POLITIK 6
Travemünde 09.10.2009
SPD-Bürgerschafts-Fraktion tagt öffentlich in Travemünde
Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat zu einer öffentlichen Fraktionssitzung ins Gesellschaftshaus Travemünde mit dem Schwerpunkt »Travemünde – fit für die Zukunft machen« eingeladen. Der große Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt. Nach der Begrüßung durch den SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Reinhardt gab Bausenator Franz Peter Boden einen Überblick über derzeit aktuelle Themen und Entwicklungsbereiche in Travemünde.
Das sind der Baggersand mit umliegendem Bereich für neue Wohngebiete, einem neuen Hotel und der Fischereihafen, das Waterfrontprojekt und das innere Kurgebiet, bestehend aus den Bereichen Parkallee, Leuchtenfeld, Aqua Top, Gästehaus Columbia und Bertlingstraße.
Wann die Bertlingstraße zur Fußgängerzone umgebaut werden könne, sei abhängig von den Baumaßnahmen der neuen Straßenführung am AROSA vorbei zum vorgesehenen Kreisel am Bahnhof und dem Kombibahnsteig Bus/Bahn sowie der damit koordinierten Umsetzung des Gästehauses für das Columbia Hotel. Weniger vielversprechend klangen die Hinweise des Senators zur Verlängerung der Paul-Brümmer-Straße. Wegen der nicht allzu hohen Verkehrsbelastung der Außenallee könne man das Geld, so der Senator vieldeutig, woanders besser einsetzen.
Zusätzlich zu den bereits bekannten möglichen Standorten für die Markthalle (Gosch), wie das Gelände des LYC, das bis auf weiteres ausscheide und die Tornado-Wiese, führte Boden eine weitere Variante nahe Aqua-Top/Travepromenade ein. Zum Sachstand Aqua Top war lediglich zu hören, dass man hart verhandele und für den Fall, dass alsbald kein Ergebnis zu sehen sei, wolle man »den Druck erhöhen«. Klar war unter allen Anwesenden, dass ein Abriß des Aquatop bald erfolgen müsse, alleine schon um die Stillstandkosten einzusparen und den »Schandfleck« an hervorragender Stelle zu beseitigen. Offenbar hält die SPD-Fraktion noch an der Möglichkeit fest, an dieser Stelle ein kleineres Schwimmbad realisiert zu sehen.
Zum Waterfrontprojekt, das eine touristische Aufwertung für den Priwall darstelle ging Senator Boden auf Modifikationen ein, insbesondere auf die Reduzierung der Baumassen und die wassernahe Unterbringung der Segelvereine ohne dass diese ihren Standort vom Priwall weg verlegen müssten. Als mögliche weitere Hotelstandorte wurden genannt der Fischereihafen, wobei wegen der noch zu lösenden Grundstücksfragen u.a. auch im Zuge von Wohnbebauungen konkrete Beschlüsse erst ab den Jahren 2012 oder 2013 zu erwarten seien, sodann das Gästehaus Columbia, das ehemalige Aquatop, die Parkallee (Tennisplätze), der Passathafen und das ehemalige Priwall-Krankenhaus. Der Grünstrand wurde nicht mehr erwähnt. Zur Entwicklung des Fischereihafens sind angedacht eine Verlängerung der Promenade, die Verlegungen von Liegeplätzen der Boote und Neugestaltung von Verkaufsmöglichkeiten für die Fischer, vielleicht ähnlich wie in Niendorf.
Auf die Renovierung der Strandpromenade ging Boden nicht weiter ein und begnügte sich lediglich mit der Bemerkung, dass für die Travepromenade eher eine Aufhübschung notwendig gewesen wäre. Im Zuge des Neubaues eines Gebäudes für die Wasser- und Schifffahrtdirektion an der Lotsenstation soll eine dort bestehende Engstelle der Travepromenade durch eine Versetzung der Mauer verbreitert werden. Was das Leuchtenfeld betrifft, so könne sich Boden dort eine robuste Freizeitwiese vorstellen, wobei das Gelände insgesamt als Einheit mit dem Zippelpark und dem Calvarienberg angedacht sei.
Die wegfallenden Parkplätze sollten dann im Bereich Brümmerstraße/Lotsenberg in Palettenbauweise entstehen. Auf die Frage der Bürgerinitiative für behutsame Priwallentwicklung BiP, wie sich das von der LTM vorgelegte Tourismus-Entwicklungs-Konzept (TEK) auf die weiteren Planungen bzw. den Fortbestand des Waterfrontprojektes auswirken würde, meinte Boden etwas von dem bislang gepflegt konzilianten Ton abweichend, dass das TEK eben ein Tourismuskonzept darstelle, das, solange es nicht beschlossen sei, auch nicht schrecke. In dem Zusammenhang wurde erwähnt, dass vom Land nur Fördermittel für den Tourismus gewährt würden, wenn die Stadt ein TEK vorlegen könne. Von einem Zuhörer wurde eine interessante und neue Variante zur Bebauung des Aquatop in die Debatte geworfen. Man könne sich auch vorstellen, dass an dieser Stelle kein neues Hotel entstehen müsse, sondern eine deutliche Aufwertung dieses Standortes möglich sei z.B. durch ein Schwimmbad und hochwertige Angebote wie auch z.B. durch die Integration des Gosch-Konzeptes einer Markthalle. Interessant ist auch die als Folge des Konzeptes denkbare beschleunigende Wirkung auf die Verhandlungen der Stadt mit der Maritimgruppe. Denn danach würde dort keine Konkurrenz für das Maritim durch ein neues Hotel entstehen, wodurch möglicherweise die Umwandlungsvorhaben des Maritim in ein Apparthotel vom Tisch sein könnten, mithin die Fragen der Fremdenverkehrssatzung erledigt seien. In der weiteren Diskussion ging es um die Entwicklung der Übernachtungszahlen. TWG-Vorsitzender Aichholzer sah die Entwicklung Travemündes weniger günstig als jene in den anderen Ostseebädern.
MdBü Hundertmark wies dagegen auf eine positive Entwicklung der Übernachtungszahlen hin. Für Diskussionsstoff sorgte die Höhe der durchschnittlichen Bettenbelegung im Vergleich zu den anderen Ostseebädern. Travemünde liege eher an der unteren Skala seiner Konkurrenten. Kurdirektor Uwe Kirchoff gab zu bedenken, dass in die vergleichweise niedrigen Werte z.B. von Travemünde auch die kurze Verweildauer von Tagungsgästen eingingen. Würde man diese herausrechnen, dann käme Travemünde auf ähnlich höhere Werte wie in anderen Ostseebädern. Kirchhoff hob die in den umliegenden Ostsee-Bädern im Vergleich zu Travemünde wesentlich höheren Bettenzahlen hervor.
Diese Bäder befänden sich dadurch gegenüber Travemünde in einer sehr viel günstigeren finanziellen Situation, z.B. um die Defizite eines öffentlichen Schwimmbades zu tragen. Schließlich meinte ein Kurgast unter Hinweis auf die vorgetragene Kritik, Travemünde solle sich doch nicht ständig schlecht reden. Diese Bemerkung löste einen überaus kräftigen Beifall der Mitglieder der SPD-Fraktion aus, als wolle diese die Aussage unterstützen, die Travemünder wären die immerwährenden Meckerer. Ungesagt blieb bedauerlicherweise, sicher auch weil der Vorsitzende auf ein Ende der Veranstaltung drängte, dass die vorgetragene Kritik an der insgesamt langsamen Entwicklung in Travemünde und dem Zurückliegen von Travemünde im Vergleich zu den anderen Seebädern ja nichts anderes sei, als das, was die Travemünder täglich von ihren Kurgästen gesagt bekämen.
Natürlich wäre auch viel Lob zu hören, aber eben doch auch eine Menge Kritik und die sei notwendig und müsse auch zulässig sein, ohne sich damit die Schelte eines Meckerers einzuholen. So das Fazit einiger engagierter Bürger, die sich nach der Veranstaltung noch in Grüppchen versammelten und das Ergebnis der Veranstaltung diskutierten. KEV
Alle Fotos: Karl Erhard Vögele