ORTSGESCHEHEN
Travemünde 21.03.2010
Das war’s – Der Passat Chor aus Argentinien zurück in der Heimat
Reisetagebuch Teil 17 (letzter Teil)
Als wären es Minuten gewesen so empfand es manch einer, ist die Zeit in Argentinien vorbeigerauscht, wenn wir auf das gemeinsam Erlebte zurückblicken. Und doch schien es manches Mal, als würde es Ewigkeiten dauern, mit dem Gepäck auf das Einchecken zu warten, an der Passkontrolle endlich dran zu kommen oder aber auch, 12 oder 14 Stunden auf engsten Raum zu sitzen, um 14.000 Kilometer von Frankfurt nach Buenos Aires zurück zu legen.
Acht Mal hieß es den Flieger besteigen, mehr als 50 Stunden dort zu geduldig auszuharren, das herrliche Gefühl zu erleben, wenn sich das Flugzeug abhebt, die schöne Aussicht von oben zu genießen und das Erlebnis, gut angekommen zu sein, wenn der Pilot seine Kiste bei böigem Seitenwind auf die Piste knallt.
All das ist aber nichts, das Erlebnis von vier Konzerten als Erinnerung mitzunehmen. Jedes Konzert war ein schöner und einmaliger Erfolg. Der Anfang war schwer auf der »Libertad«. Im Hafen von Buenos Aires vor einer großartige Kulisse unter blauem Himmel und vor tausenden von Menschen von der Back des majestätischen Seglers zu singen und zu spielen.
Vor heimischem Publikum bei der Deutschen Chorvereinigung Villa Ballester erlebte der Chor, was es bedeutet – so rührig es klingt – den deutschstämmigen Argentiniern wieder ein Stück Heimat nahezubringen. Wir empfanden eine Ehrlichkeit der Zuneigung, Freude und Dankbarkeit besonders bei vielen der Älteren, ein Erlebnis, das wir in dieser Eindringlichkeit nicht erwartet haben.
Das Konzert im Goethe-Institut in den Räumen der Deutsch-Argentinischen Handelskammer begeisterte viele mit den Deutschen befreundeten Argentinier, die der Einladung gefolgt waren. Ein kleiner Rahmen nur, doch war es das vom Protokoll her gesehen das förmlichste und nicht weniger herzlich und begeistert aufgenommene Konzert.
Mit einem eigenartigen Gefühl im Bauch betraten die Chormitglieder in Feuerland in Ushuaia das ehemalige Gefängnis – nicht weil es so eines mal früher war – sondern weil unvorstellbar schien, wie ein argentinisches Publikum »am Ende der Welt« nach einem musikalischen Entree klassischer Musik auf historischen barocken Instrumenten auf die völlig andere Musikkultur von Shanties und Volksliedern reagieren würde. Der Erfolg und Beifall waren überwältigend.
Diese Erinnerungen und Erfahrungen werden lange Spuren in uns hinterlassen. Das touristische Beiprogramm, das eigentlich der Erholung dienen sollte, war nicht minder eine Herausforderung und zugleich auch eine Begegnung mit Land und Kultur. Fast vergessen sind schon die ärgerlichen Erlebnisse. Es wurden uns Uhren, Kameras, Geldbeutel und Handgepäck gestohlen, manch einer hat die Bekanntschaft mit Falschgeld gemacht und schließlich auch mit Beschwernissen der Gesundheit durch unbekömmliches oder durch nicht erkanntes aber verdorbenes Essen.
Alle diese Gedanken mögen den einen oder anderen – und auch immer eingeschlossen die einzige Dame des Chors – unsere Anja – immer wieder bewegt haben, als wir angesichts einer profanen Fahrt zum Flughafen zu unserem letzten Reiseabschnitt nach Hause angetreten sind. So möchte ich mich mit diesem Rückblick auch als Fotograf verabschieden, der versucht hat, unter manches mal widrigen Umständen an Texten »herumzubasteln« und der immer Spaß hatte, sich vorzustellen, welche der vielen interessanten Bildern mit den Augen der zu Hause gebliebenen am besten erzählen würden, was die Mitglieder des Chores Tag für Tag erlebten. Ich melde mich wieder – vom nächsten Konzert auf der Passat!
Ihr KEV
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