POLITIK 1 1
Travemünde 23.03.2011
Auf der Suche nach den Doppelstrukturen:
Widersprüchliche Diskussion um Kurbetriebs-Auflösung
Bei einer Veranstaltung im Maritim hatte der Travemünder CDU-Ortsverbandsvorsitzende Ulrich Krause, von Beruf immerhin Rechtsanwalt, erklärt: »Ohne einen Kurbetrieb und die von ihm betriebenen Einrichtungen ist auch die rechtliche Grundlage für die Erhebung von Kurtaxe höchst zweifelhaft, wenn nicht gar entfallen.« Außerdem sorge er sich um den Seebad-Status Travemündes (TA berichtete).
Darauf reagierte am 22. März 2011 der Vorsitzende der Lübecker SPD Peter Reinhardt in den »Lübecker Nachrichten«. Demnach wies Reinhardt diese Szenarien als »Unsinn« zurück. Da es sich nur um eine kurze Zeitungsmeldung handelt, ist nicht ganz klar, ob sich Reinhardts Argumentationskette mit dieser Aussage schon erschöpft.
Im Rest des 16-Zeilers wiederholt der SPD-Vorsitzende das Argument, dem linken Bündnis gehe es darum, »Doppelstrukturen in Travemünde aufzulösen.« Auch hierzu finden sich wieder keine Angaben, was für Doppelstrukturen gemeint sind. Einzig Lübecks Wirtschaftssenator Sven Schindler war in einem LN-Interview Anfang März konkreter geworden: »Richtig ist, dass man für Grünpflege, Toilettenwartung und handwerkliche Aufgaben nicht einen Betrieb braucht, der das ganze Jahr über dafür Personal bereithält«, hatte die Zeitung Schindler zitiert.
Allerdings hatte Travemündes Kurdirektor Uwe Kirchhoff bereits im Februar im Interview mit »Radio Travemünde« (TA berichtete) erklärt, dass bereits jetzt vom Kurbetrieb allein 360.000 Euro wieder zurück an städtische Einrichtungen fließen, unter anderem an das Grünflächenamt. Grünpflege ist also praktisch schon ausgelagert, keine Doppelstrukturen. Ebenfalls im Februar hatte der CDU-Ortsverbandsvorsitzende Ulrich Krause die Personalstrukturen erklärt (TA berichtete), was das Argument mit den Toilettenkräften im Vorwege schon entkräftet, denn die arbeiten in Teilzeit. Krause damals: »Von den 35 Beschäftigten werden allein 21 im Außendienst eingesetzt, mehrheitlich als Saisonteilzeitkräfte in niedrigen Lohngruppen. Neben 4 für die LTM tätigen Mitarbeiterinnen betreuen die übrigen Kräfte die Kurabgabe, die Liegenschaften und das Rechnungswesen. Alle diese Arbeiten sind unverzichtbar und ein echtes Einsparpotential durch Verlagerung dieser Aufgaben ist nicht erkennbar.«
Man muss wohl davon ausgehen, dass diese Tatsachen auch Senator Schindler bekannt sind, der ja mit der Quasi-Auflösung des Travemünder Kurbetriebes betraut ist und nun nach Doppelstrukturen suchen muss. Verantwortlich für die Umsetzung des Bürgerschafts-Beschlusses ist Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe, von dem zu diesem Thema bislang allerdings noch nichts zu hören war. Abgesehen davon, dass er die Proteste aus Travemünde für nicht real hält (TA berichtete).
»Für alle, die es nicht verstehen wollen: Niemand will den Kurbetrieb auflösen«, zitieren die LN zum Abschuss Peter Reinhardt (SPD) noch einmal und der widerspricht sich damit selbst: Nur fünf Zeilen vorher hatte er erklärt, der Kurbetrieb werde auf die Erhebung von Strandgebühr und Kurtaxe beschränkt. Was Reinhardt nicht erklärt, ist, wozu man dafür einen Kurbetrieb braucht. Eine solche Reduzierung kommt zweifellos einer Auflösung gleich. TA
Externe Links zum Thema: LN-Interview mit Lübecks Wirtschaftssenator Sven Schindler auf der Seite der Ostsee-Zeitung (06.03.2011).