ORTSGESCHEHEN
Travemünde 03.06.2008
Fuhrgeschäft, Zimmervermietung, Restaurant
Das »Landhaus Bode« ist ein Haus mit bewegter Geschichte

Der Hamburger Kaufmann Horst Bode und Ehefrau Gisela kauften das Objekt an der Fehlingstraße im Jahr 2004 und ließen es nach und nach liebevoll restaurieren. Einen großen Rückschlag bedeutete ein Brand, der 2005 das Mittelhaus vernichtete und einen Schaden von 500.000 Euro anrichtete. Doch Eheleute Bode ließen sich nicht ermutigen und setzten ihre Arbeit fort. Die alten Balken im Haus wurden frei gelegt, die schönen Fußböden abgeschliffen. Modernes Interieur, schicke Badezimmer und Flachbildfernseher bilden nun einen schönen Kontrast in den Hotelzimmern.

Das Haus blickt auf eine ereignisreiche Geschichte zurück: Es soll als Bauernstelle einmal an der Bertlingstraße gestanden haben, wo sich heute das Hotel Seestern befindet. Um 1900 musste es der Erweiterung der Seebadeanstalt Travemünde weichen. Die Balken des gut erhaltenen und soliden Fachwerks wurden wieder benutzt, die passend zugeschnittene Holzkonstruktion wieder original zusammengesetzt und neu ausgemauert.
In alten Unterlagen ist das Haus 1907 an der Fehlingstraße erwähnt. Es wurde zunächst als Milchwirtschaft mit Fuhrgeschäft und Zimmervermietung betrieben. Stolz zeigt Horst Bode die Kopie einer Anzeige im Informationsheft der Travemünder Kurverwaltung für die Saison 1912, in der »Hillmers Landhaus vis-à-vis Strandbahnhof« gute Landauer zu zivilen Preisen sowie Reitesel empfiehlt. Neben der Zimmervermietung wirbt das Haus auch mit »Zweimal täglich frische Milch von Kühen, die unter tierärztlicher Aufsicht stehen. Als Kindermilch zu empfehlen«.

In den folgenden Jahren wurden die Viehställe zu Garagen umgebaut, sodass dann Garagen und Zimmer für die Autos, Chauffeure und Dienstboten der in den nähe gelegenen Strandhotels logierenden Herrschaften bereit standen. So entwickelte sich aus dem Bauernhof mit Milchausschank eine »Gastwirtschaft mit Bierrestaurant«, wie es 1933 dem Kellner Wilhelm Pätow im Erlaubnisschein der Freien und Hansestadt Lübeck ausgestellt wurde. 1934 kaufte er das Haus, in dem 1936 ein mecklenburgischer Großgrundbesitzer mit Personal logierte. Dazu zählte auch die Köchin Henry Imme, an der Willi Pätow junior Gefallen fand. Das Paar heiratete und Henry Imme übernahm die Küche im Landhaus, womit deren Ruf als gutbürgerliches Restaurant in Travemünde begründet wurde.
1945 wurde das Haus größtenteils von den Engländern beschlagnahmt, diente als Militärunterkunft und Lazarett. In den 50er Jahren erfreute sich das Speiserestaurant großer Beliebtheit und war als Familienbetrieb außer den Heiligabend und Karfreitag rund um die Uhr geöffnet. Es war ein beliebter Treff für Nachtschwärmer und für die Travemünder Kellner und Croupiers, die sich dort in den frühen Morgenstunden nach ihrem Feierabend einfanden.
Nach alten Unterlagen hatte Walter Lindner, ein Travemünder Original, genannt Auto-Lucky, im Hinterhaus seine Autoreparaturwerkstatt. Es soll kein Auto gegeben haben, das Lucky nicht wieder zum Laufen brachte, so auch sogar den alten Studebaker von Hildegard Knef. In dem Hinterhaus hatte zudem jahrzehntelang der Schuhmachermeister Erich Porsche seine Werkstatt, die zugleich als Informationsbörse für Neuigkeiten aus Travemünde diente. Auch siedelte sich dort eine Jalousiefabrik an, die 1965 einer großen Feuersbrunst zum Opfer fiel.

Nach dem Tod von Willi Pätow wurde der Familienbetrieb aufgegeben und danach von verschiedenen Pächtern geführt. 1990 erbte sein Sohn Claus Pätow Haus und Grundstück. Von ihm kaufte es Horst Bode. Mit der Restaurierung zeigt er sich zufrieden. »Ich glaube, der alte Geist des Hauses ist nun wieder zu spüren.« CS
Externer Link zum Thema: Bericht über den Brand vom 27. Dezember 2005 auf HL-live.de
1 http://www.hl-live.de/aktuell/text.php?id=17418