POLITIK 3
Travemünde 04.05.2009
BfL: Priwall-Fährtarife im Zahlenvergleich
Mildner: »Im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge besteht allenfalls eine Pflicht zur Personenbeförderung, nicht aber unbedingt zur Fahrzeugbeförderung. Eine sehr hohe Kostendeckung, wenn nicht gar eine rote Null darf in jedem Fall erwartet werden.
Derzeit werden jährlich rund 5 Millionen Fahrgäste auf den Fähren gezählt, wobei Pkws mit jeweils 2 Fahrgästen bewertet werden. Der betriebliche Verlust für die Fähre beträgt für 2008 rund 2,4 Millionen Euro, für 2009 werden weitere 0,5 Millionen Euro erwartet, nachdem einige erhebliche Aufwendungen in das Jahr 2008 vorgezogen wurden.
Die Jahreskarte für die Personenbeförderung kostet tatsächlich 65 Euro. Das sind monatlich 5,42 Euro oder pro Tag 18 Cent. Bei der Fähre wird mit einer durchschnittlichen Benutzungshäufigkeit von 60 Fahrten pro Monat, also 720 Fahrten im Jahr gerechnet. Dann kostet (bei Nutzung einer Jahreskarte) eine Fahrt also 9 Cent.
Ziehen wir zum Vergleich den öffentlichen Busverkehr heran: Der günstigste Preis (Preisstufe 1 oder Kurzstrecke) für die Bus-Monatskarte liegt bei 23 Euro, im Jahres-Abo bei 324, 96 Euro. Für Preisstufe 2 (Gesamtnetz) liegt das Jahres-Abo bei 486,98 Euro, auch landesweit liegt der vergleichbare Preis bei 487 Euro.
Ähnlich verhält es sich auch bei der Einzelkarte. Diese kostet im Fährbetrieb für Erwachsene 80 Cent und für Kinder 50 Cent. Im sonstigen ÖPNV-Tarif (Bus) beträgt der Preis für die Kurzstrecke 1,50 Euro und 1,55 Euro für die Preisstufe 1 (für Kinder: 0,85 € bzw. 0,95 €).
Interessant ist auch die viel kritisierte Jahreskarte für die PKW: Die fahrzeugbezogene Jahreskarte kostet 436 Euro. Bei 720 Fahrten pro Jahr für Pendler beträgt der Preis pro Fahrt 0,61 Euro. Dabei sind bereits alle Insassen des PKW im Preis inbegriffen; müssen also nicht extra bezahlen. Wenn eine geringere Nutzungshäufigkeit von nur 400 Fahrten pro Jahr angenommen wird, kostet eine Fahrt 1,09 Euro.
Ähnlich bei der Monatskarte Fähre für den Personenverkehr zum Preis von 23 Euro. Nach allgemein üblichen ÖPNV-Berechnungen wird die Jahreskarte mit dem zehn- bzw. elffachen berechnet, würde also 230 bis 263 Euro betragen – und nicht 65 Euro wie im Falle der Priwall-Fähre.
Entsprechend verhält es sich bei der fahrzeugbezogenen PKW-Jahreskarte: Die Monatskarte kostet 105 Euro, das Zehnfache läge also bei 1.050 Euro. Dies wäre der ÖPNV-Standard-Preis. Für die Priwall-Fähre werden aber nur 436 Euro berechnet, also noch nicht einmal die Hälfte des kalkulatorisch begründbaren Preises.
Fazit: Die Rabattierungen, die der Stadtverkehr für die Fährbenutzer ermöglicht, sind eher nicht als gering zu bezeichnen, moderate Preiserhöhungen durchaus vertretbar. Richtig also, dass der Aufsichtsrat seiner Verantwortung nachgekommen ist und angesichts der hohen Verluste mit dem Fährbetrieb entsprechende Preiserhöhungen empfohlen hat. Mit der eher kleinen, tatsächlich sozial benachteiligten Gruppen der Priwall-Bewohner mag über gezielte Entlastungen verhandelt werden, die Besitzer von Wochenendhäusern und Bewohner von Seniorenwohnheimen gehören aber wohl nicht zu diesen Gruppen.
Ein letztes Wort zu der möglichen Belastung für Priwall-Touristen: Tourismusförderung und Fährtarife stehen sicher in einem »allerdings nicht bekannten oder gar nachgewiesenen« Zusammenhang. Tourismusförderung via Fährtarife ist aber ordnungspolitisch eher abwegig. Da scheinen andere Mittel und Wege effektiver.« BFL
Quelle: Pressemitteilung BFL, Foto: Archiv TA