ORTSGESCHEHEN 1
Travemünde 02.07.2009
Segelcampus Mövenstein:
Grünstrand soll trotz Bürgerschaftsbeschluss schon wieder verkauft werden
Langsam wird das Tradition in Travemünde: Zum Saisonbeginn taucht in Lübeck ein Investor auf, verspricht ein paar Millionen, wenn er den Grünstrand bebauen darf. Was folgt, sind wütende Proteste der Travemünder, für die die Liegewiese schon so etwas wie ein Symbol des Ausverkaufes durch Mütterchen Lübeck ist. Die Sache wird dann zurückgenommen, bis zum nächsten Sommer...
Im Jahre 2009 ist es das Projekt »Segel Camp Mövenstein«, das die Firmen IMETAS und Primus developments zusammen mit dem LYC anschieben. Auf der Senatssitzung im Travemünder Gesellschaftshaus erklärte Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe am Mittwoch, das neue Projekt verstoße nicht gegen den Bürgerschafsbeschluss von vergangenem Jahr (TA berichtete). Dort sei lediglich beschlossen worden, dass das damals geplante Projekt nicht durchgeführt werden solle.
Die Geschichte verspricht hitzige Debatten. Schon bei der Projekt-Vorstellung soll es dem Vernehmen nach zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Bürgerschaftsmitgliedern und den Senatoren Halbedel und Boden gekommen sein angesichts der Frage, ob nach dem Bürgerschaftsbeschluss des Vorjahres es sinnvoll sei, jetzt wieder über eine Bebauung zu sprechen. Dr. Hildegund Stamm (BUNT) geht in einer Pressemitteilung (siehe Kasten unten) jedenfalls davon aus, dass der Grünstrand nicht bebaut werden darf. Die dann einsetzende Diskussion verschiedener Fraktionsmitglieder konnte die Frage nicht abschließend klären, so dass auch Bürgermeister Saxes Aussage von der Senatssitzung sicher noch hinterfragt werden wird.
»Die Bürgerschaft hat dem seit Jahren bekannten Versuch, den Grünstrand zu verkaufen, mit großer Mehrheit ein Ende gesetzt, sagt Dr. Hildegund Stamm (BUNT). »Eine Bebauung kann demnach dort nicht mehr erfolgen.« Der Grünstrand solle auf alle Zeit für die öffentliche und entgeltfreie Naherholung erhalten bleiben, dies könne jedermann im Protokoll nachlesen, das auch im Internet der Hansestadt zu finden ist. Stamm: »Warum in aller Welt kommt Wirtschaftssenator Halbedel jetzt schon wieder daher und schleppt Investoren an?«
Auch der Travemünder CDU-Ortsverband ist gegen das Projekt: Klaus Petersen erklärt, mit einer touristischen Nutzung könne man leben. Das Projekt sehe aber eine erhebliche Wohnbebauung vor. Außerdem sollten 50 Prozent des Grünstrandes erhalten bleiben. So wie es da ist, wäre das mit der Travemünder CDU nicht zu machen.
Wilfried Link von DIE LINKE erklärt: »Die Bürgerschaft hat klar beschlossen, der Grünstrand wird nicht bebaut, somit sind weitere Planungen Geld- und Zeitverschwendung.«
Das Grünstrand-Bebauungs-Projekt 2009 erinnert ein wenig an das Thelosen-Projekt von 2008. Das Segelcamp Mövenstein Projekt setzt dagegen mehr auf Segeln und Jugend. Der Lübecker Yacht-Club (LYC) will die Marina betreiben. Was die Mitglieder dazu sagen, ist nicht bekannt. Schon bei der Vorstellung des Projektes Markthallen im Ortsrat hatte es Proteste von LYC-Mitgliedern gegeben, weil die über den möglichen Abriss ihres Clubhauses vom Vorstand noch gar nicht informiert worden waren.
Auch die Technischen Diskussionen vom Vorjahr dürften sich wiederholen: Etwa 500 Betten dürften im Segel Camp unterzubringen sein. Die Kaiserallee ist für soviel Kfz-Verkehr nicht ausgelegt, die Straße müsste ausgebaut werden, rund die Hälfte der Bäume müssten gefällt werden. Dazu kommt die Frage, wie der Verkehr durch die Wohngebiete zum Mövenstein geleitet werden soll. Auf die Stadt kämen neben dem Straßenbau erhebliche Kosten für Infrastrukturmaßnahmen zu, zum Beispiel im Bereich Wasser und Abwasser. Dazu muss die Frage geklärt werden, ob diese Kosten wieder reinkommen.
Mit dem Grünstrand als kurtaxfreie Liege- und Erholungswiese dürfte es, wenn das Projekt realisiert wird, vorbei sein: Eine zusammenhängende Fläche gibt es dann nicht mehr, da auf dem Gelände fünf Gebäude vorgesehen sind. Wer dazwischen dann den Grill anschmeißt oder das Radio aufdreht, erntet sicher entsprechende Beschwerden der neuen Anwohner... TA
Pressemitteilung Lübecker BUNT vom 02.07.2009 im Originaltext:
Lübecker BUNT ist empört über den erneuten Versuch der Verwaltung, die beliebte Freizeitwiese und das Filet-Grundstück des Ostseeheilbades an Investoren zu verkaufen
Die unabhängige Wählerinitiative Lübecker BUNT ist empört über den neuerlichen Versuch des Bürgermeisters, den sogenannten Grünstrand in Travemünde an private Investoren zu veräußern.
»Wir wollten das erst nicht glauben, mussten uns aber am Mittwoch, 1. Juli, bei einem Informationsgespräch in der Verwaltung leider eines besseren belehren lassen«, sagt BUNT-Vorsitzende und Bürgerschaftsmitglied Dr. Hildegund Stamm.
Der erneute Vorstoß von Bürgermeister Saxe und seiner Verwaltung, das beliebte Gelände zusammen mit dem Mövenstein-Areal zu verkaufen, um dort eine Ferien- und Sportanlage mit Hotel entstehen zu lassen, ignoriere den Bürgerwillen und bestehende Bürgerschaftsbeschlüsse – in diesem Fall mehrere Beschlüsse vom 26. Juni 2008. »Die Bürgerschaft hat dem seit Jahren bekannten Versuch, den Grünstrand zu verkaufen, mit großer Mehrheit ein Ende gesetzt«, sagt Stamm. »Eine Bebauung kann demnach dort nicht mehr erfolgen. Der Grünstrand soll auf alle Zeit für die öffentliche und entgeltfreie Naherholung erhalten bleiben«, zitiert Stamm. Dies könne jedermann im Protokoll nachlesen, das auch im Internet der Hansestadt zu finden ist unter www.luebeck.de/stadt_politik/rathaus/buergerschaft/dokumente/db_files/bsnie070628.pdf
»Warum in aller Welt kommt Wirtschaftssenator Halbedel jetzt schon wieder daher und schleppt Investoren an?«, fragt Stamm. »Wir finden es ärgerlich, dass nach kaum einem Jahr dieser hart errungene und von einem eindeutigen Bürgerwillen untermauerte Beschluss ausgehebelt werden soll – mit halbedlen Methoden zudem, indem behauptet wird, es gäbe keinen eindeutigen Beschluss.«
Der Vorschlag, am Grünstrand unter Einschluss der ehemaligen Seebadeanstalt Mövenstein eine mondäne Hotelanlage zu bauen und einigen Yachtfreunden ihre Großmannsträume von einem Segelzentrum, das sogar Kiel-Schilksee ausstechen solle, zu erfüllen, sei lächerlich und überflüssig wie ein Kropf, so Stamm.
Pressemitteilung DIE LINKE vom 02.07.2009 im Originaltext:
Wilfried Link, Mitglied für DIE LINKE in der Bürgerschaft, kritisiert die Planungen für eine Bebauung des Grünstrandes in Travemünde als Versuch, bereits gefasste Beschlüsse der Bürgerschaft zu umgehen. Am Mittwoch hatte Wirtschaftssenator Wolfgang Halbedel zu einem Gesprächskreis eingeladen.
»Die mit Spannung erwartete Gesprächsrunde bei Senator Halbedel am 1. Juli brachte es an den Tag: Es sollte über die weitere Entwicklung des Grünstrandes gesprochen werden. Heraus kam aber, dass bereits eine weitreichende Planung der Primus GmbH vorliegt. Eine der letzten Grünflächen Travemündes soll durch die Errichtung fünfgeschossiger Hotelbauten und Eigentumswohnungen zugebaut werden«, kommentiert Wilfried Link.
»Im Juni 2008 wurde schon einmal die weitere Planung eines ähnlichen Projektes an dieser Stelle durch eine große Mehrheit der Bürgerschaft gestoppt. Die Hinweise des Bürgerschaftsmitgliedes Frau Dr. Stamm kommentierte Bausenator mit den Worten ,Wir können doch nicht formal auf Beschlüssen herumhacken, wenn wir etwas Neues in Angriff nehmen wollen’ – so eine Reaktion auf den politischen Willen der von der Lübecker Bevölkerung gewählten Bürgerschaft ist von uns nicht hinnehmbar. Die Bürgerschaft hat klar beschlossen, der Grünstrand wird nicht bebaut, somit sind weitere Planungen Geld- und Zeitverschwendung.«
Externe Links zum Thema:
»Lübeck will den Grünstrand schon wieder verkaufen«, Artikel auf HL-Live.de und LN-Online.de vom 02.07.2009