POLITIK 2
Travemünde 05.10.2010
Versteckte Ungeheuerlichkeiten
Rechtsanwalt sieht in Hollesen-Vertrag »Investitionshemmnis«
Spätestens für Weihnachten erwartet Dr. Klinger, Rechtsanwalt der »Bürgerinitiative Behutsame Priwall-Entwicklung« (BiP) eine Weichenstellung in Sachen Priwall-Waterfront. »Es kann sehr gut sein, dass es zu Weihnachten diesen Jahres oder Anfang nächsten Jahres eine Entscheidung darüber gibt, dass dieses Vorhaben schon gestorben ist«, meint Klinger zu dem Touristischen Großprojekt auf der Halbinsel.
Der Zeitraum rund ums Fest der Liebe ist so interessant, weil eine Klausel im Kaufvertrag zwischen Stadt und Waterfront AG besagt, dass der Kauf hinfällig ist, wenn bis zum 20. Dezember 2010 kein genehmigter Flächennutzungsplan vorliegt. Schadensersatz muss die Stadt dann laut Klinger nicht zahlen, wäre also (fast) raus aus der Sache.
Rechtsanwalt Klinger rechnet zwar persönlich nicht damit, dass so schnell Schluss ist. Vielleicht kommt es auch noch zur Klage gegen den Bebauungsplan, der auf den Flächennutzungsplan folgt. Irgendwann wird Waterfront, geht man von einem Punktsieg für die BiP aus, dann aber wesentlich reduziert umgesetzt oder komplett gescheitert sein. Die Frage ist, was kommt dann. Und da kommt Paragraph 17 Absatz 5 des Kaufvertrages ins Spiel. Der sichert der Waterfront AG zu, ein Priwall-Grundstück auch dann von der Stadt kaufen zu können, wenn der eigentliche Kauf gescheitert ist.
»Das ist eine weitere Ungeheuerlichkeit, die in diesem Vertrag relativ am Ende versteckt ist«, meint Rechtsanwalt Klinger. Selbst als Jurist müsste man die Klausel mehrmals lesen, um sie zu verstehen. »Es ist tatsächlich so, und das muss man sich erstmal auf der Zunge zergehen lassen, dass wenn der Vertrag nicht zustande kommt, dann kann Herr Hollesen sich eine von den beiden Teilflächen aussuchen. Kann sagen, die pick ich mir. Zu dem Kaufpreis allerdings dann des Gesamtgrundstücks, dieses minus der Altlastenbeseitigung.«
Ein Problem der Klausel sei weiter, dass nicht einmal ansatzweise eine Frist formuliert sei, bis wann sich Projektplaner Sven Hollesen entscheiden muss, ob er von diesem Optionsrecht gebrauch macht oder nicht. »Wenn man damit zu mir als Rechtsanwalt in 20 Jahren kommen würde, würde ich sagen, ja, das ist natürlich eine schöne Regelung, die ist gültig, klar«, meint Dr. Klinger. Es gäbe keine konkrete Verjährungsregelung für derartige Regelungen.
Klinger: »Das ist natürlich auch ein Investitionshemmnis für andere Investoren, die möglicherweise etwas kleineres und besseres hier verwirklichen wollen.« Da sei man dann vom Entgegenkommen durch Sven Hollesen abhängig. Ein anderes Konzept für den Priwall, etwa das der BiP, ließe sich zwar umsetzen und die Stadt könnte die Grundstücke auch verkaufen. Der spätere Investor bekommt dann aber ein Problem, wenn er Flächen kauft und dann Sven Hollesen mit der Waterfront AG Ansprüche anmeldet. Die Stadt müsste aufgrund des Paragraphen 17.5 aus dem Kaufvertrag wahrscheinlich finanziellen Schadenersatz an Hollesens Waterfront AG leisten. »Wie man aus dieser Klausel des Vertrages wieder rauskommt, da muss sich dann die Stadt Gedanken machen, sie birgt finanzielle Risiken für die Stadt«, bestätigt Dr. Klinger. »Ein weiteres Zeichen für eine Vertragsgestaltung, die wirklich ihresgleichen sucht.«
Das mögliche Szenario liegt wahrscheinlich noch Jahre in der Zukunft, wenn die gerichtlichen Schlachten geschlagen sind, Waterfront gescheitert seine sollte, ein neuer Investor gefunden ist. Die Verantwortlichen von heute sind dann wahrscheinlich längst nicht mehr im Amt. Die Stadt wird der Waterfront AG dann wohl eine Frist setzen müssen, dass Sven Hollesen sein Optionsrecht wahrnimmt.
Kurzfristig ist das Kaufrecht vermutlich nicht so interessant ohne Waterfront: Hollesen würde dann ja eine Fläche erwerben, die weder Flächennutzungsplan noch Bebauungsplan hat. »Das heißt es wäre für 5,5 Millionen ein altlastenfreier Park, mehr nicht«, nimmt Dr. Klinger ein wenig die Dramatik aus der Situation. TA
Externe Links zum Thema: Internetauftritt der »Bürgerinitiative Behutsame Priwallentwicklung (BiP), Internetauftritt für das Projekt Priwall Waterfront.