Bilder wie Fenster

Eine erstaunliche Entwicklung hat die Lübecker Künstlerin Anke Wintermann (25) in wenigen Jahren hingelegt: Im Jahre 2002 begann sie mit ersten Übungen in der Malerei mit Öl. Heute wird ihr Alter, wenn Kunstkundige ihre Bilder betrachten, auf 60 bis 70 Jahre geschätzt. Dabei zählt die Autodidaktin erst 25 Lenze.

Gestern wurde die Dauer-Ausstellung »Geheimnisvolles Lübeck im Wandel der Jahreszeiten« in der Lübecker Mengstraße (Galerie »Dornse 44») eröffnet. Galeristin Marlene Kaeding haben die Reaktionen von Kunden und Sammlern so überzeugt, dass sie jetzt ständig Bilder von Anke Wintermann zeigen will.

Einziges Travemünde-Motiv in der Ausstellung ist eine Ansicht von der Trave mit vielen Schiffen, die aus dem Jahr 2006 stammt. Vergleicht man das Bild mit den aktuellen Lübeck-Motiven, fällt auch dem Laien auf, wie schnell sich die Malerin weiterentwickelt. Die neuesten Bilder haben eine solche Tiefe, dass sie wie ein Fenster wirken.

Das Geheimnis liegt im Umgang mit Farbe und Licht und in der Schichttechnik, wie sie schon die alten Meister verwendeten: Bis zu 20 Ölschichten sorgen für winzige, bewusst kaum wahrnehmbare Erhebungen zum Beispiel der Häuser und sorgen so für die räumliche Wahrnehmung.

Eine sehr zeitintensive Maltechnik ist das, die viele Künstler heute scheuen. Nach jeder aufgetragenen Ölschicht muss die Farbe 2-3 Wochen trocknen. Bei gut 300 Arbeitsstunden pro Bild dauert es da leicht ein Jahr lang, bis ein Gemälde fertig ist. Mehr als 15 Bilder unterschiedlicher Größen können so pro Jahr nicht entstehen.

Die Reaktion der Galerie-Besucher ist entsprechend: »Oh, so kann man auch malen«, zeigten sich viele verblüfft. Bei einigen kleineren Bildern hat Galeristin Marlene Kaeding ein Schild »Öl« dazugestellt, weil Passanten die Bilder im ersten Augenblick für Fotos hielten.

Erstaunlich: Die gebürtige Dresdnerin Anke Wintermann, die seit 2002 in Lübeck lebt, hat in keiner Kunstschule gelernt. Lehrer würden doch nach »Schema F« einem nur beibringen, was sie selbst einmal gelernt hätten, meint sie. Sie bezeichnet sich selbst aber als »Dickkopf« und will nicht von anderen geprägt sein.

Natürlich hat die »Travemünde Aktuell»-Kulturredaktion beim Besuch der Vernissage gleich angeregt, dass auch ein neues Travemünde-Motiv entstehen müsse. Und die Künstlerin zeigte sich interessiert. Mit ihren jungen Jahren hat die Malerin noch eine lange Schaffens-Phase vor sich. Es wird spannend sein, zu beobachten, wie sie sich noch entwickelt. RD