OSTSEE/HAFEN
Travemünde 09.05.2019
Ortsrat: Munitionsreste und Hafenentwicklung
Munitionsreste in der Lübecker Bucht
Über den Stand Kartierung der Munitionsaltlasten auf dem Grund der Lübecker Bucht und der Entwicklung eines Konzeptes zur Beseitigung der Gefahren, die sich aus der Munition am Meeresgrund ergeben, berichtete Jens Sternheim vom Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein, Abteilung Wasserwirtschaft, Meeres- und Küstenschutz, Sonderstelle Munition im Meer.
Bereits in den Jahren 1969/71 gab es einen Untersuchungsbericht zu Versenkungen von chemischer Kampfstoffmunition vom Bundesministerium der Verteidigung (BMVg), dann 1993 den Bericht »Chemische Kampfstoffmunition in der südlichen und westlichen Ostsee« vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie BSH, der im Jahre 2009 erweitert und aktualisiert wurde.
In der Lübecker Bucht gab es zu Kriegszeiten Belastungen der Seefliegerschule Priwall und vom Torpedoschießen, dann Angriffe (Hölle/Inferno von Staberhuk, englische Fliegerangriffe), weiter durch den letzten Stützpunkt der 25. U-Flottille, Versenkungen der »Wilhelm Gustloff« und des Lazarettschiffes »A«- Berlin sowie Versenkungen vor Sierksdorf und Pelzerhaken. Die Munitionsbelastungen in den Gewässern der Nordsee werden auf ca 1,3 Mio t und in den deutschen Ostseegewässern auf ca 300.000 t geschätzt. Einer Neuschätzung in 2019 für das Jahr 1960 zufolge sollen in der Lübecker Bucht 65.000 Tonnen Munition versenkt und davon 15.000 Tonnen geborgen worden sein. Diese Zahlen können sich durch die noch nicht abgeschlossenen Recherchen der Bundesarchive (Militärarchiv Freiburg, Militärgeschichtliches Forschungsamt), von Hafenbüchern und Dorfchroniken der Städte und Gemeinden und der Internationalen Archive (z.B. Imperial War Museum London, The National Archive Washington DC und Archivmaterial des alliierten Kontrollrates sowie des Forschungsschiffes POSEIDON im Oktober 2018 verändern.

Die Arbeiten an den Datensammlungen und Forschungen müssen fortgeführt werden. Eine Zusammenarbeit von Bund und Ländern ist unabdingbar. Erster Schritt für eine solche gemeinsame Aktion war die 89. Umweltministerkonferenz am 17. November 2017 in Potsdam mit dem Tagesordnungspunkt »Forschungs- und Pilotvorhaben zur umweltschonenden Bergung von Munition aus dem Meer«. Entscheidende Fortschritte bestehen darin, dass vom sogenannten »reaktiven zum Systematischen Ansatz«, also vom Einzelfall zu einem Gesamtkonzept das Vorgehen weiterentwickelt werden soll unter Anwendung einer vollautomatischen Munitionsräumung am Meeresgrund vor allem auch deswegen weil die Risiken der Bergung aus dem Wasser inzwischen höher sein können als die Risiken der Räumung unter Wasser. Weiter gibt es derzeit Projekte, um mit Miesmuscheln die Zersetzung der Kampfstoffe unter Wasser und deren Wirkung auf Organismen zu erforschen.
Aus einer Gesamtbewertung, erstellt im Jahre 2011, ist nicht erkennbar, dass eine großräumige Gefährdung der marinen Umwelt über den lokalen Bereich der munitionsbelasteten Flächen hinaus vorhanden oder zukünftig zu erwarten ist. Eine Gefährdung besteht jedoch punktuell für Personengruppen, die im marinen Bereich der Nord- und Ostsee mit Grundberührung tätig sind. Aus der anschließenden Diskussion ergab sich, dass sich der anwesende Senator Ludger Hinsen Unterstützung vom Land für eventuelle Maßnahmen der Stadt (zB für eine Öffentlichkeitskampagne) wünscht. Der Referent Herr Sternheim äußerte sich abschließend darüber, das noch viel zu tun ist, ein Anlaß zur Panik jedoch nicht vorläge und bei Auffinden von Munition und eventuell auch Phosphor (ähnelt Bernstein) und Schießwolle (ähnelt dunklen Steinen) nichts berührt werden darf und sofort die Polizei verständigt werden muss. Hinweis auf das Buch »Gefährliche Strandfunde« herausgegeben von Rank Rudolph, Wachholz Verlag Kiel/Hamburg, ISBN 978-3-529-05476-1.

Thema Hafen/LHG, Prof. Dr. Jürgens: Entwicklung positiv
Im zweiten Teil gab der Geschäftsführer der LHG Prof. Dr. Sebastian Jürgens einen Überblick über den Stand der Entwicklung des Lübecker Hafens. Der Hafen sei auf positivem Wege mit Zuwächsen im Ladungsgeschäft und auch besonders beim Intermodalen Verkehr Schiff/Bahn. Auf einem 16 ha großen Areal werde derzeit eine 25.000 qm große Logistikhalle gebaut, in der Waren vom Nordlandkai, insbesondere auch Papier und Verpackungsmaterial gelagert werden. Auch aus Rostock würde Ladung dazu kommen. Am 1.12.2019 soll die Halle fertiggestellt sein. Auch der Skandinavienkai entwickelt sich beachtlich positiv weiter, was zum Teil auch durch die immer größer werdenden Schiffe bedingt sei.
Eine Verbesserung der Emissionswerte wäre mit neuen Schiffen zu erwarten, welche mit Flüssiggas fahren oder über einen Hybridantrieb verfügten. Um Lärm zu dämpfen, sollen die Rampen mit einem Flüsterbelag ausgestattet werden. Das Projekt des Fehmarnbelttunnels würde von der LHG kritisch verfolgt. Es biete Chancen aber auch Risiken mit der Folge von Anpassungs- und Umstrukturierungsprozessen. Im Nachgang der Diskussion wurden Fragen der Erweiterung des Areals gestellt, die aber, so Sebastian Jürgens, Gegenstand eines Hafenentwicklungsplanes seien, den die Stadt aufstellen müsse. Ergänzend wurde in einem Diskussionsbeitrag erwähnt, dass im nunmehr vorliegenden Mobilitätskonzept für Travemünde zusätzliche Abfahrten von der B75 bei der Teutendorfer Siedlung, im Bereich Rönnauer Weg und südlich des Pommernzentrums sowie die bahnparallele Führung am Skandikai vertiefend untersucht würden.
KEV – Fotos Karl Erhard Vögele
Weiterführende Informationen zum Thema Munition über folgende Links:
- http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/080/1908070.pdf
- https://www.schleswig-holstein.de/DE/UXO/Themen/Fachinhalte/textekarten_Karten.html
- https://www.schleswig-holstein.de/DE/UXO/Berichte/PDF/Berichte/anhang_10200.html
- http://www.munition-im-meer.de
- http://www.amucad.org
- https://udemm.geomar.de
- https://www.schleswig-holstein.de/DE/UXO/Themen/Fachinhalte/textekarten_Berichte.html
- https://udemm.geomar.de