POLITIK 2 70
Travemünde 10.08.2020
Veränderte Verkehrsführung ab November: Maßnahmen sind dauerhaft
Ortsratsvorsitzender verärgert über Schreiben des Bürgermeisters
»Wozu brauchen wir die Bürgerschaft wenn die Verwaltung übernimmt?«, ärgert sich der Ortsrats-Vorsitzende Gerd Schröder (CDU). Grund ist ein langer Brief von Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) zum Travemünder Verkehrskonzept.
Im Juni hatte die Verwaltung mit einer Pressemitteilung die Travemünder überrascht: Zum ersten November 2020 soll die Verkehrsführung im Seebad verändert werden. Zum Beispiel die Einbahnstraße in der Kurgartenstraße in die andere Richtung verlaufen (TA berichtete).
In einem Schreiben an den Lübecker Bürgermeister (TA berichtete) forderte der Ortsrat daraufhin, die Maßnahmen vor der Umsetzung der Öffentlichkeit vorzustellen und mit den Bürgern zu diskutieren.
Dass die Verwaltung über die Veränderungen an der Travemünder Verkehrsführung erst am 15. Juni 2020 im Bauausschuss informiert hatte, entschuldigte der Bürgermeister nun in seinem Antwortschreiben mit der Corona Pandemie.
Dass die Änderungen nach Abschluss der Bauarbeiten an der Großbaustelle Baggersand wieder zurückgenommen werden, lehnte Lindenau ab.
Die zweite Forderung des Ortsrates lautete: »Der Ortsrat fordert die Verwaltung dringend auf, die Maßnahmen vor der Umsetzung der Öffentlichkeit vorzustellen und mit den Bürgern Travemündes zu diskutieren.« Jedem dürfte klar sein, dass damit eine öffentliche Veranstaltung gemeint ist. Lindenau ging darauf jedoch nicht weiter ein und beließ es bei der dreiseitigen schriftlichen Information »für Ortsrat und Anwohnerschaft«. TA
Gerne gehe ich auf ihren Wunsch nach weiterführenden Informationen für Ortsrat und Anwohnerschaft ein.
Ihrer Bitte nach einer Zusicherung der Rücknahme der neuen Verkehrsregelung nach Abschluss der Bauarbeiten am Baggersand kann ich leider nicht nachkommen. Dies hat den Hintergrund, dass der Knotenpunkt Gneversdorfer Weg/Torstraße/Travemünder Landstraße in seiner heutigen Form nicht mehr den Anforderungen einer verkehrssicheren Gestaltung entspricht und sich somit die Straßenverkehrsbehörde gezwungen sieht, über eine behördliche Anordnung entsprechend der Verkehrssicherheit zu handeln.
So kommt es immer wieder vor, dass aus der Travemünder Landstraße kommende Lastkraftwagen und Busse beim Linksabbiegen in den Gneversdorfer Weg wegen zu geringer Fahrbahnbreite auf den dortigen Geh- und Radweg ausweichen. Hierzu kommt es, wenn zeitgleich auf dem Linksabbiegestreifen des Gneversdorfer Wegs in die Torstraße Kraftfahrzeuge warten.
Letztlich führt zwar der zusätzliche Schwerverkehr der Baustelle Baggersand ab November 2020 zu zusätzlichem Handlungsdruck für eine zeitnahe Lösung, eine grundlegende Änderung an diesem Knotenpunkt zu bewirken. Straßenverkehrsbehörde und Polizei sehen jedoch auch unabhängig von diesen Baustellenverkehren die Notwendigkeit einer dauerhaft tragfähigen Lösung für einen verkehrssicheren Knoten.
Aufgrund dieser Ausgangslage wurde eine neue Verkehrsregelung entwickelt, die ein Linksabbiegeverbot vom Gneversdorfer Weg in die Torstraße vorsieht. Hierbei werden die bestehenden drei Fahrstreifen zugunsten von zwei neuen Fahrstreifen neu geordnet. Gleichzeitig sieht die neue Planung eine Drehung der Einbahnstraßenregelung in der Kurgartenstraße vor. Hierbei besteht keine andere Möglichkeit, den Knoten zu entschärfen – auch keine bauliche – als die Linksabbiegebeziehung vom Gneversdorfer Weg in die Torstraße zu unterbinden. Leistungsfähigkeitsberechnungen zeigten, dass bei einem Rückbau des Knotenpunktes auf zwei Fahrspuren und Beibehaltung aller Fahrbeziehungen inklusive der Linksabbiegemöglichkeit in die Torstraße, die Leistungsfähigkeit des Knotens massiv zurückgegangen wäre, was zu erheblichen Rückstaus auf dem Gneversdorfer Weg geführt hätte.
Ein nicht funktionierender Knotenpunkt an dieser Stelle hätte jedoch das erst im vergangenen Jahr durch die Bürgerschaft beschlossene Mobilitätskonzept Travemünde und dessen grundlegende Planungsleitsätze und Ziele konterkariert. Die Leistungsfähigkeit des Knotens Gneversdorfer Weg/Torstraße/Travemünder Landstraße (in mindestens der Qualität des Status Quo) ist für die zukünftige verkehrliche Entwicklung unabdingbar. Andernfalls wären die neuen Verkehre aus den städtebaulichen Projekten in Travemünde, die mit diesem Knoten im Zusammenhang stehen nicht mehr verträglich abzuwickeln.
Bei der Verkehrsprognose, die für das Mobilitätskonzept Travemünde erstellt wurde und alle baulichen Entwicklungen in Travemünde für die nächsten Jahre einbezieht, wurde festgestellt, dass das ermittelte Gesamtverkehrsaufkommen mit dem bestehenden Netz noch abgewickelt werden kann. Dies setzt aber eine punktuelle Optimierung des Netzes voraus, wie beispielsweise im vorliegenden Fall am genannten Knoten.
Gerne versichere ich Ihnen, dass für die Hansestadt Lübeck das Mobilitätskonzept Travemünde die zentrale Leitlinie für das planerische Handeln darstellt. Demnach entspricht die nun vorliegende Planungen für die neue Verkehrsführung in Travemünde den zentralen planerischen Grundsätzen aus dem Mobilitätskonzept und stützt diese (vgl. S. 5-6 des Mobilitätskonzeptes):
- »1. Optimierung des bestehenden Verkehrsnetzes«
Die neue Verkehrsführung gewährleistet durch die Drehung der Kurgartenstraße eine weiterhin gute ÖPNV-Anbindung von Travemünde: Derzeit stellt die Linie 30 der Lübeck-Travemünder Verkehrsgesellschaft (LVG) eine wichtige Verbindung im Schnellverkehr vom Travemünder Zentrum in die Lübecker Innenstadt dar. Durch den Wegfall des Linksabbiegestreifens am Knoten Gneversdorfer Weg/Torstraße/Travemünde Landstraße ist auch ein Linksabbiegen der Linie 30 nicht mehr möglich. Folglich wäre eine Bedienung der Haltestellen Torstaße und Priwallfähre auf dem Linienweg in Fahrtrichtung Lübeck nicht mehr möglich gewesen. Aus diesem Grund wurde aus Sicht der Hansestadt sowie des Stadtverkehrs eine Drehung der vorhandenen Einbahnstraßenrichtung der Kurgartenstraße notwendig. Somit bedient die Linie 30 (und die Linie 31 in der Schwachverkehrszeit) zukünftig aus Lübeck kommend zunächst die Stichfahrt zu den Haltestellen Torstraße und Priwallfähre, um dann über Vogteistaße, Paul-Brümmer-Straße, Am Lotsenberg, Trelleborgallee, Bertlingstraße zum Strandbahnhof zu verkehren. In der Gegenrichtung verkehren die genannten Linien dann in Fahrtrichtung Lübeck über die Kurgartenstraße und bedienen hierbei die Haltestellen Priwallfähre und Torstraße.
Die neue Verkehrsführung gewährleistet zudem eine bessere Erreichbarkeit der Kurgartenstraße für Anwohner und Anlieger: Bei Aufhebung des Linksabbiegers in die Torstraße führt das »Drehen« der Kurgartenstraße zu einer besseren Erreichbarkeit, da ansonsten ein Umweg über den Baggersand notwendig wäre. Hinzu kommt, dass die Straße Auf dem Baggersand in der Hochsaison (bei Bettenwechsel) absehbar überstaut würde.
- »2. Konfliktvermeidung zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit«
Die neue Verkehrsführung gewährleistet einen verkehrssicheren, funktionierenden Knotenpunkt Gneversdorfer Weg/Torstraße/Travemünder Landstraße.
- 3. »Ruhender Verkehr Besucher/Parkkonzept«
Die neue Verkehrsführung gewährleistet eine Erreichbarkeit der Parkplätze am Fischereihafen (ohne Gefahr des Rückstaus am besagten Knoten).
- 4. »Aufwertung des öffentlichen Raums«
Die neue Verkehrsführung bedingt eine Verkehrsberuhigung in der Torstraße: Das Mobilitätskonzept seiht hier eine Verkehrsberuhigung vor. Zwar ist bereits heute das Abbiegen in die Torstraße aus Richtung Gneversdorfer Weg nur für Anlieger und den Linienverkehr möglich. Allerdings ist davon auszugehen, dass diese Relation auch durch illegalen Durchgangsverkehr genutzt wird (z.B. mit den Zielen Fährvorplatz, Strand oder Vorderreihe). Mit der neuen Verkehrsführung ist eine solche Durchfahrt nicht mehr möglich.
Der Planung zur neuen Verkehrsführung in Travemünde liegen umfangreiche Untersuchungen und sorgfältige Abwägungen zugrunde. Gerne erläutern meine Verkehrsplaner:innen Ihnen das Konzept im persönlichen Gespräch näher. Eine gute verkehrliche Entwicklung Travemündes ist unser gemeinsames Anliegen.
Quelle: Schreiben vom 30.07.2020 (Abschrift, Transkriptionsfehler möglich)