TOURISMUS 10 4
Travemünde/Lübeck 16.01.2011
Skandal um falsche Zahlen der LTM:
Übernachtungsplus 2010 für Lübeck ist nur halb so groß

Lübeck droht eine neue Blamage in der Tourismus-Wirtschaft: Die LTM unter Geschäftsführerin Andrea Gastager hat durch eine falsche Hochrechnung zahlreichen Vertretern von Wirtschafts- und Tourismusverbänden, Politikern und der Presse falsche Zahlen vorgelegt. Die Folge: Eine große Lübecker Tageszeitung brachte die falsche Zahl am 28. Dezember 2010 schon in der Schlagzeile. In einer Pressemitteilung der Lübecker FDP vom 9. Januar 2011 ist dann »von einem Übernachtungsplus von über 12 Prozent« die Rede. Nur zwei Beispiele.
Die LTM rechnet für 2010 mit mindestens 1.255.842 Übernachtungen und zieht zum Vergleich die Übernachtungszahlen von 2009 heran. Die von ihr genannten 1.115.217 Übernachtungen in 2009 sind jedoch falsch. Die endgültige Zahl ist laut Angaben der Hansestadt Lübeck, Bereich Logistik, Statistik und Wahlen viel höher und beträgt 1.190.551. Dadurch ergibt sich nach der Korrektur lediglich eine Steigerung um 5,5 Prozent statt der von der LTM genannten 12,6 Prozent. Eine gewaltige Differenz.

Realistischer die Zahlen von Statistik-Amt und IHK: Nach den Angaben der Hansestadt Lübeck betrug die Steigerungsrate im Zeitraum von Januar bis Oktober 2010 gegenüber dem Vorjahr 6,5 Prozent und im Vergleich der beiden Jahre von Januar bis November 6,6 Prozent. Auch Christoph Andreas Leicht, Präses der Industrie- und Handelskammer zu Lübeck, sagte in seiner IHK-Jahrespressekonferenz: »Zum Jahresende wird der Anstieg voraussichtlich bei sieben Prozent liegen.« Nach Berechnungen von Travemünde Aktuell wird die Steigerungsrate in 2010 bei den Übernachtungszahlen um 6,6 Prozent liegen.
Der Grund für diese Steigerungsrate liegt größtenteils in der Erhöhung der Bettenzahl in Lübeck um 6,2 Prozent durch zwei neue Hotels. Das statistische Bundesamt Deutschland teilt am 12.01.2011 mit: »Im Zeitraum Januar bis November 2010 erhöhte sich die Zahl der Gästeübernachtungen im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um 3%.«. Diese Steigerung hat sich in Lübeck zusätzlich zu den neuen Betten kaum bemerkbar gemacht. WM
Kommentar
von Helge Normann
Wenn vorn 6,5 Prozent stehen, können hinten nicht 12,6 Prozent rauskommen, das dürfte selbst Laien im Tourismus-Geschäft klar sein. Da widerlegt sich die absurde Jubel-Pressemitteilung von LTM-Geschäftsführerin Andrea Gastager schon von selbst. Es kann ja niemand ernsthaft annehmen, dass sich das Übernachtungsplus in den letzten zwei Monaten des Jahres noch für das komplette Jahr verdoppelt. Längst hat der Bereich Statistik die November-Statistik veröffentlicht, da liegt das Übernachtungs-Plus bei 6,6 Prozent. Weit entfernt von Gastagers »Hochrechnung« mit den utopischen 12,6 Prozent. Spätestens jetzt hätten Politik und Bevölkerung umfangreich informiert werden müssen. Doch immer noch schweigt die Geschäftsführerin der städtischen Tourismus-Gesellschaft. Oder rechnen die Tourismus-Profis vom Holstentorplatz ernsthaft damit, dass der Dezember die Jahresstatistik um weitere 6 Prozent nach oben katapultiert? Wohl kaum.
Es ist unverständlich, warum Gastager solche maßlosen Übertreibungen veröffentlicht. Und es ist ein Skandal, dass sie die falschen Zahlen nicht korrigiert. Lübecks umstrittene »Tourismus-Chefin« nimmt einfach hin, dass ihre Falschinformationen weiter verbreitet werden und Lübeck sich ein weiteres Mal im Tourismus blamiert. Während sie vermeintliche Kritiker schon bei lächerlichsten Abweichungen verfolgt, anderen mit großen Worten den »Mut« abspricht und »ethisches Verhalten« abverlangt, legt sie bei sich selbst solche Maßstäbe nicht an. Doch das hilft ihr nicht: Spätestens mit der Jahresstatistik 2010 wäre die Täuschung der Öffentlichkeit ohnehin aufgefallen.
In der Vergangenheit sind die Übertreibungen bei Nennung von zu hohen Besucherzahlen mit einem Lächeln von der Bevölkerung hingenommen worden. Jetzt reicht es! Lübeck braucht echte Erfolge und keinen Hokuspokus á la Gastager.
Die Verantwortung für die falschen Zahlen trägt die Geschäftsführerin Andrea Gastager für das städtische Unternehmen LTM. Mit den üblichen wortreichen Ausreden ist es diesmal nicht getan: Die Differenzen der fehlerhaften Hochrechnung sind einfach viel zu groß.
Auch mit dieser falschen Darstellung hat die LTM ihren Ruf noch weiter beschädigt. Genauso wie im Veranstaltungsbereich durch die zahlreichen Flops das Kürzel »LTM« längst Gäste abschreckt. Die Politik sollte endlich die Konsequenzen ziehen, um weiteren Schaden von der Hansestadt Lübeck zu nehmen, und sich von der Geschäftsführerin der LTM trennen. Bis zum Auslaufen des Vertrages sollte sie auf einen Posten versetzt werden, auf dem sie keinen weiteren Schaden anrichten kann. Immerhin wird die städtische Marketing-Gesellschaft jährlich mit einem Millionenbetrag aus Steuergeldern bezuschusst. Wobei inzwischen sehr deutlich unterschieden wird zwischen der städtischen Marketing-Gesellschaft, die einmal eine gute und sinnvolle Einrichtung war und wieder sein könnte, und der Geschäftsführerin. Die Politik muss jetzt handeln, parteiübergreifend! Ganz besonders hier muss gelten: Erst kommt das Wohl der Stadt, und dann die Partei. Der Wirtschaftszweig Tourismus ist einfach zu wichtig.
Externe Links zum Thema:
»Lübeck erwartet neuen Übernachtungs-Rekord«, HL-live.de vom 27.12.2010 (15.43 Uhr); »Höhenflug 2010: Lübeck lockt so viele Gäste wie noch nie«, LN-online.de vom 28.12.2010 (00:00 Uhr)
1 http://www.hl-live.de/aktuell/text.php?id=66129
2 http://www.ln-online.de/artikel/2906491