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Travemünde 09.09.2008
Traveverbreiterung auf Jahrzehnte vom Tisch
Gutachten »Zweischiffigkeit« vom Wirtschaftsausschuss kritisch unter die Lupe genommen
Nun kommen also in den nächsten Jahrzehnten keine Bagger zu Lande und zu Wasser. Die Passat kann bleiben wo sie ist, das Nobelhotel möge im Rahmen des »Waterfrontprojektes«, so das Planungsrecht alsbald geschaffen wird, gebaut werden. Schließlich wird der Priwall irgendwann sein wie auch immer neu gestaltetes Antlitz bekommen. Aber dies Alles nicht um einen 50-Meterstreifen Richtung Mecklenburg-Vorpommern nach hinten verschoben.
Eigentlich hätte man im Wirtschaftsausschuss den Tagesordnungspunkt »Gutachten Zweischiffigkeit« gleich abhaken können. Das ergab sich nach dem ohnehin in der Presse schon vorab bekannt gewordenen Ergebnis. Denn nach den Vorgaben des Bundesverkehrswegeplanes hätte diese Investitionsmaßnahme, also die Verbreiterung der Trave, erst ab dem Jahre 2041 eine Chance gehabt.
Damit die notwendigen Finanzen bereit stehen, muß ein Vorhaben als vordringlicher Bedarf in diesen Plan aufgenommen werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Nutzenfaktor der Investition etwa drei Mal so groß ist wie die Investitionskosten. Nach dem Gutachten wäre das erst etwa ab dem Jahre 2041 der Fall gewesen. Also etwa in 33 Jahren.
Viel Wasser kann in dieser Zeit noch die Trave hinunter fließen. Und niemand vermag auch noch einigermaßen zutreffend beschreiben, was in diesen Jahren so alles noch passieren kann. Siehe Fehmarnbeltquerung, Kraftstoffpreise, die wirtschaftliche Entwicklung im wachsenden Europa usw.
Wie dem auch sei, die Mitglieder im Wirtschaftsausschuss wollten unabhängig von diesem Ergebnis genau wissen, was ihnen da auf den Tisch gelegt wurde. Die Diskussion war sehr kritisch und schließlich entstand der Eindruck, dass die Auswirkungen z.B. der Fehmarnbeltbrücke eher zu wenig berücksichtigt worden sind. Es wurde dann die Frage gestellt, ob bei der prognostizierten Zunahme der Schiffsbewegungen die Zahl der Anleger überhaupt ausreichen würden. Beide sehr wichtige Umstände kamen in der Kurzfassung des Gutachtens gar nicht vor und wurden später in der Diskussion jedenfalls nach dem Eindruck vieler Mitglieder des Ausschusses nicht befriedigend geklärt.
Doch der wichtigste Stein des Anstoßes war, ob man Zeitintervalle von 4 Minuten oder in Einzelfällen auch mehr, die dem wachsenden Verkehr und der Travemünder Enge als Ursache künftig anzulasten wären, zu einem großen Kostenfaktor aufsummieren kann. Schließlich ist in jeder Transportkette Spielraum eingebaut. Und in den meisten Fällen werden 4 oder manchmal auch zusätzliche Minuten Wartezeit zu keinen spürbaren Folgen im weiteren Verkehrsablauf führen. Und dann eben auch nicht als Folge davon eine Störung der Produktion bei den zu beliefernden Firmen.
Nach alledem war klar, wie Senator Halbedel die Erkenntnisse aus der Diskussion zusammenfasste, dass kein akuter Handlungsbedarf zusehen ist, der Priwall weiterentwickelt werden kann und dies ohne die substantielle Beeinträchtigung der Lübecker Häfen.
Bleibt festzustellen dass das Gutachten 50 000 EURO gekostet hat. Es gibt ja immer Welche, die wussten alles schon vorher. Aber auf sie hat man nicht gehört, denn der Prophet ist im eigenen Lande nichts wert. Oder mußte man wirklich jene mathematisch-statistischen Modelle des An- und Abfahrtverhaltens der Schiffe rechnen lassen, damit wir wissen, dass allenfalls in 30 Jahren die Maßnahme finanziell spruchreif wird und das vor dem Hintergrund vieler Unabwägbarkeiten ? » ... dann lassen Sie uns die Sache doch im Jahre 2050 in diesem Ausschuss nochmal beraten ..« witzelte der Travemünder CDU-Chef Klaus Petersen. Nun ja, auf jeden Fall besteht die Chance, dass nach der Inbetriebnahme der Fehmarnbeltquerung die Dinge ganz anders aussehen. So sie denn kommt. KEV
Alle Fotos Karl Erhard Vögele