ENERGIE
Travemünde/Lübeck 19.12.2008
Stadtwerke müssen Fernwärmepreis um über 22 Prozent senken
(Pressemitteilung Bund der Energieverbraucher e.V. vom 19.12.2008)
Wer hätte bei den überhöhten Preisen auf einmal so viel Wohlwollen von den Stadtwerken erwartet? Kuhn wusste aber, dass die VerbraucherInnen schon seit Jahren, jetzt in der anhaltenden Finanzkrise auch die KommunalpolitikerInnen, angemessene Energiepreise angemahnt hatten. Also machte Kuhn bei seinem »Bittgang um Millionen« sofort einen Schritt nach vorn und zeigte mit der Ankündigung auf Preissenkungen sein angeblich großzügiges Entgegenkommen. Dass er mit seinen medienwirksamen Aussagen die gesamte Öffentlichkeit erneut getäuscht hatte, kann durch folgende Fakten – und notwendigerweise an dieser Stelle auch durch Zahlen – belegt werden.
Schon zum Zeitpunkt seiner Preissenkungs-Prognose lag Kuhn nach den Werten des Statistischen Bundesamtes (StatBA) völlig daneben. Die amtliche Bekanntmachung des Wärmepreises der Stadtwerke ab Januar liegt zwar noch nicht vor, aber der Energie-Stammtisch hat bereits einen Netto- Arbeitspreispreis von 62,21 €/MWh ermittelt. Damit »müssen« die Stadtwerke nach der Preisklausel die Fernwärme um 22,16 Prozent absenken. Kuhn hatte fälschlich nur eine Preissenkung »von rund 15 Prozent« ankündigt. Die Stadtwerke haben auch nicht freiwillig die Fernwärme jetzt »preiswerter« angeboten, denn der Heizöl-Folgewert beim StatBA ist um 23,4 Prozent billiger geworden. Von einer durch die Stadtwerke herbeigefügten Preissenkung, wie Kuhn sie womöglich durch neue Preiskalkulationen suggerieren wollte, kann hier deshalb überhaupt nicht die Rede sein, wohl aber von einer systematischen Abzocke der Fernwärmekunden.
Der Bund der Energieverbraucher hat von Anfang an die Preisbestimmungen kritisiert und die Fehler in der Preisänderungsklausel – ohne eine Reaktion der Stadtwerke – vorgetragen. Zwischenzeitlich hat 2006 auch das Amtsgericht gegen die Stadtwerke entschieden, dass ihre Fernwärmepreise nicht nachvollziehbar sind, weil »die Preisänderungsklausel keine angemessenen Preisführungsfaktoren enthält und auch dem Transparenzgebot nicht entspricht«. Da das Urteil nicht rechtskräftig ist, wird das Berufungsgericht hierüber jetzt im Januar entscheiden. Nach Berechnungen der Regionalgruppe Lübeck im Bund der Energieverbraucher, darf der angemessene Arbeitspreis genaugenommen ab Januar nur 50,05 €/MWh betragen und um weitere 19,55 Prozent unter dem Stadtwerkepreis liegen.
Die Geschäftsführung will jetzt neben Kostenreduzierung und Eigenerzeugung eine wirksame Vertriebsoffensive starten, um aus dieser schwierigen Situation herauszukommen. Zur Entlastung der Geschäftsführung sei aber auch gesagt, dass die OrtspolitikerInnen bisher nicht bereit waren (siehe Jahresberichte der Stadtwerke), Entscheidungen zu treffen und Weichenstellungen für den Ausbau und Anschluss an Nah- und Fernwärme vorzunehmen. Über Jahre wurde dem Bau von neuen Fernwärmeheizwerken und den Investitionen in Wärmenetzen mit Millionenbeträgen zugestimmt und heute wird diese »energie- und umweltfreundliche Weichenstellung« früherer Jahre blockiert. Das bisher investierte Kapital von 60 Millionen Euro in die umweltfreundliche Fernwärme soll der Allgemeinheit zum Nutzen sein, aber einige PolitikerInnen schaden der Allgemeinheit mit ihrer grundsätzlichen Verweigerung, obwohl in Satzungen auch Ausnahme- und Befreiungsbestimmungen geregelt werden können. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 25.01.2006 (Az.: BVerwG 8 C 13.05) bereits grundsätzlich über die Zulässigkeit eines Anschluss- und Benutzungszwangs entschieden. Hierzu der Leitsatz des BverwG: »Landesrecht, das es dem Satzungsgeber gestattet, einen Anschluss- und Benutzungszwang an die öffentliche Fernwärmeversorgung aus Gründen des Klimaschutzes anzuordnen, verstößt nicht gegen Bundesverfassungsrecht oder Europarecht.« Bei transparenter Preisbildung und günstigen, fairen Fernwärmepreisen wäre ein Anschluss- und Benutzungszwang auch politisch durchzusetzen.
Dieter Nielsen
Sprecher der Regionalgruppe Lübeck im Bund der Energieverbraucher e.V.
Quelle: Pressemitteilung Bund der Energieverbraucher e.V. vom 19.12.2008, Regionalgruppe Lübeck
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