POLITIK 4 297
Travemünde 19.11.2016
Überholspur für Priwallianer
Skurrile Anträge für die November-Sitzung der Lübecker Bürgerschaft
Die Abkürzung GAL steht für »grün« und »alternativ« und »links«. Es handelt sich um eine zusammengewürfelte Fraktion aus Politikern, die ihren angestammten Parteien den Rücken gekehrt und sich neu gefunden haben. Die Lübecker GAL hat sich nun mit Travemünde beschäftigt. Und für die November-Sitzung zwei Themen auf die Tagesordnung gesetzt, von denen man sich schon aufgrund des potenziellen Unterhaltungswertes nur wünschen kann, dass sie ausgiebig debattiert werden.
Neuer Ankerplatz für die Passat
Der erste Antrag beschäftigt sich mit dem Windjammer »Passat«, der seit mehr als einem halben Jahrhundert im Priwallhafen fest vor Anker liegt. Die Viermastbark kann unter anderem auch als Museumsschiff besichtigt werden, generiert also entsprechend Eintrittsgelder. Durch die unübersehbaren Baustellen auf dem Priwall, so die Lokalpolitiker der GAL, gingen der Passat Gelder verloren. In ihrem Antrag schreiben die Politiker, es seien sage und schreibe 700,00 Euro, die der Stadt da durch die Lappen gingen. Was vermutlich ein Tippfehler ist, aber niemanden zu stören scheint, das Papier wurde so auf den Seiten der Stadt veröffentlicht.
Die Stadt soll, sofern der Antrag eine Mehrheit findet, prüfen, ob das Schiff bis zur Fertigstellung der Priwall-Neubauten an einen anderen Standort verlegt werden könne. Der Einnahmeausfall (700 Euro? 7.000 Euro? 70.000 Euro?), so hoffen die Initiatoren, könne am neuen Liegeplatz kompensiert werden. Ob diese Kalkulation die hohen Kosten der Verlegung beinhaltet, wird man hoffentlich in der mündlichen Begründung erfahren.
Überholspur für Priwallianer
Der zweite Vorschlag betrifft den Verkehr: Wer auf dem Priwall lebt, für den soll auf beiden Seiten der Autofähre eine spezielle PKW-Spur eingerichtet werden.
Die Überholspur für Priwallianer mag gelegentlichen Beschwerden über verpasste Busanbindungen und Arzttermine geschuldet sein, was sicherlich gut gemeint ist.
Ansätze für eine lebhafte Debatte könnten sein: Wie sortiert man die Fahrer der anrollenden Blechlawinen effektiv nach Priwallianern und Nicht-Priwallianern? Und wird das ganze Prozedere den Fährverkehr möglicherweise so stark verlangsamen, dass der gewonnene Zeitvorteil für Anwohner wieder perdu ist?
Spannend dürften nach Umsetzung der Maßnahme aber auch die Diskussionen zwischen Überholspur-Berechtigten und Überholspur-Nichtberechtigten Autofahrern sowie dem Fährpersonal werden, besonders natürlich an verkehrsintensiven An- und Abreisetagen.
Lübecks Bürgerschaft tagt am Donnerstag, 24. November 2016, ab 12:00 Uhr im Rathaus. Die Debatten werden live im Offenen Kanal übertragen. TA