Der Lübecker Bürgermeister Bernd Saxe bekommt bald einen Angelschein: Ein Sportangler ist so sauer, dass er seine Erlaubnis für das Brodtener Steilufer direkt an den Verwaltungschef zurückschicken will. Ursache des Ärgers, dem die Angler in Internetforen mit solchen Ankündigungen Luft machen, sind Kontrollen der Wasserschutzpolizei. Denn am Fuße des Steilufers darf man nur vom Ufer aus angeln. Folge: Wer mit Wathose im Wasser stehend angelt, macht sich der Wilderei verdächtig.
Wird hier seit Jahrzehnten gewildert? Der Streit, ob man zum Angeln in Gummihosen die Ostsee betreten darf oder am Ufer bleiben muss, mutet auf den ersten Blick skurril an. Foto: KARL ERHARD VÖGELE
Die Hansestadt Lübeck verkauft zwar Erlaubnisscheine für das Angeln am Brodtener Steilufer, erlaubt die Jagd auf Meerforelle & Co. in ihren Nutzungsbedingungen aber nur »vom Ufer aus.« Klar, dass man dann nicht vom Boot aus angeln darf. Dass sie aber auch nicht mit den hohen wasserdichten »Wathosen« wie üblich einige Meter in die Ostsee gehen dürfen, scheint vielen Anglern nicht bewusst zu sein. »Angler, die zum Angeln ins Wasser gehen (meist mit Wathosen) angeln nicht mehr vom Ufer aus und überscheiten nunmehr die Fischereierlaubnis«, bestätigt die Travemünder Wasserschutzpolizei auf Nachfrage von »Travemünde Aktuell«. Und nennt die enstprechenden Paragraphen: »Eine Überschreitung der Fischereierlaubnis stellt den Anfangsverdacht einer Straftat gem. § 293 (Fischwilderei i.V.m. §294 (Strafantrag) StGB dar.« Die Polizei ist in solchen Fällen zur Strafverfolgung verpflichtet. Nun wird am Brodtener Steilufer aber schon seit Jahrzehnten mit Wathose geangelt. Anders ist das auch kaum möglich, will man den Fang nicht über die Steine im flachen Wasser an den Strand ziehen. Doch nicht jeder sieht die Angler im Wasser gern: »Einzelne Fischer wollen das nicht«, sagt Holger Dabelstein aus Hemmelsdorf. Er kennt beide Seiten, ist Angler, hat aber auch auf dem Hemmelsdorfer See gefischt. Und der Pensionär war viele Jahre bei der Polizei. Als Vermittler im Fischstreit am Steilufer wird er allgemein akzeptiert. Da das Watangeln am Brodtener Ufer seit Jahrzehnten »gute Tradition« sei, hält er ein Gewohnheitsrecht für denkbar. Er selbst sei in zehn Jahren nie kontrolliert worden, meint Holger Dabelstein. Dass die Sache nun hochgekocht ist rührt möglicherweise von einem alten Zwist zwischen Anglern und Fischern her. Dass beide Parteien sich am Brodtener Steilufer überhaupt ins Gehege kommen können, liegt an einer Lübecker Besonderheit: Fischer dürfen am Brodtener Ufer ihre Netze sehr dicht zum Land hin auswerfen. Andernorts gibt es meist eine 200-Meter-Grenze, so dass ein Interessenkonflikt gar nicht möglich ist. Die Fischer berufen sich in Lübeck aber auf Jahrhunderte alte Rechte. Jedenfalls soll es Beschwerden von Fischern über die Angler gegeben haben. Ob die erwischten Watangler nun Post vom Staatsanwalt bekommen, entscheidet die für die Fischerei zuständige Lübecker Behörde: »Stellt die Hansestadt Lübeck, vertreten durch das Lübeck Port Authority (LPA), einen Strafantrag, werden die dann durchgeführten Ermittlungen zur weiteren Entscheidung der Staatsanwaltschaft Lübeck übersandt«, erklärt die Wasserschutzpolizei auf Nachfrage von »Travemünde Aktuell«. Vermutlich wird es soweit wohl nicht kommen, aber die Sache bedarf der Klärung. Erste Angler wollen bereits auf andere Reviere ausweichen. Die Sportfischer sind aber eine interessante touristische Zielgruppe, die in der Nebensaison Travemünde besucht und in ihre Ausrüstung viel Geld investiert. Auf der Jahresversammlung des Lübecker Kreisverbandes der Sportfischer soll es im März bei dem Thema schon zu »hitzigen Dabatten« gekommen sein, ist in einem Bericht auf der Internetseite des Vereins nachzulesen.Um den Streit zu beenden, soll ein entsprechender Antrag in die Lübecker Bürgerschaft eingebracht werden. Die »Nutzungsbedingungen« für das Brodtener Ufer sollen dahingehend geändert werden, dass die »Watangelei in Brodten ausdrücklich erlaubt« wird, so Holger Dabelstein. Damit würde legal werden, was seit Jahrzehnten ohnehin gängige Praxis ist. TA#ia#Das sagt die Wasserschutzpolizei: »Das Brodtener Ufer gehört gem. der Satzung über die Ausübung des Fischereirechts der Hansestadt Lübeck v. 01.12.95, geändert am 28.06.2007, zum Fischereibezirk IV. ( s. § 5 (1) Nr. 4 – Fischereibezirke sowie § 2 Nr. 2 der Nutzungsbedingungen über die Ausübung der Angelfischerei auf den Gewässern der Hansestadt Lübeck). Zur Ausübung der Fischerei im dortigen Bereich wird ein gültiger Jahresfischereischein und ein Erlaubnisschein der Hansestadt Lübeck für Küstengewässer gem. § 3(2)c der Nutzungsbedingungen über die Ausübung der Angelfischerei auf den Gewässern der Hansestadt Lübeck gefordert. Die zur Zeit geltenden Nutzungsbedingungen vom 01.01.2013 enthalten gem. § 11(1) Nr. a Angelbeschränkungen. U.a. ist das Angeln im Fischereibezirk IV nur vom Ufer aus erlaubt. Das Angeln von einem Boot aus ist dort ebenfalls untersagt. (§ 10 Nr. 1r) Angler, die zum Angeln ins Wasser gehen (meist mit Wathosen) angeln nicht mehr vom Ufer aus und überscheiten nunmehr die Fischereierlaubnis. Eine Überschreitung der Fischereierlaubnis stellt den Anfangsverdacht einer Straftat gem. § 293 (Fischwilderei i.V.m. §294 (Strafantrag) StGB dar.Die Polizei unterliegt dem Legalitätsprinzip und ist zur Straftatenverfolgung verpflichtet. Stellt die Hansestadt Lübeck, vertreten durch das Lübeck Port Authority (LPA), einen Strafantrag, werden die dann durchgeführten Ermittlungen zur weiteren Entscheidung der Staatsanwaltschaft Lübeck übersandt.« Quelle: Auskunft Presseanfrage Wasserschutzpolizeirevier Lübeck – Travemünde#ie##ia#Das sagt Vermittler Holger Dabelstein: Watangeln am Brodtener Steilufer»Seit Jahrzehnten ist es gute Tradition mittels Watangeln den Meerforellen am Brodtener Ufer nachzustellen. Dieses geschieht hauptsächlich in den Monaten März und April.Um das Angeln dort auszuüben, benötigt der Angler neben dem Jahresfischereischein einen separaten Erlaubnisschein, welcher 21 € extra kostet.Diese zusätzliche Einnahme wird ganz im Sinne der Anglerschaft größtenteils für Besatzfische verwendet.Zur Zeit gibt es eine rege Diskussion darüber, ob beim Angeln am Brodtener Ufer das Wasser betreten werden dürfe.Tatsächlich gibt es unterschiedliche Auslegungen der Nutzungsbedingungen zum dortigen Angeln.Während die Anglerschaft auf den Extra-Angelschein für Brodten, das Fehlen eines ausdrücklichen Verbotes der Watangelei sowie jahrzehntelange Tradition verweist, sind einzelne Fischer anderer Meinung.Sie verstehen die Nutzungsbedingungen der Hansestadt Lübeck derart, dass der Angler z.B. mit einer Wathose die Ostsee nicht betreten darf.Dabei dürfte es um die Sorge einzelner Fischer gehen, das Personen, die das Wasser betreten, sich an den aufgestellten Netzen vergreifen, was aber M.E. im Bereich Brodten bislang nicht geschehen ist.Irritationen löste ein vor wenigen Wochen an Land gespültes Stellnetz aus. Offensichtlich hatte sehr starker Sturm das dicht unter Land aufgestellte Netz an den Strand getrieben. Im Übrigen verbietet der § 9 (2) der Nutzungsbedingungen ausdrücklich, ausliegendes Fischfanggeschirr zu beschädigen, einzuholen oder die Fänge zu entnehmen. Mithin dürfte eine ausreichende Schutzbestimmung zugunsten der Fischer vorhanden sein, so dass darüber hinaus die Watangelei nicht verboten werden müsste.Auch, um den entsprechenden Tierschutz zu berücksichtigen, ist das Keschern geangelter Fische unablässig. Es macht keinen Sinn, untermaßige Fische nachdem sie vom Landangler über Steine und Strand gezogen wurden, wieder zurückzusetzen. Sie Fische würden verenden.Lübeck Port Authority (Seemannsamt und Fischereirecht) prüft gerade, ob es hilfreich sein könnte, die Nutzungsbedingungen für das Angeln in Brodten zusätzlich zu erläutern.Der Kreissportfischerverband Lübeck hat am 14.03.2014 im Rahmen einer Jahreshauptversammlung beschlossen, bei den Fraktionen der Lübecker Bürgerschaft eine Erweiterung der »Nutzungsbedingungen« zu beantragen, indem u.a.die Watangelei in Brodten ausdrücklich erlaubt werden sollte.«Quelle: Auskunft Presseanfrage bei Holger Dabelstein#ie##ia#Das sagt Lübeck Port Authority:»Unter Bezugnahme auf Ihre Anfrage vom 27.03.2014 teile ich Ihnen mit, dass gemäß § 11 der Nutzungsbedingungen über die Ausübung der Angelfischerei auf den Gewässern der Hansestadt Lübeck in den Fischereibezirken II, III und IV nur vom Ufer aus geangelt werden darf, d.h. vom Land aus, nicht im Wasser stehend.«Quelle: Presseanfrage Lübeck Port Authority#ie#Externe Links zum Thema: Aktuelle Diskussion im Forum »Leidenschaft Meerforelle"; Bericht von der Jahreshauptversammlung des Lübecker Kreisverband der Sportfischer e.V.
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Kommentare
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Kommentar von Andreas Hardt am 30.03.2014[5,0/3]
Glückwunsch zu dem sachlichen Beitrag! In der Tat ist die Lübecker Angler- und Fischerei-Politik schon länger Gegenstand der Kritik. Die Angler fühlen sich gegängelt. Überall an der Küste ist das Watfischen erlaubt, überall in Deutschland, in Dänemark, in Schweden, in... – nur vor den Lübecker Küsten nicht. Dabei hat der Kaiser die Rechte nicht etwa den Fischern gegeben, sondern den Bürgern, Zitat: »Ferner steht es den Bürgern und ihren Fischern frei, überall von dem genannten Dorf Oldesloe bis zum Meer zu fischen, ausgenommen im Fischereigehege des Grafen Adolf, so wie sie es zu Zeiten des Herzogs Heinrich zu tun gewohnt waren.« – Und zu der Zeit ging man ins Wasser!
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Kommentar von D.Junge am 30.03.2014[3,7/3]
Seit 1996 ist in der Landesverordnung über die Ausübung der Fischerei in den Küstengewässern (Küstenfischereiverordnung – KüFO-) die 200m Schutzzone eingerichtet. (§ 14 Stellnetz- und Reusenfischerei). Sie soll die anadromen Fischarten und die Seevögel schützen. In Absatz 2 wird mit Verweis auf bestehende Fischereirechte das Verbot u.a. für die Hansestadt Lübeck aufgehoben. In einer Stellungnahme zur KüFO vom 16.08.2013 fordert der BUND eine Ausweitung der Schutzzone. »Der BUND sieht jedoch die dringende Notwendigkeit, die Liste der Sperrgebiete wieder zu erweitern …. In weiteren Schritten müssen zusätzliche wichtige Schutzgebiete wie Walkyriengrund und Brodtener Ufer für die Stellnetzfischerei gesperrt werden.« Quelle . 2013-08-16_Stelln BUND_KüFO+BiFO Die Lübecker Fischereirechte sind ein anachronistisches Überbleibsel! Bei aller Liebe zu hanseatischer Traditionen, Sie gehören nicht in unsere Zeit.