MEDIEN
Travemünde 06.06.2018
»Wie alte Gemälde der französischen Impressionisten«
Weltgereister Fotoreporter Dirk Hourticolon mit Travemünde als Wahlheimat

Gelernt hat Dirk Hourticolon das Hotelfach, sollte dann eigentlich Diplomat werden. Doch dazu hatte er keine Lust: »Sesselfurzer mit nem Glas Champagner in der Hand, das muss ich nicht haben«, sagt er. So fing er als Polizeireporter bei einer kleinen Zeitung an und landete dann schnell bei den ganz großen: Bei Springer in Hamburg. Es folgten fünfzig Jahre als Fotoreporter, in denen er mehr als 120 Länder besuchte.
Wenn er mal in Travemünde gearbeitet hat, kam immer der Gedanke auf: Hier möchte man auch mal wohnen. »Es war immer wieder schwer, sich abends von Travemünde zu trennen«, erinnert er sich. Trennen muss er sich nun auch nicht mehr, denn seit Oktober letzten Jahres ist er mit seiner Frau ganz hergezogen. In eine Wohnung neben dem Gebäude des Pommernzentrums, das bekanntlich bald abgerissen werden soll.
Travemünde sei vom Wohnwert hier ideal, findet Dirk Hourticolon. Die Straßen sind eben, es ist sauber. Und dann schwärmt er von dem kleinen Wochenmarkt mit den alten Häusern der Vorderreihe dahinter: »Das ist wie alte Gemälde der französischen Impressionisten.«
Dass Travemünde jetzt noch mehr wächst, findet er als Foto-Ästhet allerdings »furchtbar«, besonders die neuen Gebäude beim Maritim. »Das sind für mich Schuhkartons mit einem Deckel drauf und Löcher an den Seiten. Das ist so einfallslos«, sagt er. Da hätte man doch etwas Maritimes machen können, zum Beispiel in Form eines Bugschiffes. »Es ist eine Katastrophe. Und jeder der hierherkommt sagt: Mein Gott, was ist denn hier los?« Dagegen seien die Neubauten auf dem Priwall noch nett. »Das hat ja bisschen Luft dazwischen.«
In Travemünde genießen die Hourticolons den Sommer, machen auch mal ein Fest mit. Seit April betreut er eine afghanische Familie in der Gemeinschaftsunterkunft Ostseestraße. Und dann fängt der Fotograf jetzt mit dem Schreiben von Büchern an. »Ich bin Rentner nur auf dem Papier. Ich kann nicht ruhig sitzen«, sagt Dirk Hourticolon.
Ein Buch soll von einem afghanischen Jungen handeln, der von einer Napalmbombe getroffenen worden war. Dirk Hourticolon ließ ihn vor Jahrzehnten in Deutschland operieren und pflegte ihn in seiner Familie gesund. Mohammed wäre gestorben, wenn der Reporter ihn nicht zufällig gefunden hätte. Der Junge war damals in dem Alter wie Hourticolon, als der selbst im Krieg verschüttet und gerettet wurde. Und da schließt sich für den Fotografen der Kreis. TA