ORTSGESCHEHEN 4 204
Travemünde 28.02.2017
Erst bauen, dann planen
»Mobilitätsworkshop« im Schatten der Großbaustellen
Das am Montag vorgestellte »Parkraum-Konzept« (TA berichtete) der Verwaltung liest sich, als hätte jemand eilig Begriffe zum Thema »Parkplatz« zusammengegoogelt und das Ergebnis in möglichst unverständliche Sprache gepackt. Am Dienstag bot die Stadt den Travemündern nun einen »Mobilitäts-Workshop«. Zu spät.
Schon die Ankündigung des Workshops misslang: Obwohl der Termin längst feststand, wurde er erst am 15. Februar öffentlich bekanntgemacht (TA berichtete). Und dann auch noch mit kurzer Anmeldefrist. Am Ende waren dann gar nicht alle Plätze vergeben worden und jeder, der wollte, durfte mitmachen, auch ohne Anmeldung.
In sicher gut gemeinten Wortbeiträgen der Teilnehmer gab es dann Beispielsweise Beiträge zu den Gefahrenschwerpunkten für Radfahrer und zu einer möglichen Verkehrsentlastung durch Carsharing. »Es wird immer mehr Verkehr in der Teutendorfer Siedlung« stellte ein Anwohner in einem weiteren Beitrag fest.
Der Travemünder Ortsratsvorsitzende Gerd Schröder kritisierte, dass die vorgestellten Themen längst stadtbekannt seien und in jeder Sitzung debattiert würden.
Bevor die Teilnehmer sich dann in einzelne Arbeitsgruppen (»Fußverkehr und Aufenthalt«, »Fahrradverkehr«, »Bus und Bahn«, »Kfz-Verkehr und Parken«) aufteilten, durften die Bürger noch Punkte kleben. Auf Schautafeln gab es dazu Fragen wie »Mit welchem Verkehrsmittel sind Sie überwiegend unterwegs?« Die vorgegebenen Antworten (Kfz, Fahrrad, Bus/Bahn, zu Fuß, mit Hilfsmittel) waren zum besseren Verständnis mit Kinderzeichnungen illustriert.
Bleibt die Frage nach dem Sinn des Ganzen: Reagieren kann die Stadt ohnehin nicht mehr, die Grundstücke sind verkauft, die Bauprojekte laufen bereits. Zur Recht hatte Travemündes Ortsratsvorsitzender Gerd Schröder darauf hingewiesen, dass bei Auswertung der Workshop-Ergebnisse die ersten Großbauten schon fertiggestellt sein werden.
Nun geht Travemünde nach Waterfront und Aqua-Top mit dem Hafenquartier bereits auf die dritte Großbaustelle zu. Erst wird gebaut, dann der Verkehr drumherum geplant, soweit das noch möglich ist. Ferienwohnungen sollen ja auch noch am Godewind und ein Hotel am Lotsenberg entstehen.
Die Veranstalter verwiesen auf die geplanten neuen Wohngebiete. Allerdings ist auch bei denen seit Jahren bekannt, wo sie liegen werden.
Durch die Bauvorhaben verliert Travemünde Parkplätze in Strandnähe. Die Befürchtungen im Ort sind, dass es dadurch zu mehr Suchverkehr kommt. Oder der Verlust an attraktiven Parkplätzen Tagesgäste abwandern lässt. Oder beides.
Dazu kommt der zusätzliche Kfz-Verkehr durch die vielen neuen Ferienunterkünfte. »Tourismus und Bevölkerung gehören zusammen«, hatte der Ortsratsvorsitzende Gerd Schröder nicht zum ersten Mal gemahnt.
Das Seebad kann sich immerhin damit trösten, dass es noch schlimmer hätte kommen können: Wenn es nach dem scheidenden Bürgermeister gegangen wäre, dann wäre auf dem Grünstrand noch eine weitere Großbaustelle für hunderten neuer Gästebetten (plus Gästeautos) entstanden. TA