POLITIK
Travemünde 09.10.2012
Sparen am falschen Ende
Landtagsabgeordneter Hartmut Hamerich zu Saxes Plänen für den Kurbetriebs-Ausschuss und Heilige Kühe in Lübeck

Hartmut Hamerich (CDU), direkt gewählter Landtagsabgeordneter für Travemünde, glaubt nicht, dass das viel bringt: »Da fallen paar Sitzungsgelder weg, das bringt wohl nicht ganz so viel Geld«, meint er im TA-Interview. Mehr würden »Heilige Kühe« bringen, die in Lübeck aber niemand anzufassen wagt. Ein paar davon verrät der Kieler Landtagsabgeordnete im Interview:
TA: Herr Hamerich, der Kurbetriebsausschuss steht auf der Sparliste, dabei hat der Kurbetrieb ja gute Arbeit geleistet mit der Promenade. Ist das Sparen am richtigen Ende?
Hartmut Hamerich: Ich glaube das ist eben nicht das Sparen am richtigen Ende. Man sollte möglichst immer versuchen, die Kuh, die man melkt nicht zu schlachten. Denn den Fleischertrag hat man nur einmal, die Milch ist durchgehend zur Verfügung. Ich glaube das ist der falsche Ansatz.
TA: Was bringt das so einen kleinen Ausschuss aufzulösen bei anderthalb Milliarden Schulden?
Hartmut Hamerich: Das bringt nicht so ganz viel, einen Ausschuss, der letztendlich ehrenamtlich tagt, aufzulösen. Da fallen paar Sitzungsgelder weg, das bringt wohl nicht ganz so viel Geld. Aber in Lübeck neigt man ja immer dazu, schnell Schuldige zu finden für die hohe Verschuldung. Ich habe auch mal gehört dass der Flughafen mit seinem jährlichen Zuschussbedarf ganz stark dazu beigetragen hat. Aber zu dem Zeitpunkt hatte Lübeck 1,3 Milliarden und der Flughafen besteht nach meinem Kenntnisstand noch nicht 200 Jahre, um diese Schulden mit verursacht zu haben. Also von daher glaube ich, ist man bisschen falsch davor. Es gibt andere Möglichkeiten.
TA: Gibt es so ein paar wirkliche Kostenfresser, wo sich keiner rantraut?
Hartmut Hamerich: Ich glaube es gibt Kostenfresser wo sich keiner rantraut. Es gibt auch bestimmte heilige Kühe, die nicht angefasst werden. Ich denke an die unsägliche Diskussion mit der LHG. Ich denke an die Stadtwerke-Diskussion. Ich denke auch an Kleingarten-Gelände in exponierter Lage in Lübeck. Ich gönne jedem Kleingärtner seinen Garten, aber ich glaube das muss nicht unbedingt an der Wakenitz sein. Da kann man sicherlich neu drüber nachdenken.
TA: Woran liegt das, dass das nicht angefasst wird? Traut die Bürgerschaft sich da nicht ran oder ist sie generell mit der Thematik überfordert und diskutiert dann lieber über die Abschaffung der Todesstrafe?
Hartmut Hamerich: Ich hab mal von einem ehemaligen Präses der IHK zu Lübeck gehört: Wir Hanseaten reden nicht nur darüber, dass wir unsere Schwiegermutter verkaufen, wir tun das auch. Vielleicht ist ein tatsächlich Hanseatisches Problem: Dass man glaubt, einige Problemchen die man hat aussitzen zu können. Und andere, wo man mit einem gewissen Unwohl herangehen müsste, lieber versucht auszusitzen. Die Zeit ist überlaufen. Lübeck ist nicht mehr Königin der Hanse. Auch wenn es offiziell immer noch so heißt. Aber das hat keine große wirtschaftliche Bedeutung mehr. Ich glaube Lübeck muss sich den Aufgaben der heutigen Zeit stellen und muss in vielen Dingen viel schneller reagieren und auch mal Unannehmlichkeiten mit in Kauf nehmen in der öffentlichen Diskussion.
Interview: TA
Externer Links zum Thema: Liste der Konsolidierungsvorschläge von Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe vom 28.08.2012, Internetauftritt von Hartmut Hamerich