität entstanden sind. Dadurch haben sie erst einmal Kosten. Und dann ist da noch die Sorge, dass die Firma die baut, eine Hamburger GmbH & Co. KG, auch dann noch existiert, wenn es um mögliche Schäden geht.
Am Ende der Zufahrtstraße im Mühlenberg steht das Einfamilienhaus, das bald für den neuen Wohnblock abgerissen werden soll. Drei Wohnungen im Erdgeschoss, drei im Obergeschoss, zwei im Dachgeschoss sollen entstehen. Mit großen Balkonen und 11,2 Meter hoch. »Meins ist höchstens sieben Meter«, sagt Christine Flöter. Gegen ein zur Umgebung passendes Doppelhaus oder Reihenhaus hätte niemand etwas gehabt. Angesichts der Projektunterlagen sprechen die Anwohner aber von einem »Klotz«, der da zwischen ihren Häusern genehmigt wurde. Die nächste Sorge ist dann, dass ähnliche Bauten folgen könnten. »Es fühlt sich an wie ein Angriff«, sagt eine Nachbarin.
Dass das Projekt genehmigt wurde, hatte Christine Flöter erst wenige Tage vor Ende der Widerspruchsfrist erfahren. Bei der Stadt hätte sie zwar um Informationen gebeten, erzählt sie, hätte mit Grundbuchauszug nachgewiesen, dass sie betroffen sei. Bekommen habe sie aber nichts. Zufällig erfuhr sie dann von einem anderen Nachbarn, dass der die Unterlagen bekommen hatte. Viel Zeit zur Vorbereitung war da nicht mehr. Schnell legte sie noch Widerspruch ein, handschriftlich. Viel Hoffnung, dass daraus etwas wird, hat sie nicht.
Dabei hatte sie längst gedacht, die Sache sei erledigt. Eben wegen der Prüfung, bei der die Feuerwehr versucht hätte, das zukünftige Baugrundstück anzufahren. »Die haben das ja nicht geschafft«, sagt Christine Flöter. Der Mühlenberg sei an dieser Stelle nicht breit genug, das große Fahrzeug sei gar nicht um die Kurve gekommen. Ein Angebot des Bauherren, links und rechts der Zufahrt 1,30 Meter vom Grundstück abzukaufen, hätte es auch gegeben, berichten die Nachbarn. Verständlicherweise lehnten die Anwohner ab. Die Feuerwehr sei dann im Herbst nochmal wiedergekommen, hätte noch einmal geprüft. »Da kamen die natürlich wieder nicht hoch.« Die Nachbarn waren erleichtert: »Weil dann darf ja nicht gebaut werden.« Glaubte Christine Flöter. Bis sie von der Baugenehmigung erfuhr.

»Wir sind entsetzt, dass die Feuerwehr nicht hochkommt, im dritten Stock aber Leute wohnen.« Sie findet es »eigenartig, dass so etwas genehmigt wurde.« Gern würden die Nachbarn mal einen Blick in den Bericht der Feuerwehr werfen. Der lag den Unterlagen aber nicht bei. TA