ORTSGESCHEHEN 1 104
Travemünde 05.01.2017
Küstenstammtisch der Liberalen
Gut besucht im »Kleinen Winkler«
Klein, aber fein sind die Liberalen. Dies im »Das Kleine Winkler«, der kultigen Weinkneipe in der Vorderreihe in Travemünde mit großer Beteiligung. Mehr als 20 Liberale aus Lübeck und Travemünde, auch politikinteressierte Bürger der verschiedensten Couleur gaben sich ein Stelldichein nach langer politischer Enthaltsamkeit. Und daher vielleicht der Wunsch, sich mal wieder so zahlreich politische Luft im Seebad um die Nase wehen zu lassen. Oder war es die Dramatik des Themas »Zukunftsfokus Travemünde 2020 – Projekte, Maßnahmen und Erwartungen. Welche Projekte stehen an? Was ist realistisch? Für wen wird sich was verändern? Wie viele Maßnahmen verträgt das Seebad noch?« das die Leute ins »Kleine Winkler« geholt hat?
Angekündigt wurde die Veranstaltung in Travemünde Aktuell mit dem Aufmacher »Was ist noch verträglich?«. Der hat vielleicht einige Kommentare angestiftet, die nicht so ganz dem Veranstalter goutierten. Man wolle dazu am Schluss noch etwas sagen. Letzteres vorausgeschickt eröffnete schließlich Thomas-Markus Leber den Abend, begrüßte den Fraktionsvorsitzenden der FDP der Bürgerschaftsfraktion Thomas Rathcke und erteilte ihm das Wort. Zentrales Thema: der Haushalt der Hansestadt Lübeck. Rathcke hatte gute Nachrichten: der Haushalt wird bald beschlossen, nach Ansicht des Liberalen sind keine weiteren neuen Steuern notwendig, um ihn zu finanzieren.
Ob denn mit einem weiteren Versuch zu rechnen sei, dass die Tourismusabgabe neu angeschoben würde, wollte ein Bürger wissen? Rathcke: Das könne man nicht verhindern. Aber die Politik müsse wie ein sparsamer Familienvater lernen, mit dem Geld auszukommen, was da sei. Es folgten Statements: Eine Gemeindefinanzreform müsse her, doch hier sei die Kommune nicht zuständig. Wir dürfen unsere Stadt nicht schlecht reden, ein Zitat des Tourismuschefs wurde in die Debatte geworfen.
Thema neue Wohngebiete: viele Hotels würden gebaut, wo sollen die denn Wohnen, die hier arbeiteten? Rathcke: Man müsse auch mal an die Leistungsträger denken! Travemünde dürfe nicht nur aus »verdienten alten Menschen« bestehen. Die Stadt an der Trave müsse jünger werden. Der Konflikt Brodtener Ufer betreffend Naturschutz/Küstenschutz wurde thematisiert. Dann das Thema Fährpreise mit all den bekannten Argumenten. Doch eines wollten die Liberalen mit nach Lübeck nehmen: Der Fährverkehr soweit er Personenverkehr sei, wäre Daseinsvorsorge und damit Öffentlicher Personen Nahverkehr. Dieser müsse wie die Busse auch Defizite machen können, was zu weniger hohen Fährpreisen führen könne.
Liberal wie die Gesprächsführung war, konnte das Thema Verkehrskonzept und Parkplätze nicht fehlen. Der Schritt in der Diskussion, dass die Stadt ein Entwicklungskonzept für Travemünde habe müsse, lag weiterführend nahe: doch dieses sähe man nicht. Denn die Entwicklungspolitik in Travemünde sei eine Investorenpolitik, der die Hansestadt nichts entgegen zu setzen hätte. Rathcke brachte es auf den Punkt: Der Bauverwaltung fehlten die Ingenieure dafür und man sei froh, dass die Investoren mit ihrer Manpower kämen. Allerdings mit einem Konzept der Stadtentwicklung nach deren Interessen. Die Bauverwaltung sei nicht einmal in der Lage, das Geld mangels Planungen zu verbauen, welches da sei. Was dagegen tun? Die Travemünder, so wetterte unter Beifall der Runde der Vorsitzende des Ortsrates, müssten sich für ihre Interessen in Lübeck wesentlich stärker darstellen als bisher.
Zwischenzeitlich war es 2 Stunden später geworden. Der Ruf mit Blick durchs Fenster eines besorgten Bürgers: «Seht mal wie hoch dieses Schiff draußen vorbeifährt«, ließ die Autobesitzer schnell nach draußen eilen, um die wertvollen Gefährte vor der Sturmflut in Sicherheit zu bringen. Blieb dem Moderator noch die Pflicht eines Resümee zu formulieren, ob denn das Thema des Abends wie angekündigt getroffen wurde. Eigentlich schon, meinte Thomas-Markus Leber. Es gab keinen Widerspruch. Aber dafür – und auch was die ungeliebten Kommentare verursacht hätte – wäre noch beim nächsten Stammtisch die Möglichkeit gegeben. Ohne Hochwasser. KEV
Fotos Karl Erhard Vögele