POLITIK 3 8
Travemünde/Lübeck 28.11.2014
Ein unmoralisches Angebot?
Schulsenatoren-Kandidat knüpft Schulentwicklung an die eigene Wahl

Mit dem Posten als Kultursenator hätte dem SPD-Fraktionsvorsitzenden auch der Bereich Schule und Sport unterstanden. Und in ihrem Angebot an die CDU macht die SPD gleichzeitig Druck mit Schulfragen. Einer der Namen, die als Verantwortliche unter dem Papier stehen, ist Lindenau selbst.
»Da wird einem wirklich übel, aber klar, wie sonst sollen so viel Fehlentscheidungen zu Stande kommen«, schreibt eine Kommentatorin auf Facebook. Ein anderer schreibt nur »Gruselig« und wieder andere sprechen von »Postengeschacher«.
Unter der Voraussetzung, dass Lindenau zum Senator gewählt wird, sichert die SPD zu, dass die Schulstandorte in den dörflichen Stadtteilen erhalten bleiben. Was Verwunderung bei den Betroffenen auslöst: »Erhaltungswürdig bei Wahl des Kandidaten«, schreibt dazu der Schulverein der Grundschule Groß Steinrade süffisant. Die Schule ist auch in dem SPD-Papier genannt. Ein weiterer Kommentator schreibt: »Ich bin erstaunt, wie schamlos die SPD da agiert hat, um ihren Vorsitzenden auf den Senatorenposten zu hieven.« Und weiter: »Mich bestärkt das in der Überzeugung, dass die Sozialdemokraten in Lübeck in den nächsten Jahren unwählbar sind.«

Für den bedrohten Schulstandort Travemünde knüpfte der SPD-Fraktionsvorsitzende Jan Lindenau seine eigene Wahl sogar an das Schicksal eines ganzen Stadtteils: »Um den Schulstandort Travemünde zu sichern, werden die Baugebiete Neue Teutendorfer Siedlung und Howingsbrook ausgewiesen«, verspricht der Kandidat. Natürlich unter der Voraussetzung, dass der »von der SPD nominierte Kandidat Jan Lindenau zum Fachbereichsleiter des Fachbereiches 4 gewählt wird.« Und wenn nicht? Das wird sich jetzt zeigen: Lindenau scheiterte, wenn auch knapp: 23 Mitglieder der Bürgerschaft stimmten für ihn, 24 für Kathrin Weiher (Parteilos). TA
Das Angebot der SPD im Wortlaut:
Verhandlungsangebot der SPD an die CDU-Bürgerschaftsfraktion
Vor dem Hintergrund der instabilen politischen Verhältnisse in der Lübecker Bürgerschaft und der Notwendigkeit, stabile Mehrheiten für die wichtigen Zukunftsfragen in der Lübecker Bürgerschaft zu erreichen und verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen, schlägt die SPD der CDU-Bürgerschaftsfraktion nachfolgende Eckpunkte vor, um die Fachbereichsleiterwahlen geordnet durchzuführen und eine Grundlage für gemeinsame Gespräche über eine dauerhafte Zusammenarbeit in der Lübecker Bürgerschaft, die bis zum Ende der Wahlperiode andauern soll, zu schaffen:
Die SPD sichert verbindlich zu und ist bereit, diese Zusicherungen unverzüglich, öffentlich zu erklären:
- 1.Die Schulstandorte in den dörflichen Stadtteilen bleiben erhalten. Die anstehenden Maßnahmen in Groß Steinrade und Niendorf werden zügig umgesetzt.
- 2.Die durch das Gutachten »Bildung und Region« zur Schulentwicklungsplanung ausgelste Diskussion um den Schulstandort Kücknitz/Trave-Gymnasium wird im Rahmen der anstehenden Schulentwicklungsplanung unter Einbeziehung von Schülern, Eltern und Lehrkräften ein konsensuales Planungsergebnis herbeigeführt. Alle übrigen Standorte der Lübecker Gymnasien werden durch die SPD nicht in Frage gestellt.
- 3.Um den Schulstandort Travemünde zu sichern, werden die Baugebiete Neue Teutendorfer Siedlung und Howingsbrook ausgewiesen.
- 4.Der Kurbetrieb Travemünde wird nicht mehr in Frage gestellt.
- 5.Die Direktwahl des Beirates für Seniorinnen und Senioren bleibt in bisheriger Form bestehen.
- 6.Die Aufsichtsräte der städtischen Beteiligungen werden geschlechtergerecht nach Fraktionsstärke nach Beschlussfassung über den Jahresabschluss 2014 neu besetzt.
- 7.Die SPD sichert der CDU das Zugriffsrecht auf die zu besetzenden Fachbereichsleiterstellen der Fachbereiche 5 (Planen und Bauen) und 3 (Umwelt, Sicherheit und Ordnung) zu. Die CDU sichert der SPD das Zugriffsrecht auf die zu besetzenden Fachbereichsleiterstellen der Fachbereiche 4 (Kultur und Bildung) und 2 (Wirtschaft und Soziales) zu.
Die SPD fühlt sich an diese Zusagen bis zum Ende der aktuellen Wahlperiode auch dann gebunden und sichert diese zu, wenn es in weiteren Gesprächen nicht zu einer vertiefenden Zusammenarbeit kommen sollte.
Voraussetzung für diese Zusagen ist, dass in der Sitzung der Bürgerschaft am 27.11.2014 der von der SPD nominierte Kandidat Jan Lindenau zum Fachbereichsleiter des Fachbereiches 4 gewählt wird.
Lübeck, den 26.11.2014
Conja Grau, stv. Kreisvorsitzende
Jan Lindenau, Fraktionsvorsitzender
Gebriele Schopenhauer, stv. Fraktionsvorsitzende
Peter Reinhardt, stv. Fraktionsvorsitzender