Politik soll mit Sitzung zeitig fertig werden und bei freier Verköstigung Fußball gucken – auf Einladung der städtischen Gesellschaft KWL
»Lübeckerinnen in Obdachlosigkeit«, die »Schule Niendorf« und »Zukunftsorientierte Stadtentwicklung« sind drei der Themen, die für den 26. Juni auf der Tagesordnung der Lübecker Bürgerschaft stehen. Wichtige Dinge auf einer langen Tagesordnung, aber es gibt anscheinend noch Wichtigeres: »Die Bürgerschaft hat sich vorgenommen, die Sitzung spätestens um 18:00 Uhr zu beenden, damit niemand das sportliche Großereignis verpasst«, heißt es in einer Email der städtischen Gesellschaft KWL an Bürgerschaftsmitglieder, Senatoren und den Bürgermeister. Es geht um die Fußball-Weltmeisterschaft.
Wer mag da noch über die Zukunft der Stadt nachdenken, wenn die Gratis-Bratwurst so lecker auf dem Grill duftet? Foto: ARCHIV TA
Die Sitzung der Lübecker Bürgerschaft beginnt am Donnerstag, 26. Juni 2014, um 12:00 Uhr. Der Anpfiff für das Spiel USA gegen Deutschland ist um 18:00 Uhr. Von irgendwoher muss das »Koordinierungsbüro Wirtschaft in Lübeck GmbH« (KWL) Wind davon bekommen haben, dass die Politiker diesmal flott fertig werden wollen mit der Sitzung, damit sie Fußball gucken können. Und wo die Bürgerschaft aufgrund der Rathaus-Renovierung nun das erste Mal in den Media-Docks auf der Wallhalbinsel tagt, lädt die mit Steuergeldern finanzierte städtische Gesellschaft doch gleich mal ein: »Die KWL lässt es sich vor diesem Hintergrund nicht nehmen, Sie in den zur Soccer-Lounge umfunktionierten Eames-Room einzuladen. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie als unsere Gäste bei einem gut gekühlten Erfrischungsgetränk und einer leckeren Grillwurst das Spiel verfolgen«, heißt es in einer Rundmail an Politiker und Verwaltungsspitze. Da lässt sich feudal Fußball gucken: Der nach dem Designer- und Architektenehepaar Charles und Ray Eames benannte »Eames-Room« ist nicht einfach irgendein Konferenzraum, sondern gilt als »Schmuckstück« der Media Docks mit vollverglaster Aussicht auf die Lübecker Altstadt. »Sie und Ihre Gäste sitzen bequem auf von Eames entworfenen Stühlen. Zur fest installierten, stilvollen Ausstattung dieses Raumes gehören ein Beamer, eine Leinwand und eine Lautsprecheranlage«, wird der Raum im Internet beworben. Auch für die Halbzeit ist gesorgt: »Die Dachterrassen laden bei fast jedem Wetter dazu ein, auch eine kurze Veranstaltungspause an der frischen Luft mit dem einzigartigen Blick auf die Trave und die Lübecker Altstadtinsel zu genießen«, heißt es auf der Internetseite der Media Docks. Das exklusive »Private Viewing« bei freier Verköstigung und das auf Fußball abgestimmte Sitzungsende ruft nun »tadeus10« auf den Plan. Der bringt in anonymen Emails an die Politik gern Dinge auf den Punkt und scheint auch über guten Zugang zu entsprechenden Informationen zu haben. »Finden Sie das aufgrund der Situation der Hansestadt Lübeck nicht etwa bizarr?«, fragt er KWL-Geschäftsführer Dirk Gerdes in einer Mail, die an den gleichen Personenkreis gerichtet ist wie zuvor die großzügige Einladung. »Die Stadt steht am Abgrund und Sie rufen zu Brot und Spielen auf? Und das Ganze auch noch auf Kosten der Steuerzahler der Stadt?« Tadeus schließt mit einer Ankündigung: »Seien Sie versichert, ich werde das verfolgen und zum Beispiel Ihr Fest am Hofe zu gegebener Zeit öffentlich platzieren, damit jeder steuerzahlende Bürger sieht, wie hier mit öffentlichen Mitteln und Werten umgegangen wird.«Das Volk hat also zumindest insofern etwas von der Sache, als dass es sich auf einen ganz besonderen »Spielbericht« von der Fußball-Weltmeisterschaft freuen darf. Wobei zur Ehrenrettung zumindest von Teilen der Bürgerschaft gesagt werden muss, dass nach TA-Informationen einige Politiker die exklusive Fußball-Sause ebenfalls instinktlos finden und nicht teilnehmen werden. TA
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Kommentare
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Kommentar von Justus Justizius am 16.06.2014[0,0/0]
Bratwurst kostenlos, gucken kostenlos, Bier kostenlos – ist das nicht ein geldwerter Vorteil, der zu versteuern ist? Aber vielleicht fällt der gerade noch unter die Freigrenze. Die Stadtpräsidentin wird das sicherlich schon geprüft haben. Auch ob die Bürgerschaftsmitgliederinnen und Bürgerschaftsmitglieder solche Geschenke annehmen dürfen um in ihren Entscheidungen frei zu bleiben. Und ob eine Städtische Gesellschaft die kommunalpolitischen Entscheidungsträger so einfach mal alimentieren darf – das wird der Chef der KWL sicherlich auch schon geprüft haben. Nun ja, eigentlich habe ich nix dagegen, das Leben einer Kommunalpolitikerin und eines Kommunalpolitikers ist hart. Im Prinzip gönne ich es ihnen. Doch es gilt halt auch hier: Gleiches Recht für alle. Nun guckt mal schön.
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Kommentar von Karl Schraffer am 16.06.2014[0,0/0]
Interessant wäre: Was sagen die Travemünder Bürgerschaftsmitglieder dazu!
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Kommentar von Thomas Thalau am 17.06.2014[0,0/0]
Sehr geehrter Herr Schraffer, ich distanziere mich von dieser Einladung! Mein Bier und Würstchen kann ich selber zahlen! Im übrigen finde ich es schon ärgerlich, dass die Bürgerschaftssitzung verschoben wurde bzw. bis 18h fertig sein soll! Lübeck hat andere Probleme als ein beginnendes Fußballspiel! Thomas Thalau, Mitglied der Bürgerschaft
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Kommentar von Klaus Hansen am 17.06.2014[0,0/0]
Die KWL und ihre Freizügigkeit auf Kosten der Steuerzahlen ist an Frechheit kaum noch zu übertreffen. Einladungen zu Reisen für Politiker sind an der Tagesordnung. Alles schön mehrheitlich aufgeteilt zwischne rot/grün. Der Geschäftsführer sollte zurücktreten. Warum hat die Stadtpräsidentin dieses Ansinnen nicht sofort abgesagt? Jetzt einen Kostenbeitrag zu fordern kommt als verschämte Ausrede zu spät.