TA-INTERVIEW
Travemünde 30.09.2008
»Hier kann ich mit Dir alt werden«
Seit März lebt und arbeitet das Künstlerpaar Uwe Thill und Reinhild Runkel in Travemünde

»Travemünde Aktuell« traf das Künstlerpaar und wollte wissen, wie es kam, dass die beiden ihren neuen Lebensmittelpunkt in Travemünde fanden. Das Interview:
TA: Herr Thill, Sie sind neu in Travemünde, nicht der jüngste Künstler, aber doch das jüngste Mitglied in der Riege unserer Profis, sozusagen, was treibt Sie denn von New York, von Monaco, in die Provinz?
Uwe Thill: Ich würde nicht sagen, dass Travemünde Provinz ist. Ich sehe Travemünde an der Lübecker Bucht als den gewachsenen Ort an, der noch vieles aus dem Alter bewahrt hat. Nicht alles, aber vieles.
TA: Wir haben ja eine Menge Künstler hier, die von ihrer Kunst leben, ist das gut, oder ist das Konkurrenz, wenn viele an einem Ort sind?
Uwe Thill: Nein, das möchte ich nicht sagen. Konkurrenz sehe ich nicht, hier bahnt sich doch ein Miteinander an. Ob man Frauke Klatt nimmt oder Herrn Weigel nimmt, es hat sich doch vieles da schon angefreundet. Und ich glaube, das wird eine gute Sache werden.
TA: Nochmal zurück zu Travemünde, wie kamen Sie darauf, ausgerechnet hierher zu ziehen? Kannten Sie Travemünde schon?
Uwe Thill: Das ist eine ganz lustige Geschichte. Und zwar haben wir durch den Citty-Markt in Flensburg im A-Rosa ein Wochenende gewonnen. Und wir sind dann hier die Vorderreihe längs spaziert, ein paar mal hin und her, und da stand immer so ein kleiner Zettel hier im Schaufenster unten, und da stand »Wohnung zu vermieten«. Da haben wir gesagt, ansehen kost ja nix. Wir haben uns das dann angeguckt, und Reini stellt sich neben mich, wir gucken hier raus, und sie sagt: »Hier kann ich mit Dir alt werden«.

TA: Dann haben Sie ja ihre erste Ausstellung im Kreuzfahrt-Terminal schon gehabt, und man sagt ja, Travemünde ist ja so ein bisschen Kleinstadt, wenn man da als neuer hinkommt, dann gucken die Leute erstmal.
Uwe Thill: Das ist auch so gewesen, für mich war das eine reine Sichtung. Weil ich ja auch einer bin, der nicht unbedingt auf den ersten Blick sehr gefällig malt. Denn ich hab ja meine Eigenarten und diese Eigenarten möchte ich auch bewahrt wissen. Aber ich habe sehr großen Zuspruch gehabt und es hat sich vieles angeregt.
TA: Apropos Eigenarten, wenn ich mir hier ihre Fotos ansehe, haben Sie immer so einen Indiana-Jones-Hut auf, hat das damit irgendwas auf sich?
Uwe Thill: Neiiin, das ist kein Indianer-Hut und auch kein Trapper-Hut, das ist ein Regen-Hut aus Australien. Und den tragen die Australier wie ihr zweites Hemd. Denn den setzten sie nie ab. Weil da regnet es auch öfters mal. Aber auch bei der Hitze atmet der. Das ist ein unheimlich dickes Leder und ich mag den einfach. Ich liebe ihn.
TA: In Portugal am Theater haben Sie damals ihre Frau kennen gelernt und das ist ein tolle Sängerin. Sind Sie schon mal zusammen aufgetreten?
Uwe Thill: Ja, wir haben zusammen den ganzen Ring gemacht in Portugal, meine Frau hat da Fricka und Erda gesungen und sie war immer auf mich unheimlich wütend. Denn dort gab es keine Versenkung. Die Erda ist ja die Mutter der Erde und kommt aus der Tiefe. Da hab ich eine China-Seide über vierhundert Quadratmeter auf der Bühne mit Ventilatoren unterlegt. Dann fing das an zu wabern und dann musste sie das Loch für ihren Kopf finden und in diesem Schmutz musste sie aufstehen und ihre schönsten Arien singen. Und da war sie sehr wütend auf mich.
Reinhild Runkel: Das ist wohl wahr!
TA: Woran arbeiten Sie zur Zeit, was kriegen wir als nächstes zu sehen von Herrn Thill?
Uwe Thill: Im Moment habe ich eine kleine Muschel-Serie gezeichnet. In einer Art Mischtechnik auf handgeschöpftem Papier aus dem Himalaja, ein Papier, das seinesgleichen sucht. Um mich wieder zu lockern, um meine positive Stimmung, die auch durch Travemünde und durch diese herrliche Wohnung entstanden ist, rüberzubringen. Und um mich vorzubereiten auf den »Marktplatz der Pharmazie«. Ich habe zwei Jahre kritisch daran recherchiert, um dieses schwere Thema wirklich auch wirklich richtig darstellen zu können.
TA: Gut, wenn Sie nicht arbeiten, haben Sie in Travemünde schon ein Lieblingsplätzchen entdeckt?
Uwe Thill: Das urigste und schönste ist für mich der Fischereihafen. Der hat für mich irgendwo noch Atmosphäre. Das finde ich zum Beispiel bei Niendorf so schrecklich, dass sie diesen herrlichen Hafen so kaputtgemacht haben. Es ist schlimm. Ich war so was von entsetzt. Vor Jahren bin ich da rumgestrolcht in Niendorf, weil das so urig war und ich habe ja auch einen Niendorfer, den Fischer Ficht, gemalt. Der hing ja auch in der Ausstellung hier bei der Sail.
TA: Apropos Ausstellung, wo sehen wir Sie als nächstes?
Uwe Thill: Ja, da ist vieles am Werden. Ich kann in München ausstellen, ich kann in Köln ausstellen, ich schwanke noch.
TA: Der Seemann sagt »Mast und Schotbruch«, was sagt der Maler?
Uwe Thill: Tja, dass die Haare der Pinsel am Pinsel immer dran sind, würde ich sagen (lacht).
ENDE
1 http://www.kunst-an-der-trave.de