VEREINE
Travemünde 27.06.2009
Wilhelmshöhe auf Törn
YFT ermöglicht Segeltörn für die Förderschule »Wilhelmshöhe« auf dem Traditionssegler »Sirius«
Deshalb fiel in einer der Vorstandssitzungen im letzten Jahr der spontane Entschluss, im Rahmen der Jugendarbeit einer Gruppe einen Segeltörn in unserem Heimatrevier zu ermöglichen. Die gesamten Kosten für den Törn trägt der Verein.
Ein Segeltörn auf einem Großsegler zählt sicherlich zu den einmaligen Erlebnissen. Zielsetzung ist es, Jugendliche neue Erfahrungen sammeln zu lassen, im Umgang mit der Natur, mit einem historischen Schiff, mit der Gemeinschaft an Bord und mit sich selbst.
Die Auswahl des YFT, Kindern/Jugendlichen einen Segeltörn in unserem Heimatrevier ermöglichen, fiel auf 24 Schüler/-innen des Förderzentrums »Wilhelmshöhe«, das als Schule durch ihr Umfeld eher weniger begünstigt sind.
Am Morgen hören die Vorstandsmitglieder den obligatorischen Seewetterbericht ab. Die Aussichten für den heutigen Tag sind mehr als trübe. Ganztägiger Regen mit auffrischendem Wind sind angesagt. Windwarnungen werden gegeben. Im Vorstand hofft man, dass die Jugendlichen angemessen mit Pullover und Regenzeug ausgerüstet sind.
Gespannt wartet man auf die Ankunft der Jugendlichen. Auch für den Vorstand stellt sich eine neue Situation: Erfahrungen mit Behinderten an Bord eines Schiffes liegen nicht vor.
Kurz nach 9.00 Uhr sind die SchülerInnen mit ihren Begleitpersonen im Wallhafen an Bord der Sirius.
Nach altem Brauch versammelt der Skipper, Wilfried Rahlff-Petersson vor der Abfahrt die Neuankömmlinge zum obligatorischen »Schluck« ! Natürlich erhält auch »Rasmus« seine Ration.
Unter neugierigen Blicken wird das Schiff von den Jugendlichen zunächst einmal vorsichtig inspiziert. Die Scheu schwindet und die Mitglieder der Crew gehen bereitwillig und geduldig auf die Fragen der Jugendlichen ein. Ob die Begriffe wie »Klüver«, »Besan«, »Spring« usw. verstanden und behalten wurden, bleibt zunächst unklar.
Das Ablegemanöver wird durchgeführt und die Jugendlichen können ihre Heimatstadt aus ungewöhnlicher Perspektive erleben. Vorbei geht es unter Motor an den alten Häusern an der Untertrave und den Gebäuden des Lübecker Hafens. Alle sind an Deck und »erleben« ihre Heimatstadt von einer ungewohnten Seite.
Unter den erstaunten Blicken der Jugendlichen öffnet sich pünktlich um 9.30 Uhr die Warburg-Brücke und die Sirius kann passieren. Der Seeweg ist nunmehr offen und die Fahrt im Fahrwasser der Trave gen Ostsee kann fortgesetzt werden. Neugierig betrachten die Jugendlichen die vorbei gleitende Landschaft und die jeweiligen Aktivitäten der Crew. Unter fachkundiger Anleitung werden die ersten Seemannsknoten eingeübt. Die anfänglich zu beobachtende Unbeholfenheit weicht mit zunehmenden Training.
Der »Wettergott« ist uns wenig gnädig gesonnen: Geschlossene Wolkendecke, viele Regenschauer und kräftige Böen sind zu ertragen. Die Jugendlichen nehmen diese Wetterbedingungen sportlich und lassen sich die gute Stimmung nicht verderben.
Kakao, Würstchen und Laugenbretzel tun ein Übriges, um die Moral weiter zu stärken.
Die idyllische Fischersiedlung »Gothmund« wird passiert. Eine gute Stunde später führt die Fahrt vorbei an den Fähren, die aus unserem Blickwinkel einen gigantisch Eindruck hinterlassen. Die Jugendlichen sind schwer beeindruckt.
Die Altstadthäuser von Travemünde gleiten mittlerweile vorüber und in der Bucht werden dann von der Crew die Vorbereitungen für das Setzen der Segel getroffen. Die Fock wird gesetzt. Die Jugendlichen unterstützen nach Kräften die Crew beim Setzen des Vorsegels.
Bei böigem Wind durchkreuzt die Sirius die Lübecker Bucht. Die Wellen sind hoch und lassen den Segler entsprechend stampfen. Das Vorsegel steht voll im Wind und verschaffen dem Traditionssegler eine moderate Fahrt über Grund.
Die Jugendlichen halten sich zunächst gut bei Wellen bzw. Schräglage. Sie versammeln sich am Bug und genießen das Auf und Ab. »Schöner als im Hansapark« ist zu vernehmen. Nach einer halben Stunde werden manche Gesichter zunehmend blasser, dann müssen doch einige Jugendliche Tribut an Neptun zollen.
Das ist Traditionsegeln pur ... !
Nach zwei Stunden Segeln mit heftigen Schiffsbewegungen wird es Zeit, die Rückfahrt anzutreten. Die Sirius geht in den Wind und das Vorsegel wird geborgen. Zurück geht es unter Motor Richtung Travemünde.
Düfte verbreiten sich mittlerweile aus der Kombüse. Eine Seefahrt macht hungrig und der »Smut« der Sirius bittet zu Tisch.
Nudeln mit Hacksoße treffen voll den Geschmack der Jugendlichen. Die »Hartgesottenen«
verdrücken mit Heißhunger die Mahlzeit. Vielfach wird »Nachschlag« geordert. Als Nachtisch wird Eis mit Sahne gereicht. Auch ein Seekranker taucht aus der Versenkung mit der Bemerkung auf »So, nun muss ich auch wieder was essen!«
Gegen 14.00 Uhr macht die Sirius hinter der Passat fest. Die Jugendlichen erkunden mit Interesse den Großsegler.
Nach der Besichtigung wartet warmer Apfelkuchen auf die Gäste. Die Sirius wird während des Starkregens in den Fischereihafen im Päckchen neben das Restaurantschiff »Nautilus« verholt. (Anm.: Der ursprünglich geplante Liegeplatz an der Außenkante des Fischereihafens kann nicht angelaufen werden, da wegen des maroden Zustandes der Brücke ein wohl eher langfristiges Anlegeverbot für Traditionsschiffe ausgesprochen wurde.)
Skipper und Vorstand verabschieden sich zufrieden von seinen Gästen.
Im stömenden Regen verlassen die Jugendlichen das Schiff. Ein Schüler ruft: »Sch... Wetter, aber das war klasse! WW
Der traditionsreiche Fischereihafen ist eine öffentliche Wasserfläche und durch seine besondere Atmosphäre sehr beliebt. Im Gegensatz zu den meistens künstlich geschaf-fenen Marinas liegen hier Yachten und Fischerboote noch in einem Hafen zusammen.
Während die Landseite traditionell den Fischern vorbehalten ist, wird die Außenkante der Brücke von der Berufsschifffahrt bzw. von den Traditionsseglern genutzt. Aufgrund seiner Atmosphäre bzw. Lage ist der Hafen oft sehr frequentiert und zu «Spitzenzeiten” stehen nur begrenzt Gastliegeplätze für »Freizeitskipper« zur Verfügung.
Anfang/Mitte der 90ger Jahre stand aufgrund rückläufiger »Fangflotten« eine Umgestaltung des Hafens an. Freie Flächen sollten nunmehr von Sportbooten genutzt werden.
Am 20. August 1995 wurde der Verein (Yachtclub Fischereihafen Travemünde, kurz YFT) zunächst unter der Zielsetzung gegründet, die Fischereihafenbrücke als kommunalen Sportbootliegehafen zu nutzen und mitzugestalten.
Da die Außenkante der Fischereihafenbrücke weiterhin als »Notanleger« für die Berufsschifffahrt zur Verfügung stehen und unterhalten werden muss, können auf der Innenkante Einnahmen durch die Sportboote erzielt werden.
Den beteiligten Entscheidungsträgern seitens der Hansestadt war damals klar, dass ein Hafen mit der vorliegenden Anzahl von Liegeplätzen betriebswirtschaftlichen Aspekten nicht genügen konnte, da der Einnahmeseite zu hohe Personalkosten für den Verwaltungsaufwand gegenüber stehen.
Der YFT als gemeinnütziger Verein übernahm im Auftrage der LHG ehrenamtlich die Verwaltung für die Sportbootliegeplätze im Fischereihafen. Dabei erwies sich die Zusam-menarbeit mit der LHG als unbürokratisch und sehr konstruktiv. Im Zuge der Umgestaltung von Hafennebenflächen hat die Hansestadt Lübeck mit Beginn des Jahres 2009 die Zuständigkeit für den Hafen der neu gegründeten Lübeck Port Authority (kurz LPA) übertragen. Da der LPA bislang das entsprechende Instrumentarium fehlt, Hafenflächen zu bewirtschaften, ist weiterhin die LHG für die Abrechnungspraxis zuständig.
Zu den Anliegen der heutigen Vereinsarbeit gehören die Gestaltung und Verbesserung des Hafens insbesondere im Servicebereich. Das liegt nicht nur in Vereinsinteresse sondern auch der Hansestadt Lübeck sowie der Gastlieger. So wurde seinerzeit die Strom- und Wasserversorgung auf Initiative und Kosten des Vereins erstellt. Durch nicht unerheblichen Mitteleinsatz des Vereins wurden Münzautomaten angeschafft, um die Stromversorgung für unsere Gastlieger zu erleichtern.
Die Vereinsarbeit beschränkt sich nicht nur auf die Verwaltung der Liegeplätze. So werden in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen Veranstaltungen für die Mitglieder durchgeführt.
Neben der obligatorischen Jahreshauptversammlung sind
-das «Stegfest” mit sportlich ausgerichteten Bestandteilen und
-das «Grünkohlessen” mit informativen Inhalten
mittlerweile feste Bestandteile der Vereinsarbeit.
Während der letzten Veranstaltung hielt unser Mitglied Hans Böbs einen Vortrag über seinen Segeltörn 2008 (von Travemünde den Azoren und zurück über Island). Der Vortrag wurde mit eindrucksvollen Bildern unterlegt.
Für diese Fahrt wurde Hans Böbs mittlerweile in Berlin von der Kreuzer-Abteilung des Deutschen Seglerverbandes mit dem »Commodore-Preis« geehrt.
In der Publikation Der KA heißt es u. a.:
»In drei Monaten, ganz allein und zeitweise auch zu dritt, mit der Zehn-Meter-Segelyacht »Snowball« von Travemünde nach Plymouth/ Südwest-England, dann nonstop zu den Azoren, wieder nordwärts nach Island und auf dem Rückweg über die Faeröer und Shetlandinseln: Für diese herausragende segelsportliche Leistung in der rauen Erlebniswelt des Nordatlantiks wurde der 56-jährige Lübecker
Hans-Hinrich Böbs mit einer segelsportlichen Topp-Auszeichnung, dem »Commodore-Preis« der Kreuzer-Abteilung, sowie einer Goldenen Medaille ausgezeichnet... Die Begründung der Jury: Willenskraft, ausgefeilte Wetternavigation und stets auf Sicherheit bedachtes seemännisches Verhalten trotzten den mitunter knallharten Wind-, Seegangs- und Klimaverhältnissen in einem auch tidenbedingt nicht einfachen Revier 5.551 Seemeilen ab.«
Quelle: Kreuzer-Abteilung des Deutschen Seglerverbandes, Fahrtenseglerpreis, S. 1
Seit dem 2. Mai ist Hans Böbs wieder mit seiner »Snowball« unterwegs (avisierte Ziele Spanien und »England rund«).
Um anstehende Verwaltungsaufgaben vornehmen zu können bzw. ein aktives Vereinsleben zu gestalten, investiert der 5-köpfige Vorstand sehr viel Zeit.
Dem Vorstand ist es stets ein Anliegen gewesen, sich um die Kommunikation und den Informationsaustausch im örtlichen Bereich zu bemühen. Dazu dienen die sogenannten «Behördengespräche”, zu denen Vertreter von betreffenden Behörden, Verbänden, Institutionen etc. eingeladen werden.
Anliegen solcher Veranstaltungen ist es, Kommunikationswege zu verbessern, um einen direkten Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen den am Wassersport in Travemünde Beteiligten zu ermöglichen, Probleme zu diskutieren und ggf. über Lösungen nachzudenken.
Für die diesjährige »Gesprächsrunde« liegt den betreffenden Vertretern aus Politik, Verwaltung, Behörden etc. bereits eine Einladung des YFT vor.
Neben den bereits genannten Aufgaben ist der YFT gemäß Satzung allgemein zur Förderung des Wassersportes und insbesondere der Jugendarbeit verpflichtet.
Deshalb fiel in einer der Vorstandssitzungen im letzten Jahr der spontane Entschluss, im Rahmen der Jugendarbeit einer Gruppe einen Segeltörn unserem Heimatrevier zu ermöglichen.
Während Gymnasien eher die Möglichkeit haben, auch langfristig »Schule auf See« zu erleben (z. B. »Alexander von Humboldt«), haben wir als Auswahl Schulen ins Auge gefasst, die durch ihr Umfeld weniger begünstigt sind.
Da bereits in vergangenen »Behördengesprächen« z. B. mit Gabriele Hiller-Ohm (MdB) über Aspekte der Intensivierung von Jugendarbeit und der behinderten-gerechten Ausrüstung von Sportboothäfen geführt wurden, fiel unsere Entscheidung auf die Schule Wilhelmshöhe, Schwartauer Allee 132, die von ihrer Ausrichtung ein
Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung darstellt (www.schule-wilhelmshoehe.de).
Die Schule Wilhelmshöhe ist eine von 2 staatlichen G-Schulen in Lübeck. Es wird von Klasse 1 bis 12 (Erfüllung der Berufsschulpflicht) unterrichtet. Einzugsgebiet: Bereich nördlich der Trave (auch Travemünde) + Hälfte der Altstadt.
Quelle: Yachtclub Fischereihafen Travemünde e.V.
1 http://www.schule-wilhelmshoehe.de