ORTSGESCHEHEN
Travemünde 11.04.2016
Zwei Jahrzehnte im Kleingarten
Wo Travemündes früherer Küster gärtnert
Wilfried Moll harkt die Beete durch und das Laub weg, pflanzt Stiefmütterchen. Den Apfelbaum hat er stark zurückgeschnitten, weil er zu groß wurde. Einmal waren zwei Zentner Boskop dran, die hat er zum Entsaften nach Lübeck gebracht. Der Apfelsaft reichte bis zur nächsten Ernte.
Moll weiß, was zu tun ist, denn er ist gelernter Gärtner, hat früher auf dem Rensefelder Friedhof gearbeitet. So lernte er auch den früheren Travemünder Küster Otto Timmermann kennen, dessen Nachfolger er von 1979 bis 1997 an St. Lorenz Travemünde wurde. »Ich hab es nicht leicht gehabt bei so einem guten Vorgänger«, erinnert sich Wilfried Moll. »Es hieß immer: Otto hat das aber so gemacht.« Doch Moll hatte seinen eigenen Weg.
Als Küster bereitete er Gottesdienste und Hochzeiten vor oder sprach mit Handwerkern. An so einer Kirche ist immer etwas zu tun. Und da wurde er auch an freien Tagen angesprochen. Im Kleingarten fand er für sich Ruhe. »Handys gab es damals noch nicht so«, sagt Wilfried Moll.
Ehrenamtlich arbeitet er noch im Travemünder Gesellschaftshaus des Gemeinnützigen Vereins, stellt da zum Beispiel die Stühle zurecht, wenn ein Vortrag ist. Sonst zieht es ihn in seinen Kleingarten.
Er will jetzt große Bohnen pflanzen, festkochende Kartoffeln und Buschtomaten. Der Rhabarber guckt schon aus der Erde. Der Feldsalat wächst ganzjährig. Zuhause auf der Fensterbank hat er Sommerblumen angesät.
Einmal im Jahr wird in seiner Reihe ein »Wegefest« gefeiert, da sitzen alle gemütlich beisammen. Einmal gab es Spanferkel. Gelegentlich gibt es auch neue Nachbarn. Einer sucht schon seit über einem Jahr. Aus Altersgründen, mit mehr als 80 Jahren. Allerdings ist das auch ein sehr großer Garten.
Wilfried Moll will noch lange bleiben. Abends sitzt er gern auf der kleinen Veranda seiner Hütte. Wenn es kalt ist, wärmt ein Ofen. »Ich fühle mich hier sehr wohl«, sagt der Travemünder. TA