POLITIK
Travemünde 26.01.2019
»Gemeinsinn vor Eigensinn«
Heino Haase von den »Unabhängigen« im Interview über Lokalpolitik und Travemünder Themen

- TA: Mancher Politiker hat erwartet, dass sich die »Unabhängigen« ähnlich wie früher die Bürger für Lübeck irgendwann zerstreiten und aufspalten. Bleibt die Truppe bis zur nächsten Kommunalwahl komplett?
- Heino Haase: Auf jeden Fall. Warum? Wir Unabhängige sind eine harmonische, politische Gemeinschaft mit toleranter Diskussionskultur. Wir leben unser Wahlprogramm: Gemeinsinn vor Eigensinn. Unsere öffentlich abgehaltenen Fraktionssitzungen werden zunehmend von Gästen besucht. Unsere Mitgliederzahl wächst. Unsere Politik ist anders und die Anerkennung steigt.
- TA: SPD und CDU sollen nicht mehr allein bestimmen können, lautete ein Ziel der Unabhängigen im Wahlkampf. Das scheint nicht zu klappen…
- Heino Haase: Trotz erheblicher Stimmenverluste haben CDU und SPD zusammen weiterhin die Mehrheit mit 2 Stimmen. Solange es keine Koalition dieser Parteien gibt, muss jeder für sein Vorhaben Mehrheiten suchen. Das ist mühsamer als durchregieren, aber sehr demokratisch. Würde es eine Koalition von SPD und CDU geben, hätten wir wieder eine Hinterzimmerpolitik wie vor der Wahl. Die Demokratie würde leiden.
- TA: »Transparenz« ist ebenfalls ein großes Thema bei den Unabhängigen. Dazu sollten die »Stadtgespräche« dienen. Das letzte war im August 2018 Sommer zur »Travemünder Woche«. Ist die Veranstaltungsreihe eingeschlafen?
- Heino Haase: Nein. Am 15. Februar um 18.30 findet im Restaurant »Marina« das nächste »Stadtgespräch« der Unabhängigen statt und soll kontinuierlich fortgesetzt werden. Mit unserem für Travemünde neuen Veranstaltungsformat sind viele verschiedene Travemünder Akteure zu Wort gekommen und konnten Ihre Anliegen vorbringen. Das ist wichtig für unsere politische Arbeit. Am 15. Februar werden wir im Gespräch mit Akteuren und Gästen die Themen Leuchtenfeld, Bertlingstraße/Strandbahnhof, Bauvorhaben, Stadtbild usw. erörtern. Wir hoffen auf eine rege Beteiligung
- TA: In diesem Jahrzehnt gab es fünf Einwohnerversammlungen in Lübeck, eine davon in Travemünde. Ist das genug Teilhabe?
- Heino Haase: Eindeutig nein. Es kann nur ein Anfang sein. So wie ich die »Stadtteilkonferenz« erlebt habe war es ein Infoabend auf dem der Bürgermeister und seine Mitarbeiter ihre Arbeit vorgestellt haben. Mit dem Feigenblatt »Wir werden uns bei Ihnen melden«, ist keine Bürgerbeteiligung erreicht. Im Übrigen ist auf der Internetseite »Stadtteilkonferenz« zu der Veranstaltung in Travemünde, 22. Oktober 2018, aktuell zu lesen: »Die gestellten Fragen sind in Bearbeitung«. Bürgerbeteiligung sieht anders aus!
- TA: Ist die Verwaltung unter dem neuen Bürgermeister transparenter geworden?
- Heino Haase: Der neue Bürgermeister Jan Lindenau gehört zur Generation, die mit dem Internet aufgewachsen ist. Über diese Schiene wird versucht Transparenz zu transportieren. Es ist aber alles noch viel zu kompliziert, zerstreut und unvollständig. Das reicht noch nicht. Wir hoffen, dass sich Bürgerbeteiligung und Transparenz, wie wir Unabhängige sie verstehen, mit der Zeit durchsetzen wird.
- TA: Sie wollen die geplante touristische Kohlenhof-Bebauung verhindern. Wie schätzen Sie die Chancen für eine Mehrheit in der Bürgerschaft ein?
- Heino Haase: Nicht nur die Unabhängigen sind gegen die Kohlenhofbebauung, auch die Travemünder CDU, SPD und der Ortsrat. Die FDP wartet noch ab. Der größte Teil der Travemünder ist gegen eine weitere Bebauung und Verschandelung des Travemünder Stadtbild. Entscheidend wird sein, wie sich die CDU in der Lübecker Bürgerschaft verhält. Die CDU ist offenkundig gespalten. Ein Travemünder CDU Bürgerschaftsmitglied ist ein ausgewiesener Verbündeter von Hollesen. Wenn es zu einer Koalition von CDU und SPD kommt, wird das Thema Kohlenhofbebauung noch verzwickter. Sollte sich eine entsprechende Mehrheit in der Lübecker Bürgerschaft für die Bebauung abzeichnen, werden die Parteien, die diese Mehrheit tragen, zukünftig in Travemünde schlechte Karten haben. Die Unabhängigen werden, zusammen mit anderen Travemünder Organisationen, zu öffentlichen Protesten aufrufen und auch gegen eine entsprechende Abstimmungsabsicht auf die Straße gehen. Das ist dann die Lehre aus den 600 eingebrachten Eingaben gegen Waterfront, die nichts bewirkt haben.
- TA: Das Sportprogramm der »Travemünder Woche« organisiert der Yacht-Club aus Lübeck, das Landprogramm eine Agentur aus Hamburg. Haben die Travemünder überhaupt Einfluss auf die Großveranstaltung vor ihrer Haustür?
- Heino Haase: Die Travemünder Woche feiert in diesem Jahr 130jähriges Bestehen. Die TW ist wie ein großer Tanker, der sich schwer bewegen lässt. Ich halte eine Einflussnahme sowohl auf das Sport- als auch das Landprogramm ob der Größe für begrenzt. Trotzdem haben sowohl der LYC als auch der Veranstalter Herr Bergmann immer ein offenes Ohr für Anregungen. Mit einem großen Teil des Erlöses aus dem Landprogramm werden die Segelveranstaltungen finanziert. Da der Finanzbedarf erheblich ist, ist auch die vermietete Fläche für Verkaufs- und Infostände entsprechend groß. So wie ich die Macher der TW kenne, sind sie bemüht, allen Besuchern und den Travemündern gerecht zu werden. Neues was sich als schlecht erwiesen hat, ist im nächsten Jahr korrigiert. Auch durch das feedback der Travemünder.
- TA: Der Busbahnhof mit funktionslosem Kombibahnsteig und Umfeld gelten seit vielen Jahren als Problemzone, Sie hatten dort auch schon eine Veranstaltung. Wie lässt sich erreichen, dass es dort vorangeht?
- Heino Haase: Der Strandbahnhof als zentraler Schwerpunkt ist in Privathand. Der Eigentümer hat es bisher nicht geschafft das Objekt ökonomisch und touristisch zu entwickeln. Die Problemzone Strandbahnhof/Bertlingstraße ist für Travemünde imageschädigend. Um den desolaten Zustand im Bereich Strandbahnhof/Bertlingstraße zu beenden, schlagen die Unabhängigen vor, dass die Stadt den Bahnhof kauft und danach den Umbau des gesamten Areals vornimmt, wie von der Stadtplanung schon mehrfach vorgestellt. Damit könnte auch der Kombibahnsteig Wirklichkeit werden. Es würde eine WIN/WIN Situation entstehen: die Stadtverwaltung zieht mit dem Tourismusbüro, der Kurverwaltung und dem Stadtteilbüro in eigene Räume. Sogar die Stadtbibliothek könnte aus ihren verpilzten Räumen ausziehen. Gleichzeitig wird die Stadtschule von der kommenden Platznot befreit. Das gesamte Areal um den Bahnhof herum hat ein immenses Entwicklungspotenzial und würde sich selbst amortisieren.
Unabhängige laden zum Stadtgespräch
- Die Wählergemeinschaft »Die Unabhängigen« lädt im Rahmen ihrer politischen Veranstaltungsreihe »Stadtgespräch« ins Travemünder Restaurant »Marina«, Trelleborgallee 2A (Obergeschoss). Im Gespräch mit Akteuren und Gästen sollen Themen wie Leuchtenfeld, Bertlingstraße/Strandbahnhof, Bauvorhaben, Stadtbild und mehr erörtert werden. Die Veranstaltung findet am Freitag, 15. Februar 2019, ab 18:30 Uhr statt und ist öffentlich. Jeder Interessierte kann gern teilnehmen.