TIERWELT
Berlin/Travemünde 09.10.2009
Vogel des Jahres 2010: Der Kormoran

Jahrzehntelang war der Kormoran Phalacrocorax carbo aus Deutschland so gut wie verschwunden – das Ergebnis intensiver Verfolgung durch Fischer und Angler. Erst nach konsequentem Schutz durch die EG-Vogelschutzrichtlinie (1979) leben in Deutschland heute wieder rund 24.000 Brutpaare, davon mehr als die Hälfte in großen Kolonien nahe der Küste. Ihre Zahl hat sich in den letzten Jahren stabilisiert. In Schleswig-Holstein brüteten 2008 in 13 Kolonien 2.323 Paare, wobei gerade im Binnenland der Bestand durch Verfolgung und Vergrämung deutlich gesunken ist.
Die Rückkehr des Kormorans ist ein Erfolg für den Vogelschutz, auf den alle stolz sein könnten. Doch Berufsfischer und Angler versuchen, Vertreter von Politik und Behörden von angeblich massiven wirtschaftlichen Schäden und der Bedrohung einzelner Fischarten durch den Vogel zu überzeugen. »Aber Kormorane vernichten weder natürliche Fischbestände noch gefährden sie Fischarten, bestätigt auch durch Gutachten des schleswig-holsteinischen Umweltministeriums. Statt dessen kommt es darauf an, sich für die ökologische Verbesserung unserer Gewässer einzusetzen – damit alle Fische und Wasservögel Raum zum Leben haben. Alle Fisch fressenden Vogelarten wie der Kormoran sollten als natürlicher Bestandteil unserer Gewässer- Ökosysteme akzeptiert werden«, fordert NABU- Landesvorsitzender Schleswig-Holstein. »Es muss Schluss sein mit dem sinnlosen Töten.«
Die 80 bis 100 Zentimeter großen und zwischen zwei bis drei Kilo schweren Vögel fangen bevorzugt Fische, die sie ohne großen Aufwand erbeuten können – sie sind Nahrungsopportunisten. Darum stehen vor allem häufige und wirtschaftlich unbedeutende »Weißfische« wie Rotaugen, Karausche und Rotfedern, aber auch Flussbarsche und andere Kleinfische auf ihrem Speiseplan, die in unseren nährstoffreichen Gewässern teils in großen Mengen vorkommen. »Edelfische« wie Aal oder Hecht machen wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge dagegen nur einen geringen Anteil ihrer Nahrung aus.
Der NABU lehnt eine flächendeckende Regulierung der Kormoranbestände grundsätzlich ab. Einzig an Fischzuchtanlagen können wegen der künstlichen Hälterbedingungen lokal begrenzt Probleme durch den Kormoran auftreten. Dort können vor Ort jedoch Lösungen gefunden werden, wirtschaftliche Schäden zu verhindern, ohne den natürlichen Bestand der Vogelart erneut zu gefährden. Lokal auftretende Probleme dürfen nicht durch einen flächigen Eingriff in den Bestand überall im Land behoben werden. Fischteiche lassen sich durch das Überspannen mit weitmaschigen und gut sichtbaren Drahtnetzen sowie durch optisches und akustisches Vertreiben wirksam schützen.
Der NABU möchte im Jahr des Kormorans zeigen, was getan werden kann, um Kormoranen und Fischern eine Zukunft an unseren Gewässern zu sichern. Der Umgang mit dem Kormoran ist dabei ein Prüfstein für einen umsichtigen, von Vorurteilen freien Artenschutz in Deutschland und Europa: Der Kormoran hat – wie Eisvogel, Fischotter, Graureiher, Haubentaucher, Seehund sowie See- und Fischadler – seine Berechtigung, ohne Verfolgung als natürlicher Bestandteil unserer Natur bei uns zu leben. Der Abschuss dagegen ist ein Rückfall in das alte, im Zuge wissenschaftlicher Erkenntnisse längst überholt geglaubte Nützlichkeits-Schädlichkeitsdenken bei Tieren.
Der Kormoran, dessen grüne Augen an Edelsteine erinnern, ist ein Meistertaucher. Bis zu 90 Sekunden lang und 30 Meter tief kann er tauchen. Sein mit Wasser voll gesogenes Gefieder lässt er von Wind und Sonne trocknen – ein einzigartiges Verhalten in der Vogelwelt. Dazu breitet er die Flügel in der charakteristischen Haltung auf einem Ruheplatz aus. Abgesehen von Südamerika ist der Kormoran in allen Erdteilen zu Hause. IL
Quelle: Text: Pressemitteilung NABU, Foto: Karl Erhard Vögele
1 http://kormoran.NABU-SH.de