VERANSTALTUNGEN
Travemünde 05.06.2017
Travemünde JAZZT – Das war’s
Heiterer Ausklang mit Kerzel’s Ragtime Band und der Johanneum Bigband
Der Einstieg ins internationale Jazzfestival am Freitag mit gleich 2 Bigbands gab vor, was über Pfingsten musikalisch an der Küste Sache sein soll. Die »Seaside Jam« BigBand aus Ostholstein und die »Renhornen Big-Band« aus Schweden sind Amateurbands mit hohem Niveau, sei es was die Arrangements betraf und auch die engagierte Spielfreude und bewundernswerte Beherrschung der Instrumente. Die unausweichlich zur Programmauswahl gehörenden Nachwuchsbands zeigten wieder, dass sie in die Fußstapfen der »Großen« treten und dabei sind, diese auszufüllen und neue Wege zu suchen. Junger Jazz im wahrsten Sinne des Wortes.
So wie die Alten sungen, so jazzen auch die Jungen. Aber bald anders, authentisch, frisch, unbekümmert, moderner. Jazz bleibt, lebt und entwickelt sich weiter: mit Spaß und swinging feeling zu hören am Beispiel der »German Trombone Vibration« mit neu über 3 Posaunen definierten klassischen Jazz-Sounds. Und dann die Klassiker als alte Bekannte im Jazzfestival. Die »Swing’n’fun«, eine Big Band des professionellen Nachwuchses made in Lübeck-Town und der Luxemburger Qualitätsimport im Kleide der Big Band des eher klassischen Big Band-Swing der Staatsbanken Luxemburg. Sie bilden ein musikalisches Kontrastprogramm was mit Bing Bands in einem Internationalen Jazzfestival, wie es die Veranstalter für »Travemünde JAZZT« zusammengestellt haben, leistbar ist und für einen Touristikort wie Travemünde Maßstäbe setzt.
Sowohl die einzelnen Formationen waren je für sich ein lohnendes Erlebnis für die Ohren als auch die »Gesamtkomposition« des Festivals, sprich die Zusammenstellung und zeitliche Abfolge. Die Bands passten zum Publikum und umgekehrt. Eher unbemerkt aber dennoch mitbestimmend waren ein neuer Sound der Zwischenmusiken – u.a. Ella Fitzgerald war zu hören – und das absolut fein abstimmte und ausgesteuerte elektronisch-akustische Management. Kein übersteuerter Bass war zu hören, die mittleren und hohen Frequenzen waren wohl ausgewogen. Das feine Erlebnis der Sinne war gut bedient, zumal wenn man sich in das Umfeld von Essen und Trinken begibt.
Die klassischen Renner einer solchen Veranstaltung z.B. vom Grill, vom Faß oder an der Bar waren genau so vertreten wie Maritim-Spezifisches von Fietsche Fischer oder die kommende Esskultur der Vegetarier und ihrer noch konsequenteren Abteilung der Veganer. So waren sie in den eher langweilig-weißen Pagodenzelten am Kochen, Brutzeln oder Ausschenken, die jedoch zur individuellen Aufwertung eine Widmung mit alt bekannten Jazzgrößen hatten. Da gab es ein Ella Fitzgerald-Pagoden-Zelt, eines für Billie Holiday, Duke Ellington oder Benny Carter, um nur einige zu nennen.
Schließlich tat das Wetter sein Übriges. Eine Hamburgerin, die nur eben mal »reingucken« wollte, brachte es nicht übers Herz einfach abzureisen. Sie blieb unvorhergesehen über Nacht und dann noch eine Nacht und meinte zum dunkelwolkigen regnerischen Horizont aufblickend: »Der richtige Jazzer bleibt auch bei Regen. Sein Regenschirm sind die Ohren.« KEV
Fotos Karl Erhard Vögele