POLITIK 3 276
Travemünde 09.06.2019
Fazit beim Liberalen Stammtisch im Travemünde:
Beim Verkehrskonzept für Travemünde gibt es noch viel Luft nach oben!

Beim Liberalen Stammtisch in Travemünde unter Leitung des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der FDP-Bürgerschaftsfraktion, Thomas-Markus Leber, diskutierten engagiert Bürger, aber auch einmal mehr Vertreter nahezu aller in Travemünde vertretenden Parteien die Vorlage.
Die Erwartungen waren groß. Lange hatte man auf das neue Verkehrskonzept warten müssen. Nun liegt das Ergebnis in Form einer 51 Seiten umfassenden Vorlage vor. Die Absicht und der Umfang wurden durchaus positiv gewürdigt. Neues konnte indes kaum identifiziert werden. Vieles wurde aus älteren Vorlagen und Konzepten übernommen, Bürgerimpulse dagegen nur selten berücksichtigt. Kritisiert wurde die nahezu durchgängige Unverbindlichkeit der Vorlage.
Bedauert wurde der fehlende Mut die verkehrliche Situation in Travemünde aufgrund veränderter Rahmenbedingungen, neuer technischer Entwicklungen (E-Scooter, E-Roller) und eines erwarteten veränderten Mobilitätsverhaltens völlig neu zu ordnen. Stattdessen wurden unverbindliche Einzelmaßnahmen wahrgenommen, deren Umsetzbarkeit mehr als einmal in Frage gestellt wurden.
Vermisst wurde eine konkrete Zielvorgabe. Wo wollen wir hin? Wie soll der Verkehr gerade auch vor dem Hintergrund des Klimawandels und des veränderten Mobilitätsverhaltens in Travemünde in 30 Jahren organsiert sein? Wird das Seebad dann autofrei sein? Was will man konkret erreichen? Erwartet wurden keine Riesenpläne, sondern kleine Schritte auf dem Weg zu einem konkreten Ziel.
Vermisst wurde zudem eine konkrete Vision, die im Vorfeld hätte entwickelt werden müssen. Beim Stammtisch wurden radikale Vorschläge diskutiert: »Alles Blech raus! Zufahrt nur für Einheimische! Gäste parken außerhalb!« oder » viele Straßen werden Einbahnstraßen, der Ort über ein Ringsystem erschlossen«. Auch wurde vorgeschlagen einzelne parallel verlaufende Straßen ausschließlich bestimmten Verkehrsteilnehmern zuzuweisen: Die Vorderreihe den Fußgängern, die Kurgartenstraße den Radfahrern und die Vogteistraße den Autos. Die Umsetzungswahrscheinlichkeit solcher Extrem- Visionen mag gering sein. Sie hätten aber neue Optionen eröffnen können, die zu einem realistischen und akzeptierten Gesamtkonzept führen. So wurde eine große Chance vertan. Eine Mobilitätswende kann nur mit entsprechenden Anreizen und einer entsprechenden Infrastruktur gelingen. Wie das geht, zeigt Boltenhagen. Dort kann das ÖPNV Netz für einen 1 Euro pro Fahrt genutzt werden.
Am Ende wurde das Stimmungsbild zur Vorlage abgefragt. Dabei wurde deutlich, dass die Vorlage durchaus positive Ansätze und geeignete Maßnahmen enthält. So gingen die Daumen bei folgenden Punkten nach oben: VERTIEFENDE UNTERSUCHUNG der 2. HAUPTERSCHLIESSUNG, ERRICHTUNG der PARKPALETTEN, ANPASSUNG des PARKLEITSYSTEMS, GESTALTUNG des ORTSEINGANGES STEENKAMP und PRÜFUNG der BEWOHNERPARKVORRECHTE.
Als grundsätzlich sinnvoll wurden QUERUNGSHILFEN; GEHWEGERGÄNZUNGEN und die FREIGABE von EINBAHNSTRASSEN bewertet. Räumliche Begebenheiten ließen aber die vorgeschlagenen Lösungen als fraglich erscheinen. So im Falle des Strandweges oder des Moorredders.
Nicht einheitlich war das Stimmungsbild zur VORDERREIHE. Hinweisschilder, die zur gegenseitigen Rücksichtnahme auffordern, wurden begrüßt, eine Fußgängerzone aber tendenziell kritisch gesehen. Verwiesen wurde auf Gewohnheiten, Notwendigkeiten (Arztbesuche) sowie neue technische Entwicklungen (E-Scooter). Die generelle VERKEHRSBERUHIGUNG von ALTSTADT und VOGTEISTRASSE fand viel Zustimmung. Allein die Schutzstreifen vermochten nicht zu überzeugen.
Kritik kam beim HALBSTUNDENTAKT auf. Diesen nur aufs Wochenende zu beschränken, sei nicht im Sinne der Travemünder. Dauerhaft werde die Nachfrage die Frequenz bestimmen. Aktuell fahren aber viele Züge gerade in den Abendstunden noch mehr oder weniger leer zurück. Luft nach oben gibt es beim innerörtlichen Busverkehr. So werden Teile des Priwalls am Wochenende nicht bedient.
Kritik wurde zur FREIGABE des FALLREEPS formuliert und eine neue Unfallhäufungsstelle befürchtet. Angezweifelt wurde weiterhin die Sinnhaftigkeit der BÜSTRA-Anlage an der EINMÜNDUNG GNEVERSDORFER WEG / VOGTEISTRASSE. Staus und weitere Probleme werden hier erwartet.
Der angedachte WETTBEWERB zum STRANDBAHNHOF / BERTLINGSTRASSE wurde in Frage gestellt. Schon in der Vergangenheit habe es vielversprechende Pläne gegeben. Sie wurden nie umgesetzt.
Das Dauerthema LANDSCHAFTSPARK LEUCHTENFELD und TRAVEPROMENADE erhitzt weiterhin Gemüter. Das Votum für den Landschaftspark fiel bescheiden aus. Wenn es besondere touristische Angebote gäbe, vielleicht. Generell favorisierten die Teilnehmer aber mehrheitlich den Erhalt der Parkflächen. Grünflächen seien ausreichend vorhanden.
Keine Zustimmung gab es für die SCHUTZSTREIFEN im TEUTENDORFER WEG, in der AUSSENALLEE und am BAGGERSAND. Es passt einfach nicht zusammen, wenn eine 4. Fähre ausgeschrieben wird und gleichzeitig die einzige Zufahrt zur Fähre zusätzlich verengt wird. Viele Fragen warf der angedachte ÜBERLAUFPARKPLATZ auf. Warum werden hier 3000 bis 5000 Euro pro Stellplatz kalkuliert, wenn der Platz nur 4 – 5 Mal im Jahr genutzt wird?
In der Ursprungsversion der Vorlage nicht vorgesehen, nun aber ergänzt, ist der Punkt 1.4.A. EINMÜNDUNG TEUTENDORFER WEG / TRAVEMÜNDER LANDSTRASSE. Hier ist nun eine BÜSTRA vorgesehen. Die Anwohner würden indes einen Kreisverkehr favorisieren.
Das Fazit fiel eindeutig aus: Die Vorlage ist noch kein große Wurf! Einiges wird überarbeitet und angepasst werden müssen. Ohne einheitliche und konkrete Zielvorgabe, ohne Vision und ohne schlüssiges Mobilitätskonzept wird es schwierig. Auch die Prioritätensetzung gilt es zu prüfen. Wenn eine zweite Haupterschließung kommen soll, dann muss sie schneller kommen um als Basis eines neuen Verkehrskonzeptes dienen zu können. Ansonsten wäre weiteres Stückwerk zu erwarten. PM
Quelle: Text: Pressemitteilung FDP, Fotos: Karl Erhard Vögele