WIRTSCHAFT
Travemünde/Kiel 08.02.2011
Warnstreikaufruf vorm Casino
Travemünder Gewerkschafter fahren zu Minister Wiegard nach Kiel
Eine kleine Gruppe Casino-Mitarbeiter machte sich heute vor der Travemünder Spielbank auf den Weg nach Kiel. Es sollen noch Kollegen dazustoßen, insgesamt war von 15 Gewerkschaftern die Rede. Die Gewerkschaft Ver.di hat zum Warnstreik aufgerufen.
Auf einem Flugblatt wirft die Gewerkschaft der Geschäftsleitung der Spielbanken Schleswig-Holstein vor, sich »trotz drastischer Absenkung der Spielbankabgabe« in der 8. Verhandlungsrunde geweigert zu haben, »troncunabhängige Festgehälter in branchenüblicher Höhe tariflich zu vereinbaren.«
Von Travemünde geht es nach Kiel, wo Kollegen der Spielbanken Schenefeld und Westerland dazustoßen. 40 bis 50 Gewerkschafter wollen dann zum Finanzministerium marschieren und Schleswig-Holsteins Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) eine Resolution überreichen.
Für Travemünde ist die Aktion der Auftakt im aktuellen Tarifstreit. Die Spielbank Schenefeld befindet sich nach Angaben der Gewerkschafter bereits im dritten Streiktag, hier soll der Betrieb im laufenden Spiel unterbrochen worden sein.
Der Warnstreikaufruf für Travemünde gilt von 12:00 bis 19:00 Uhr. Inwiefern der Spielbetrieb dadurch eingeschränkt wird, hängt davon ab, wie viel Angestellte dem Streikaufruf folgen. Inklusive aller Aushilfen arbeiten derzeit insgesamt 57 Mitarbeiter im Casino Travemünde. TA
Pressinformation der Spielbank Schleswig-Holstein GmbH zum Thema:
Info zur verdi Kundgebung vor dem Landeshaus am 8.2.2011
Kiel, 07.02.2011 Die Spielbanken haben in den letzten Jahren mehr als 40% ihres Umsatzes verloren.
In Westerland verzichteten daher seit 2004 Mitarbeiter freiwillig auf Lohnanteile, um den Standort zu sichern. Die im November 2010 vom SH-Landtag beschlossene Abgabensenkung setzt die Spielbankgesellschaften jetzt wirtschaftlich in der Lage, erforderliche Gehaltsanpassungen nachzuholen.
Vor zwei Jahren hatte die Geschäftsführung der SH Spielbanken die Gewerkschaft ver.di erstmalig aufgefordert, in Tarifverhandlungen einzutreten, um Gehaltserhöhungen unmittelbar nach Wirksamwerden einer Abgabensenkung vornehmen zu können. Die Gespräche wurden gewerkschaftsseitig mehrfach abgebrochen und zuletzt nach Wiederaufnahme von verdi für gescheitert erklärt.
Bereits im Sommer 2010 wurden alle SH Spielbank-Beschäftigten von Arbeitgeberseite durchschnittliche Erhöhungen über 10% p.a. in Aussicht gestellt.
Gegenüber gültigen tariflichen und einzelvertraglichen Vereinbarungen fordert die Tarifkommission hingegen 40 bis 51% p.a.
Die letzten in Verhandlungen abgegebenen Arbeitgeberangebote sehen abgesicherte Einkommen mit durchschnittlichen Erhöhungen vor von über
- 20% p.a. für Mitarbeiter der Spielbank Schenefeld mit besonderer
- Berücksichtigung unterer Lohngruppen und mehr Qualifizierungsmöglichkeiten
- 15% p.a. für Mitarbeiter der Spielbank Sylt
- 12% p.a. für Mitarbeiter der Spielbank in Travemünde
Neue Gehaltsvereinbarungen ab 2011 wurden mit den Personalvertretungen bei teilweise deutlich verbesserten Qualifizierungsmöglichkeiten vereinbart
- 17% p.a. für Mitarbeiter der Spielbank Kiel und
- 25% p.a. für Mitarbeiter der Spielbank Flensburg
Die unterschiedlichen Erhöhungen berücksichtigten die verschiedenen Standortgegebenheiten, veränderten Arbeitsanforderungen und
Ausgangsvergütungen in einzelnen Häusern. Sie liegen damit aber alle deutlich über vergleichbaren aktuellen Tarifabschlüssen in der Branche.
Da bis Ende 2010 keine tarifliche Einigung erzielt werden konnte, erhielten alle Mitarbeiter im November/Dezember großzügige Abschlagszahlungen von insgesamt € 85.000.
Nachdem die Tarifkommission auch im Januar 2011 nicht für Verhandlungen zur Verfügung stand, hat die Geschäftsführung für die Spielbanken in Schenefeld und Westerland zunächst monatlich einseitige Erhöhungen um 10% sowie in Travemünde um ca. 8% vorgenommen. Sie ist unverändert bereit, im Verhandlungswege und im Zuge beidseitiger Zugeständnisse auch hierüber hinaus, Tarifvereinbarungen abzuschliessen.
Tarifforderungen, die ausschließlich Gewerkschaftsmitglieder begünstigen, wird die Geschäftsführung aus Gleichbehandlungsgründen aber weiterhin ablehnen.
Matthias Hein
Sprecher der Geschäftsführung Spielbank SH GmbH
Pressemitteilung des Finanzministeriums zum Thema:
Finanzministerium: »Tarifverhandlungen für die Spielbanken führt deren Geschäftsführung und niemand sonst"
KIEL. Als ein falsches Signal bezeichnete der Pressesprecher des Finanzministeriums, Torsten Borchers, die heutige Demonstration der Gewerkschaft Ver.di vor dem Ministerium. »Sinnvoller wäre es, mit der Geschäftsführung über deren Vorschläge für Einkommensverbesserungen für die Beschäftigten zu verhandeln, die die Spielbank SH GmbH in ihrer Pressemitteilung vom 7. Februar öffentlich gemacht hat«, so Borchers. Das Land habe im vergangenen Jahr mit der Senkung der Abgaben das wirtschaftliche Überleben der Spielbanken ermöglicht. Nun sei es allein Sache der Tarifpartner, zu Lösungen zu kommen. »Wenn ich ein Brot essen möchte, dann gehe ich zum Bäcker, nicht zum Bauern und nicht zur Getreidemühle. Wenn die Beschäftigten mehr Gehalt wollen, ist das Gespräch mit der Geschäftsführung die einzige Möglichkeit"; betonte der Sprecher. Das Finanzministerium respektiere die Tarifautonomie und werde sich nicht in die Verhandlungen einmischen.