POLITIK
Lübeck 11.10.2010
Ver.di im Wirtschaftsausschuss
Vor dem Verwaltungszentrum Mühlentor sammelte sich am Montagnachmittag auch eine Gruppe von Streikenden der Gewerkschaft ver.di, um den dort tagenden Wirtschaftsausschuss zu besuchen. Es geht um Tarifverhandlungen zwischen der LHG-Servicegesellschaft und ver.di.
Weil die Gewerkschafter nicht auf der Tagesordnung standen, nahmen sie im Sitzungssaal erst einmal Platz und erlebten so die Beratungen um das Lübecker Altstadtfest, die Vermarktung von Kulturveranstaltungen und das Touristische Entwicklungskonzept (TEK) mit.
Erst unter dem Tagesordnungspunkt »Verschiedenes« wurde dann die Frage behandelt, ob der Wirtschaftsausschuss Tarifpolitik machen soll. Schließlich wollte man abstimmen, ob der örtliche Streikleiter Arno Herfurth-Klemm Rederecht im Ausschuss bekommen sollte. Das warf die Frage auf, was er denn vortragen wolle. Herfurth-Klemm erzählte von Geschäftsführern, die in Streikende hineingefahren seien, und von einem Vorschlag, wie die Stadt 100.000 Euro sparen könne. Letzteres, hätte ihm Bürgermeister Saxe gesagt, müsste doch auch den Wirtschaftsausschuss interessieren. »Ich bin ja derjenige, der Herrn Saxe kontrolliert und nicht Herr Saxe kontrolliert den Wirtschaftsausschuss«, meinte der Ausschuss-Vorsitzende Klaus Puschaddel daraufhin.«
Die Pressemitteilung von ver.di zum Thema im Wortlaut:
LHG-Servicegesellschaft: Arbeitgeber lehnt wirtschaftlich vorteilhaftes ver.di – Angebot ab
Die Tarifverhandlungen zwischen der LHG-Servicegesellschaft und der Gewerkschaft ver.di wurden am Sonnabendvormittag, unterstützt von vielen Streikenden und den Betriebsratsvorsitzenden der großen Hafenbetriebe vor dem Verhandlungsort, fortgesetzt.
Die ver.di – Verhandlungskommission informierte zu Beginn der Gespräche die Arbeitgeberseite, zu der auch Vertreter des Mutterkonzerns, der Lübecker Hafengesellschaft (LHG) zählten, über die seit der letzten Verhandlung geführte Diskussion. In ihr hatten die streikenden Beschäftigten noch einmal deutlich gemacht, dass für sie dem Nachteilsausgleich für Gewerkschaftsmitglieder zentrale Bedeutung zukommt.
Die Arbeitgeberseite erklärte, dass für sie der Hafen als Ganzes gesehen werden muss. Ein Abschluss bei der Servicegesellschaft müsse in das Gesamtbild passen.
Statt eines geänderten Angebotes legte die Arbeitgeberseite ihr letztes Angebot abermals vor. Dies hatte ver.di bereits am Donnerstag zurückgewiesen. Es sah, umgerechnet auf ein Jahr, eine Erhöhung um 2,16% vor.
Mit dem Angebot, dass wegen einer Einmalzahlung zum Teil nicht nachhaltig ist, wurde nicht einmal das Minus im Portemonnaie durch die Preissteigerungen ausgeglichen, erklärte Gerhard Mette, Verhandlungsführer auf ver.di-Seite. Die Forderung von Wirtschaftsminister Brüderle und Kanzlerin Merkel, sich in wirtschaftlich gesunden Bereichen am Stahlabschluss zu orientieren (+ 3,6%) wurde nicht eingehalten.
Nach einer Sondierung wurden zwar geringfügige Veränderungen vorgenommen, so dass eine jährliche Erhöhung um 2,33% herauskam, aber nicht der von uns geforderte Nachteilsausgleich, so Mette.
ver.di griff daraufhin den Hinweis des Arbeitgebers auf und schlug einen Abschluss vor, der für die Servicegesellschaft eine Einsparung von gut 100.000 € im Jahr, im Verhältnis zum eigenen Angebot vorsieht. Es hätte die Vereinbarung eines Nachteilsausgleichs für den Teil der Beschäftigten der Servicegesellschaft bedeutet, der ihn bisher nicht erhält. Da die anderen gewerblichen Arbeitnehmer des Hafens ihn bekommen entsprach dieser Vorschlag der Arbeitgeberabsicht, den Hafen als Ganzes zu sehen.
Wir haben uns sehr gewundert, dass die Arbeitgeberseite diesen Einigungsversuch, trotz der erheblichen wirtschaftlichen Einsparung für sie, ausgeschlagen hat. Es handelt sich offenkundig für die Arbeitgeber um eine ideologische Frage. Sie wollen, dass Gewerkschaftsmitglieder einen deutlichen Nachteil haben, erklärt Mette.
Verträge beruhen aber darauf, dass die Vertragsparteien die andere Seite als gleichberechtigten Partner anerkennen. Wenn ein Vertragspartner den anderen nur schlechterstellen will, ist dies keine gute Grundlage von Verhandlungen.
Eine Annäherung oder Einigung konnte unter diesen Voraussetzungen nicht zustande kommen. Die Beschäftigten des Hafens werden in der kommenden Woche die Situation diskutieren. Verärgert zeigten sich die Kundgebungsteilnehmer auch darüber, dass zu der vom Hauptausschuss der Bürgerschaft beschlossene aulßerordentliche Aufsichtsratssitzung noch eingeladen wurde. Der Bürgermeister scheint diese Sitzung verhindern zu wollen, so die Stimmung. Wir werden das aber nicht zulassen.
Quelle: Pressemitteilung ver.di
Zu einer Abstimmung über das Rederecht oder weitere Ausführungen kam es dann irgendwie nicht mehr. Die Streikenden, das war anschließenden Gesprächen im Treppenhaus zu entnehmen, waren nicht ganz zufrieden mit dem Verlauf der Sitzung und mancher wünschte, man hätte für den Nachmittag eine andere Strategie gewählt. TA