ORTSGESCHEHEN 3 2
Travemünde/Lübeck. 13.07.2010
Aqua-Top: Einsturzgefahr?
Verhandlung Ostsee-Shop gegen Hansestadt
In der Zeitung hätte sie gelesen, dass die Stadt sich mit dem letzten Mieter geeinigt hätte, erkundigte sich die Richterin zunächst bei den Parteien zum Sachstand. »Das muss ja nicht richtig sein«, meinte der Anwalt der Lübecker Schwimmbäder. Tatsächlich sind neben der Gastronomie noch der Ostsee-Shop im Objekt und auch die Caipi-Bar, die voraussichtlich am 20. Juli ihren Verhandlungstermin hat. Das Modegeschäft Böhlke hat am Samstag sein Geschäft geräumt (TA berichtete).
Tatsächlich bleibt die Gastronomie noch bis Jahresende im Aqua-Top. Dass die Halle dagegen geräumt werden müsse, begründete Bäder-Chefin Sieglinde Schüssler mit »Einsturzgefahr«, weshalb auch andere Bereiche schon geschlossen worden wären. Die Außenbereiche mit der Gastronomie seien dagegen nicht so problematisch wie der Innenbereich, erklärte Schüssler. Zum Abbruchtermin und der Einigung mit der Maritim-Hotelgesellschaft meinte sie, sie hätte noch keine Gelegenheit gehabt, den Senator zu sprechen.
Der Anwalt der Schwimmbäder erklärte, es seien ausgesprochen schwierige Verhandlungen mit den Gastronomen gewesen. »Wir wollen das Objekt entkernen«. Bis Ende des Monats sollte der Ostsee-Shop ausziehen. »Keineswegs wie Frau Krüger träumt bis Ende der Saison«. Recht aggressiv sprach der Bäder-Anwalt weiter vom »Gehabe von Frau Krüger« und »Machenschaften«. Außerdem sei es unfair den anderen Mietern gegenüber, die schon ausgezogen seien, wenn der Ostsee-Shop länger bleibe und deren Sortiment anbiete.
Der Bäder-Anwalt warf dem Ostsee-Shop vor, wie schon in einem anderen Objekt nur Verzögern zu wollen. Als Nicht-Jurist fachlich unterlegen, dafür sprachlich gewählter stellte Christian Jäger richtig, dass er eine Klärung wolle, sonst hätte er den Gerichtstermin ja weiter hinauszögern können.
Gesetzlich vorgeschrieben ist bei Gericht eine so genannte »Güteverhandlung«, ein Versuch, dass die Parteien sich irgendwie einigen. Die Richterin machte erneut den Vergleichsvorschlag, dass der Ostsee-Shop bis Saisonende in den Räumlichkeiten bleiben kann, bei voller Mietzahlung. Der Ostsee-Shop erklärte sich einverstanden. Die Lübecker Schwimmbäder lehnten ab. Damit war die Güteverhandlung gescheitert.
Die Richterin erklärte nun, dass Paragraph 575 auf Gewerberaummietverträge so nicht anwendbar sei, da müsse sie sich selbst korrigieren. In früherem Schriftverkehr hatte sie einen entsprechenden Hinweis gegeben und die Kündigung seitens der Schwimmbäder problematisch genannt.
Christian Jäger berief sich denn auch auf Paragraph 545 BGB, dem zufolge sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der Mieter den Gebrauch der Mietsache fortsetzt und der Vermieter nicht innerhalb zwei Wochen widerspricht. Jäger erklärte, das sei eine stillschweigende Verlängerung bis Jahresende. Die Richterin wies darauf hin, der Kläger hätte schon widersprochen. Tatsächlich hatten die Lübecker Schwimmbäder schon mit Schreiben vom 4. Februar 2010 erkärt: »Hiermit widersprechen wir der Fortsetzung des Mietverhältnisses gem. § 545 BGB, nachdem Sie das Mietobjekt nicht fristgerecht geräumt haben.« Christin Jäger vertrat die Auffassung, dass nicht rechtzeitig widersprochen worden sei. Die Gegenseite rügte Järgers Einwurf als verspätet und verwies darauf, dass der Vermieter erst Kenntnis von der Fortsetzung des Mietverhältnisses erlangen muss. Erst dann gilt die 2-Wochen-Frist. Es entspann sich ein kleiner Wortwechsel über die verschiedenen Kündigungsschreiben der Schwimmbäder, die Rechtmäßigkeit der Mietkürzungen und den Paragraphen 545. Der Anwalt der Schwimmbäder nannte der Richterin gegenüber Fachliteratur, wo er noch mal nachgelesen habe. Immer wieder erklärte der Bäder-Anwalt die Einwürfe des Ostsee-Shops für »irrelevant« und auch ein »Ach ist doch Quatsch« war zu hören. Christian Jäger beharrte auf die Stillschweigende Verlängerung.
Der Verkündungstermin ist am 03. August 2010, 11:00 Uhr, in Raum 209 des Lübecker Amtsgerichts. So lange beleibt der Ostsee-Shop geöffnet. Wenn die Halle nicht einstürzt... TA