Politik 7 260
Lübeck 30.04.2018
Schwere Vorwürfe gegen die Stadtspitze
»Die Unabhängigen« werfen »den beiden Bürgermeistern« Saxe und Lindenau Einflussnahme zugunsten der SPD im Kommunalwahlkampf vor

Konkret geht es um ein riesiges Plakat in der Lübecker Konrad-Adenauer-Straße. Der Hauseigentümer hatte der Wählergemeinschaft die attraktive Fläche in Sichtweite des Lübecker Hauptbahnhofes angeboten, berichten Detlev Stolzenberg und Wolfgang Neskovic von den Unabhängigen.
Seit Mitte April hängt das sieben mal zehn Meter messende Plakat an der Wand. Am 18. April bekamen Wahlkämpfer dann überraschend eine Verfügung vom Denkmalschutz, sollten ihre Wahlwerbung bei Androhung von 5.000 Euro Strafe wieder entfernen.

Der Brief wurde nicht per Post zugestellt, sondern den Unabhängigen persönlich in die Hand gedrückt. Dabei soll es Aussagen gegeben haben, die bei den Politikern für Empörung sorgen: Das Denkmalschutzamt soll von »beiden Bürgermeistern«, also dem scheidenden Bürgermeister Bernd Saxe (SPD), und dem zukünftigen, noch gar nicht im Amt befindlichen Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) auf das Plakat angesetzt worden sein.
Nicht nur, dass die Verfügung laut Wolfgang Nescovic »ganz offensichtlich rechtswidrig« ist, erfolgte sie, so Detlev Stolzenberg, »nicht auf Initiative der Denkmalbehörde, sondern von der Politik ganz oben«.
Auf der Pressekonferenz am Montag in Lübeck fielen harte Worte wie »Missbrauch der Stellung« und »Politische Einflussnahme von Mandatsträgern«.
Sollten die »beiden Bürgermeister« tatsächlich versucht haben, das Plakat aus politischen Motiven vor der Wahl entfernen zu lassen, wären sie allerdings gescheitert: Die Unabhängigen konnten eine Fristverlängerung bis zum 5. Mai erwirken, einen Tag vor der Wahl. Dann soll das Plakat per Hubsteiger abgenommen werden, was sicherlich noch einmal für Aufmerksamkeit sorgen wird. Die Kommunalwahl ist dann am 6. Mai.
Weitere Konsequenzen wird das Ganze auch nicht haben, es werden weder Klagen noch Beschwerden angestrebt. Detlev Stolzenberg erinnerte an die offensichtlich unrichtigen Äußerungen des Wahlleiters Bernd Saxe (SPD) zu Stolzenbergs Buswerbung während des Bürgermeister-Wahlkampfes. Damals hätte er sich bei der Kommunalaufsicht beschwert. Und bis heute keine Antwort aus Kiel erhalten. TA
Das Riesenplakat der Wählergruppe Die Unabhängigen an einer Hauswand in der Konrad-Adenauer-Straße sorgt für Riesenärger. Nach Angaben der Leiterin der Denkmalpflege hätten die »beiden Bürgermeister« Saxe und Lindenau sie unabhängig voneinander aufgefordert, dafür zu sorgen, dass das Banner entfernt werden soll. Der Grundstückseigentümer hat daraufhin eine Aufforderung von der Denkmalschutzbehörde erhalten, das Plakat innerhalb einer Woche abzunehmen. Zusätzlich ist eine Zwangsgeldandrohung von 5.000 Euro ergangen. Das Banner muss noch vor der Kommunalwahl abgenommen werden.
Dazu erklärt der stellvertretende Vorsitzende der Unabhängigen Wolfgang Nescovic: »Der Bescheid der Denkmalpflege ist offenkundig rechtsfehlerhaft. Mit an den Haaren herbeigezogenen Behauptungen soll mit den Mitteln des Denkmalrechts eine Wahlwerbung der Unabhängigen, die von den etablierten Parteien als ernsthafte Konkurrenz angesehen wird, aus dem Verkehr gezogen werden.
Das Banner hängt dort nur kurzfristig für einen Zeitraum von drei Wochen. Es zielt also nicht auf eine dauerhafte Veränderung ab und betrifft auch keine denkmalsbegründenden Eigenschaften des Gebäudes und seiner Umgebung. Stattdessen wird eine hässliche Brandwand, die zuvor jahrzehntelang für gewerbliche Werbung genutzt worden ist, für einen kurzen Zeitraum (ca. 3 Wochen) verschönert. Damit wird die für eine Genehmigung erforderliche Bedeutungsschwelle im Sinne des Denkmalrechts überhaupt nicht erreicht.
Außerdem berücksichtigt die Anordnung der Dankmalpflege nicht den Umstand, dass es sich bei dieser Werbung nicht um eine gewerbliche Werbung, sondern um eine Werbung im Kontext einer demokratischen Wahl handelt. Wahlen sind für das Bestehen einer Demokratie schlechthin konstitutiv, so dass hier unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Ausnahmen von ansonsten bestehenden Verboten zulässig sind. Deswegen können auch für einen Zeitraum von sechs Wochen ausnahmsweise im öffentlichen Straßenraum Wahlplakate aufgestellt werden. Allein die Tatsache, dass die Denkmalpflege die vorgenannten Gesichtspunkte im Rahmen ihrer Ermessenserwägungen nicht berücksichtigt hat, führt zur Rechtswidrigkeit des Bescheides.«
Detlev Stolzenberg, Vorsitzender der Unabhängigen, erklärt dazu: »Durch die Intervention der »beiden SPD-Bürgermeister« entsteht der Eindruck, dass die Denkmalschutzbehörde für Wahlkampfzwecke der SPD instrumentalisiert werden soll. Das wäre ein eklatanter Verstoß gegen die Neutralitätspflicht der Verwaltung. Die Verwaltung ist kein Dienstleistungsbetrieb der SPD, sondern ein Dienstleistungsbetrieb der Bürgerinnen und Bürger. Das Vertrauen in eine unparteiliche Amtsführung der Verwaltung darf nicht beschädigt werden.
Stolzenberg weiter: »An der Brandwand in der Konrad-Adenauer-Straße, wo das Banner hängt, soll ein Hotelneubau entstehen. Der Grundstückseigentümer hat deshalb den Unabhängigen die Wand für das Banner angeboten, um gegen die überdimensionale Bebauung und den geplanten Abriss der spätklassizistischen weißen Villa am Lindenplatz zu protestieren. Wir treten als Wählergruppe an, damit öffentliche Belange endlich wieder beachtet werden. Die Verwaltungsspitze winkt das Projekt einfach durch. Die fachliche Beurteilung der Dienststellen wird einfach ignoriert. Entgegen der bisherigen Auffassung, es müsse ein städtebaulicher Wettbewerb durchgeführt werden und es sei ein Bebauungsplan erforderlich, wird davon abgesehen. Die Abrissgenehmigung für die denkmalwürdige spätklassizistische Villa wurde erteilt. Das städtische Grundstück wurde an einen gut bekannten Investor ohne Ausschreibung vergeben. Das Banner ist unser Protest gegen diese Machenschaften: Stopp dem Klüngel im Rathaus.« PM
Quelle: Pressemitteilung »Die Unabhängigen« vom 30. April 2018