FREIZEIT & TOURISMUS
Travemünde 15.02.2011
Mal Geld, mal Markenstrategie:
Viele Wege führen nicht zum Tortenfest
»Zu dem Tortenfest, da haben Sie uns erzählt, aus markenstrategischen Gründen wurde das abgesagt«, sprach Thomas Schapke (BfL) in der Februar-Sitzung des Travemünder Ortsrates eine Pressemitteilung der LTM vom Februar 2010 an. »Was heißt das?«, wollte Schapke wissen. Auf der Sitzung ging es um einen Ausblick auf das laufende Veranstaltungsjahr, aber auch um einen Rückblick. Das Tortenfest wird in Travemünde vermisst und fehlt im Veranstaltungskalender.
LTM-Geschäftsführerin Andrea Gastager sprach davon, welche Themen am Herzen liegen und welche Besuchsanlass für Gäste und Touristen seien. »Für den einen als Ort ist es Identität, ein Tortenfest zu machen. Es ist für Sie, so habe ich das jetzt verstanden, eines der wichtigsten und schönsten Feste in Travemünde. Und es kann auch weiter so stattfinden«, meinte sie. Allerdings müsse die LTM das Geld so einsetzen, dass die Marke Lübeck und Travemünde bespielt werde. Im Internet sei im Markenkonzept auf vielen Seiten nachzulesen was »einzahlt« auf den Ort. »Eigentlich wissen wir das alle, es sind die großen Schiffe, es ist die Lage an der Ostsee. Es ist diese Bühne zum Strand, die man zum Beispiel bei der Odyssee wunderbar sieht«, erläuterte Gastager. »Dann gibt es den zweiten Aspekt beim Thema Veranstaltungen, das hat Herr Lukas ja schon ausgeführt, das ist das Geld. Also das Geld ist leider endlich. Und dann muss man sich entscheiden. Was unterstützt man, was kann sich selber tragen, wo sind die Kooperationspartner. Also ich kann einfach nur sagen, wenn sich der Ort ein Tortenfest wünscht und es eine Kooperation gibt, die das unterstützt, jederzeit und gerne.«
Thomas Schapke (BfL) erinnerte daran, dass es das Fest viele Jahrzehnte gegeben habe. »Und ich denke mal, solche Sachen einfach unter den Tisch fallen zu lassen, hat das Fest auch nicht verdient.«
Als nächstes äußerte sich Christian Lukas, Veranstaltungsleiter der LTM für Travemünde, zum Thema Tortenfest. »Ich weiß, dass das wunderwunderschön war für alle, aber da hieß es immer, das kostet ja eigentlich nichts. Das hat den Kurbetrieb auch gar nicht so viel gekostet. Aber jetzt kostet es doch ganz schön viel, weil die ganzen Pagoden und so gestellt werden müssen.«
Was auf den ersten Blick ein wenig besagter LTM-Pressemitteilung vom Februar 2010 widerspricht, denn da hieß es ja »Die Absage des Tortenfestes hatte keine finanziellen, sondern markenstrategische Gründe.«
Ein Jahr zuvor, auf der Ortsratssitzung Anfang 2009, waren es allerdings noch finanzielle Gründe. Da hatte LTM-Geschäftsführerin Andrea Gastager in Bezug auf Tortenfest, Lichterfest und andere Veranstaltungen gesagt: »Es geht nur um den Zuschuss der Hansestadt Lübeck, also oft um die finanzielle Unterstützung.« Was Travemünde das Fest allerdings auch nicht wieder zurückbringt. TA
Der Tortenfest-Legende nach hat die Veranstaltung ihre Ursprünge in einer Hochzeitstorte. Fest steht, dass es das Fest rund 20 Jahre lang gab.
Das »Travemünder Tortenfest« im Brügmanngarten war im Travemünder Veranstaltungskalender fest etabliert. Lange Zeit wurde es ehrenamtlich organisiert von der Bäckerinnung, woran noch die große Brotkiste mit dem Brezel am Strand erinnert. Denn aus den Erlösen wurden regelmäßig Spielgeräte für den beliebten Piratenspielplatz bei der Nordermole gespendet. Unterstützt wurde das Fest vom Kurbetrieb Travemünde, so weit, dass es auch stattfinden konnte. Die Veranstaltung war auch ein Beitrag zum Marketing, denn die Bäckerinnung Holstein warb über Travemündes Grenzen hinaus für das Fest und für Travemünde durch Aushang von Plakaten in den Bäckerei-Filialen.
Erstmals in Gefahr geriet das Fest im Jahre 2002. Da sei die Organisation »so was von unprofessionell« gelaufen, dass die Bäckerinnung eigentlich nicht mehr nach Travemünde wollte, hat Heinz Essel von der Bäckerinnung mal in einem Interview erzählt. »Der Obermeister wäre fast ins Wasser gesprungen«, so hätte der sich aufgeregt, berichtet Essel. Veranstalter sei damals die Lübeck und Travemünde Tourist-Service GmbH, Vorläufer der heutigen LTM, gewesen.
Später übernahm wieder der Kurbetrieb und es lief wieder rund, bis einschließlich 2008. Dann war die LTM wieder dran. Im Jahre 2009 gab es noch einmal einen privatwirtschaftlichen Versuch, das Fest für Travemünde zu retten. Mit breiter Unterstützung für das Tortenfest, als Wally und Bernd Levy, die Gastronomen aus dem Aqua-Top, »Wallys kleines Tortenfest« im Aqua-Top-Foyer organisierten. Die Bäckerinnung konnte allerdings trotz Anfragen nicht wieder nach Travemünde geholt werden. Travemündes große Hotels spendeten Torten, der Gemeinnützige Verein half mit Manpower, der Shantychor »Möwenschiet« trat auf und am Ende konnte noch einmal der Piratenspielplatz mit einer Sitzbank ausgebaut werden. 2010 gab es kein Tortenfest mehr, für 2011 steht es auch nicht im Kalender.
TA-Lestipp zum Thema:
»Tortenfest aus markenstrategischen Gründen abgesagt« (22.02.2010)