KUNST & KULTUR
Travemünde 30.01.2009
Bonzen, Banker, Börsenmakler
»Angriffsmaler« Detlef Klein nimmt das Management aufs Korn
Kaffee oder Tee? Anja Es begrüßt ihre Gäste zum »Kunst-Kränzchen« in der Alten Vogtei. Ein Dutzend Kunst-Freunde nehmen im Nebenraum Platz, mehr als erwartet, Stühle werden herangerückt. In diesem Raum hat Gastgeberin Anja Es die vergangene Woche über die intensivsten Gespräche geführt. Weil es was zu denken gibt, vermutet sie. Hier hängen zehn Werke des Hamburger Künstlers Detlef Klein. Anzugträger in Acryl. Zum Kunst-Kränzchen ist der Maler noch einmal persönlich nach Travemünde gekommen.
Anja Es erzählt, dass die Besucher der Künstlerei ersteinmal denken, die Klein-Bilder könnten noch nicht alt sein. Sie halten sie für eine Reaktion auf die aktuelle Situation, die Weltwirtschaftskrise. Ein Teil der ausgestellten Gemälde stammt aber schon aus den späten 1990er Jahren, wie an der Signatur zu sehen ist. Kaffe und Milchkaffee, Kaffee Latte und Tee werden verteilt, ein paar Nachzügler treffen ein. Dann spricht Detlef Klein.
Viel zu viele Künstler würden keinen Kontakt zur Realität bekommen, blieben im Dekorativen, sagt er. Seine Malerei ist anders, etwas, auf das viele gewartet haben. Detlef Klein zeigt die Wirtschaftsbosse, die die Welt nun in die Finanzkrise gestürzt haben. Damit passen sie inhaltlich sehr gut in die aktuelle Zeit, bekommen viel Aufmerksamkeit.
Seine Malerei beobachtet und beschreibt die Leistungseliten. Wie inszenieren sie sich, wie funktioniert das? Detlef Klein bewundert die Effizienz ihrer Selbstpräsentation, gibt er zu. »Ich sehe aber auch, wie sie das machen.« Seine Bilder zeigen, wodurch er sich, zumindest auf den ersten Blick, beeindrucken lässt: Man sieht zwei Anzugträger von hinten, etwas von unten, so wirken sie mächtig, selbstsicher blicken sie auf die Welt. Auf dem Kopf tragen zu ihren Anzügen des 20. und 21. Jahrhunderts mit viel Würde rote Mützen wie die Fürsten der Renaissance auf alten Italienischen Bildern. 500 Jahre liegen zwischen den Entscheidern von heute und damals, gemeinsam haben sie, dass sich ihnen die Welt öffnet, mit allen Chancen zu scheitern.
Anja Es findet, dass dieses Bild besonders gut in die Vogtei passt, weil es das Haus zur Renaissance-Zeit auch schon gab. Da kann man sich vorstellen, wie solche Fürsten hier standen, aus dem Fenster guckten, dasselbe Fenster wie heute. Und überlegten, wo sie ihre Handelsschiffe hinschicken sollen.
Ein anderes Gemälde zeigt einen Bankmanager, der sich mit moderner Kunst hinter seinem Schreibtisch schmückt. Was dem Künstler viel Geld einbringt und dem Banker die Hoffnung, dass die Aura des Werkes aus Spontaneität, Kühnheit, Risikofreudigkeit und Moderne auf ihn abstrahlt.
»Ich empfinde meine Malerei auch als Angriffsmalerei«, sagt Detlef Klein. Womit er sich um eine kaufkräftige Zielgruppe bringt. Um die 3000 Euro kostet ein Klein, etwa zwei Monate malt er daran. Eigentlich sind die Bilder mehr wert, findet Anja Es. Eigentlich würde er die Bilder gern für weniger hergeben, meint Detlef klein, um den Leuten eine Freude zu machen, die sie sich sonst nicht leisten könnten. Aber das geht nicht. Und wer das Geld hat, hängt sich keinen Klein hin, weil das Bild etwas über ihn aussagt, was er in seinem Salon nicht haben möchte. Dilemma eines Künstlers mit Botschaft. HN
Bilder von Detlef Klein
Künstlerei in der Alten Vogtei
Vorderreihe 7 (Obergeschoss)
Noch bis Ende März 2009
Eintritt frei