WIRTSCHAFT 3 1
Travemünde 28.09.2010
Werdegang des Leuchtturmprojektes »Markthalle Travemünde«
Geschäftsführer Michael Woschniak blickt zurück auf zwei Jahre Verhandlungen à la Lübeck

August/September 2008
In einem Pressebericht kündigten Bürgermeister und Wirtschaftssenator an, Travemünde wieder zur Nummer 1 unter den deutschen Ostseebädern machen zu wollen. Es wird von einem viel zu langem »Dornröschenschlaf« berichtet. Diesen zu beenden wird zur Chefsache erklärt und es werden Investoren gesucht. Vorhandene Potentiale sollen genutzt werden, diverse Defizite geschlossen werden. Insgesamt sollen 400 Mio. € investiert werden.
Dieses Vorhaben stößt bei der WPS auf Interesse und sie geht als potentieller Investor auf die Stadt mit der Idee zu, eine Markthalle zu errichten. Ähnlich der in List/Sylt seit 2004 erfolgreich operierenden »Alten Tonnenhalle«. Hauptmieter soll die maritime Erlebnisgastronomie Gosch/Sylt werden.
Oktober 2008
Erste Besprechung im Rathaus mit Bürgermeister, Wirtschaftssenator, Kurdirektor, Leiter der Stadtplanung sowie dem Leiter der Liegenschaften. Das Konzept wird vorgestellt und als grundsätzlich gute Idee zur Belebung des Ortes erachtet. Größe der Halle rd. 2200m² Investitionssumme rd. 10 Mio.€. Es werden insgesamt rd. 100 Arbeitsplätze geschaffen, die Stadt erhält rd. 100.000€ Erbpacht/Jahr für das bisher ungenutzte Grundstück Tornadowiese.
November 2008
Bausenator und Bereichsleiter der Stadtplanung besichtigen Gosch-Objekte in St. Peter-Ording und List/Sylt. Der Kurdirektor St. Peter-Ording berichtet von den für den Ort positiven Effekten der Ansiedlung dort. In List werden dann später die Impulse einer Halle deutlich, die gerade bei schlechtem Wetter sowie in Vor- und Nachsaison für Besucherfrequenzen sorgt.
Dezember 2008
Eine Defizitanalyse ergibt diverse Lücken im örtlichen Einzelhandel Travemündes. Vor allem höherwertige Marken sind praktisch nicht vorhanden. Die »Verkaufsbuden« an der Travepromenade sind nicht mehr zeitgemäß und der Lage nicht angemessen. Es werden dort vorwiegend Flohmarktartikel angeboten. Einen wetterunabhängigen Anziehungspunkt vor allem für Tagestouristen gibt es nicht. Eine erneute Zusammenkunft im Rathaus ergibt Einigkeit, das Projekt durchführen zu wollen. Es wird empfohlen mit dem LYC Einigkeit bezüglich der Nutzung zur TW Woche zu erzielen.
WPS bietet dem LYC an, die Freiflächen sowie die geplanten 600m² Multifunktionsfläche innerhalb der Halle für die Zeit der TW kostenlos zu nutzen. Dies wird dort positiv aufgenommen.
Januar 2009
Die Stadtverwaltung bittet WPS um Gespräche mit dem LYC, um evtl. deren Gelände komplett zu übernehmen und dort den Neubau zu errichten. Dem LYC sollen dann innerhalb des Gebäudes eigene Räumlichkeiten auf eigenem Grundbuchblatt überlassen werden. WPS akzeptiert.
Februar 2009
WPS führt Gespräche mit dem Vorstand des LYC. Dieser zeigt sich offen für den Vorschlag, da das jetzige Gebäude ohnehin stark sanierungsbedürftig ist. WPS sichert dem LYC zu, zusätzlich (!) zu den kostenlosen eigenen Räumlichkeiten die vom LYC geforderte Ablösesumme von € 600.000 zu zahlen. Mit diesem Angebot will der Vorstand nun in die Mitgliederversammlung gehen.
März 2009
Die Stadtplanung Lübeck möchte nun plötzlich die Fläche der Halle von 2200m² auf 900m² (!) verringern. WPS protestiert, da dies weder mit Bürgermeister noch Wirtschaftssenator so abgesprochen ist und diese Größe auch keinerlei Bedeutung als überregionaler Anziehungspunkt hätte.
April 2009
Ein durch WPS erbetenes Krisengespräch beim Oberbürgermeister im Rathaus mit dem Bausenator ergibt einen Kompromiss von nunmehr 1200m² für die Halle.
Mai 2009
Die bereits laufende Ausschreibung für einen Architektenwettbewerb zur Gestaltung der Halle wird gestoppt, da laut Bürgerschaft Lübeck alle Einzelprojekte zurückstehen müssen, bis der sog. Masterplan seitens der Bauverwaltung für Travemünde vorliegt. Das Projekt liegt nun faktisch »auf Eis«.
Juni 2009
Die Travemünder Wirtschaftsgemeinschaft analysiert die derzeitige Attraktivität Travemündes (vor allem für Tagesgäste) im Vergleich zu anderen Ostseebädern als zu gering. Neubauten von Betten allein steigern die Attraktivität nicht. Die WPS stellt das Vorhaben auf der Ortsratssitzung am 10.06.2009 erstmals öffentlich vor. Der Ortsrat stimmt dem Projekt einstimmig zu.
September 2009
Der LYC sagt nach der Mitgliederversammlung vom 09.09.2010 ab. Die Mehrheit hat sich gegen einen Verkauf entschieden. Der Vorsitzende des LYC tritt von seinem Amt zurück. WPS wendet sich an die Stadt um nun wieder auf dem ursprünglichen Standort Tornadowiese bauen zu können.
Oktober 2009
TWG, SPD Ortsverband, CDU Ortsverband sowie Ortsrat legen Beschlüsse für die Markthalle auf der Tornadowiese vor.
November 2009
Der neue Vorsitzende des LYC sowie der Geschäftsführer der Travemünder Woche erklären, die Halle auf der Tornadowiese stellt kein Problem für die TW dar. Sie befürworten den Bau und erwarten dadurch zusätzliche Attraktivität der TW.
Die SPD Lübeck spricht sich für die Halle aus. Es soll aber gesichert werden, dass der LYC sein OK gibt. (Was bereits vorher geschehen war, s.o.). Es wird eine 3 D Präsentation des Baukörpers gefordert. Die Halle soll nicht mehr wie ursprünglich vorgesehen 12m (also 2 Geschossig) sondern nur noch 8m hoch sein. WPS akzeptiert.
Dezember 2009
Die 3-D Präsentation mit den neuen Maßen ist angefertigt und wird den Beteiligten zugestellt.
Januar 2010
Vorstellung der 3-D Animation im Bauausschuß. Zusätzlich werden Luftaufnahmen diverser Travemünder Wochen vorgestellt, auf denen klar zu erkennen ist, das die Tornadowiese auch während der TW praktisch ungenutzt ist. Zustimmung durch alle Fraktionen (außer Linke und Grüne). Seitens SPD wird die Idee einer »Piazza« entwickelt, die auf der Fläche zwischen Vorderreihe und Markthalle gestaltet werden soll. Ebenso soll ein beschleunigtes Verfahren für einen B-Plan Aufstellungsbeschluß zum tragen kommen um das Projekt unabhängig vom immer noch nicht fertig gestellten »Masterplan Travemünde« voranzubringen.
Februar 2010
Es erscheint folgender Pressebericht zur neuen Präsentation: Mit dieser Variante kann auch die SPD leben, der das Projekt zunächst zu überdimensioniert war. »Die geänderten Pläne sind ein erheblicher Fortschritt«, erklärt Sven Schindler, Vorsitzender des Bauausschusses. Ulrich Pluschkell sieht das Ganze als Punktsieg für die SPD: »Unsere berechtigten Bedenken sind ausgeräumt worden.« Die Bürger für Lübeck (BfL) haben sich ebenfalls für das Projekt ausgesprochen, das sie als »deutliche Aufwertung für Travemünde« sehen, so Uwe-Jens Iwers, baupolitischer Sprecher. CDU und FDP hatten sich bereits im Vorfeld für den Bau der Halle stark gemacht. Die Stadt plant außerdem am Beginn der Uferpromenade eine Piazza.
März 2010
Kurausschuß und Wirtschaftsausschuß sprechen sich für den Bau der Markthalle auf der Tornadowiese aus. Auf dem im Kurauschuß zwischenzeitlich vorgelegten Masterplan ist die Markthalle auf der Tornadowiese eingezeichnet.
Die WPS wird seitens der Stadt wegen der geplanten Piazza gebeten sich mit den Betreibern der Backskiste zu unterhalten ob diese sich die Anmietung einer Fläche in der Markthalle vorstellen könnten. Ein Gesprächstermin wird durch die Betreiber der Backskiste grundsätzlich abgelehnt. Es gäbe »keinerlei Gesprächsbedarf«.
Herr Pluschkel (SPD) versucht daraufhin nochmals einen Termin zu koordinieren. Ebenfalls erfolglos.
April 2010
Der bisherige Sprecher des Bauausschusses wird neuer Wirtschaftssenator. In den LN erscheint ein Artikel, in dem der Vorsitzende der Travemünder Wirtschaftsgemeinschaft unter der Überschrift »Travemünde geht auf die Straße« die Politik anprangert, potentielle Investoren zu vertreiben.
Juni 2010
Ein durch die Bauverwaltung anberauntes Treffen zwischen Verwaltung, Backskiste und WPS endet mit dem Ergebnis, das die Betreiber der Backskiste klar erklären ihr Gebäude bis zum Ablauf des Pachtvertrages nutzen zu wollen. Vorzugskonditionen für eine Mietfläche innerhalb des Neubaus werden kategorisch abgelehnt, nicht einmal angehört. Die städtische (!) Idee einer Piazza an dieser Stelle muss also bis zum Ablauf des Pachtvertrages zurückgestellt werden.
Juli 2010
Die Betreiber der »Backskiste« sowie der Besitzer des »Fisherman« organisieren eine Demo gegen die Markthalle auf der Tornadowiese. Es erscheinen ca. 70 Teilnehmer. Die Verwaltung gibt einen Aufstellungsbeschluß für einen Bebauungsplan in den Bauausschuß.
Dieser wird nicht gefasst, sondern wird auf die nächste Sitzung nach der Sommerpause vertagt. Der bereits fertig vorbereitete Architektenwettbewerb zur endgültigen Gestaltung der Halle wird abermals gestoppt.
September 2010
Der Bauausschuß lehnt den Aufstellungsbeschluß zum Bau der Markthalle ab. Begründung laut Pressebericht vom 07.09.2010: Doch die SPD bleibt dabei. Sie lehnt das Projekt aus zwei Gründen ab. »Das städtebauliche Konzept gefällt uns nicht«, sagt Harald Quirder (SPD), Vorsitzender des Bauausschusses. Und: »Die Flächen werden für die Travemünder Woche gebraucht.« »Wir sind nicht investorenfeindlich – wir müssen nur auch an andere Sachen denken wie die Travemünder Woche«, verteidigt SPD-Fraktionschef Peter Reinhardt die Haltung der SPD.
Fazit:
Die WPS ist mit einer, in unseren Augen, sehr guten und für den Ort absolut passenden Idee an die Stadt herangetreten, deren Stadtobersten genau um solche Ideen geworben haben. Gosch steht für eine maritime Erlebnisgastronomie mit einem absoluten Top Preis-Leistungsverhältnis. Anders wäre der Erfolg auch gar nicht zu erklären. Eine vorhersehbar künstlich von den Linken initiierte Neiddiskussion würde bei jedem Besuch eines Gosch Restaurants im Keim ersticken.
Eine überdachte Einkaufsmöglichkeit mit einer belebten Multifunktionsfläche für Konzerte, Ausstellungen, Modenschauen, Weihnachtsmarkt etc. etc. stellt auch in Vor- und Nachsaison sowie zu Schlechtwetterzeiten einen erheblichen Anziehungspunkt für einen Kurort dar.
Wie gut das funktioniert kann sich jeder Interessierte in List auf Sylt täglich ansehen. Gern auch zu Zeiten, wo woanders längst die »Bürgersteige hochgeklappt« sind.
Alle Forderungen was Größe, Höhe, Gestaltung etc. angeht, wurden durch uns erfüllt. Das Objekt hat mittlerweile nur noch 65% des ursprünglich einmal geplanten (und kalkulierten) Volumens.
Zum Standort: Wer aufmerksam die örtlichen Besucherzahlen analysiert und sich vor Ort (gerade auch in der Hauptsaison) abends vor Ort umsieht und dann die Besucherfrequenz mit den Nachbargemeinden vergleicht, wird zwangsläufig, ebenso wie wir, zu der Erkenntnis gelangen, dass ein anderer Standort als die Tornadowiese wirtschaftlich gar nicht in Frage kommen kann. Einzig die Alternativlösung mit dem LYC Grundstück wäre noch machbar gewesen, wurde aber abgelehnt.
Es ist für uns nicht nachvollziehbar, wie eine große Volkspartei, deren Ortsgruppe sich gerade in der Anfangszeit ganz besonders für so eine gute Idee eingesetzt und sich aktiv eingebracht hat, mit Argumenten die nachweisbar absolut nicht stichhaltig sind, entgegen aller Zustimmung selbst in den eigenen beteiligten Ausschüssen nach zwei Jahren Planungsarbeit so eine 180 Grad Kehrtwendung hinlegen kann. Ob man dies nun als »Investorenfeindlich« oder nicht betrachten kann, möge jeder für sich selbst beurteilen.
Michael Woschniak
Geschäftsführer
WPS Vermögensverwaltungs GmbH
Quelle: Text: Pressemitteilung WPS; Schlagzeile + Foto: TA